Lager und Gräber: Was die Lage Geflüchteter auf Lesbos über Grüne Illusionen verrät

Friedhof der Rettungswesten, Lesbos. Bild: Fotomovimiento, CC BY-NC-ND 2.0

Auf der Urlaubsinsel spielt sich eine Tragödie ab. Das zeigt Versäumnisse in der deutschen Migrationspolitik. Warum vermeintlich einfache Lösungen scheitern müssen.

Durch einen Blick auf die Lage der Geflüchteten auf der griechischen Insel Lesbos kann man zu einer realistischeren Einschätzung und Beurteilung der aktuellen Vorschläge in der deutschen Migrationspolitik gelangen. Schaut man sich die Situation vor Ort an, wirkt auch ein viel diskutierter Gastbeitrag von Ricarda Lang, der Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, und Winfried Kretschmann, dem grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten, im Berliner Tagesspiegel in einem anderen, fahlen Licht: "Nicht jeder kann bleiben: Fünf Vorschläge für mehr Ordnung in der Migrationspolitik." Das schrieben die beiden führenden Grünen am 1. November.

Flüchtlinge scheinen auf Lesbos kein Thema mehr zu sein, zumindest nicht bei den Einheimischen. Viel wichtiger ist ihnen der Tourismus. Und der boomt. Gerade touristische Hochburgen wie Molivos oder Petra an der Nordküste quellen im Sommer quasi über vor Touristenmassen.

In Mytilini, der Haupt- und Hafenstadt, ist es anders. Auch hier gibt es viele Touristen. Aber das sind überwiegend Kurzgäste aus der Türkei, die die preiswerten und nach Corona wieder regelmäßig verkehrenden Fähren von Ayvalik bzw. Izmir nutzen.

Geflüchtete am Rand: Camps in der Isolation

Geflüchtete sieht man auf Lesbos nur in der Gegend von Mytilini. Dazu werden sie im provisorischen Camp Mavrovouni konzentriert, das circa vier Kilometer von Mytilini entfernt liegt. Dort leben fast alle Geflüchteten der Insel, offiziell 3.000, inoffiziell sollen es 4.000 sein.

Man kann sie sehen, wie sie unterwegs sind zwischen Camp und Mytilini, und zwar entweder zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus. In Mytilini selbst fallen sie dagegen kaum auf. Hier fallen die bettelnden Menschen auf, überwiegend Kinder. Aber das sind keine Geflüchteten, sondern Roma, die hier zur Hälfte in Häusern, zur anderen Hälfte im Camp Pagini leben.

Neue Camps, neue Probleme: Abgeschottet in Vastria

Die Geflüchteten sollen weiter verdrängt bzw. an den Rand gedrängt werden. An der Landstraße zwischen Mytilini und Mandamados liegt die kleine Stadt Nees Kidonies, 21 Kilometer von Mytilini und 16 Kilometer von Mandamados entfernt.

Von hier aus sind es noch einmal zehn Kilometer über Schotterstraßen, zunächst durch eine karge Gegend, später durch dichten Wald. Man erreicht eine Stichstraße, an der ein kleines Security-Häuschen steht. Das ist der Zugang zu dem neuen Camp Vastria. Sehr abseits gelegen, auch ein Mobilfunk ist hier kaum möglich. Also der ideale Ort, um Geflüchtete abzuschotten.

Geflüchtete auf Lesbos (5 Bilder)

Der Geflüchtetenfriedhof bei Kato Tritos. Bild: Peter Oehler

Dieses neue Camp passt zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, das auch im Gastbeitrag von Lang und Kretschmann zügig eingefordert wird.

Denn dort können, schön abseits an der Außengrenze der EU gelegen, die ankommenden Flüchtlinge registriert und über ihren Asylantrag entschieden werden.

Kritik an unrealistischen Vorschlägen

Nicht nur von einigen Grünen wird der Gastbeitrag als realitätsfremd bezeichnet, da er so tut, als gebe es einfache Wege, die Geflüchtetenzahlen zu senken.

Griechenland ein gutes Gegenbeispiel. Denn trotz illegaler Pushbacks kommen weiterhin Flüchtlinge übers Mittelmeer. Jeder auf Lesos weiß, dass es diese Pushbacks nach wie vor gibt – auch wenn der griechische Staat das immer noch leugnet.

Seit einem Schiffsunglück bei Pylos vor der Küste von Peloponnes im Juni vergangenen Jahres und der Androhung von Frontex, sich aus Griechenland zurückzuziehen, haben sie aber abgenommen.

Die Aussagen variieren aber. Einerseits sollen Geflüchtete, die Lesbos erreicht haben, nicht mehr so häufig auf Boote ausgesetzt und zur Rückkehr gezwungen werden.

Andererseits würden nur Boote, die außerhalb griechischer Gewässer aufgegriffen werden, zur Umkehr gezwungen. Alle anderen würden von der griechischen Küstenwache gerettet.

Doch selbst diese fortgesetzte illegale Praxis konnte nicht verhindern, dass die Anzahl der Flüchtlinge, die auf Lesbos ankommen, im vergangenen Sommer weiter angestiegen ist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.