Lager und Gräber: Was die Lage Geflüchteter auf Lesbos über Grüne Illusionen verrät
Seite 2: Flüchtlingsrouten und die Anziehungskraft Deutschlands
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Geflüchtete aus dem Maghreb wollen zum größten Teil nach Frankreich, da sie der französischen Sprache mächtig sind. Aber sie werden wohl kaum die östliche Flüchtlingsroute über das Mittelmeer nehmen, also von der türkischen Küste zu den vorgelagerten griechischen Inseln.
Sie nehmen weiter westlich gelegene Flüchtlingsrouten, die etwa nach Lampedusa führen. Für alle anderen in Europa angekommenen Geflüchteten ist Deutschland ein angestrebtes Ziel. Das zeigt sich auf Lesbos, dort wird neben Englisch- überwiegend Deutschunterricht für Geflüchtete angeboten.
Deutschunterricht auf Lesbos: Sprachliche Integration
In dem Gemeinschaftszentrum für Geflüchtete, das sich in Fußnähe vom Camp Mavrovouni befindet und von wechselnden europäischen NGOs geleitet wird, wird Deutsch- und Englischunterricht angeboten.
Wegen des Wetters würde wohl kein Geflüchteter Deutschland Griechenland vorziehen. Es ist vor allen Dingen die Aussicht auf genügend lukrative Arbeitsplätze, zumindest im Vergleich zu Griechenland, die Deutschland so attraktiv erscheinen lässt. Vielleicht auch, dass die soziale Absicherung hier besser ist. Deutschland müsste also eher seinen Ruf, gute Jobs zum Geldverdienen anzubieten, verlieren, d.h. ihn ruinieren, um Geflüchtete wirklich davon abzuschrecken, dorthin weiterzureisen.
Wobei es durchaus Fälle gibt, in denen Geflüchtete in Griechenland, auch auf Lesbos, Arbeit gefunden haben.
In der Gastronomie etwa. Ein Beispiel ist das Restaurant "Nan" in Mytilini. In Molivos am Hafen betreibt Melinda McRostie seit vielen Jahren mit ihrer Küchenmannschaft zusammen das Restauran Captain’s Table. Sie ist seit 2015 sehr engagiert in der Flüchtlingshilfe. Dazu hat sie zusammen mit anderen Ortsansässigen die NGO Starfish gegründet, die sie seitdem koordiniert.
Ihr Engagement zeigt sich auch darin, dass sie mittlerweile zwei Geflüchtete eingestellt hat. Beide sind Anfang zwanzig und kommen aus dem arabischsprachigen Raum. Beide arbeiten be Captain’s Table als Bedienung bzw. in der Küche, aber nur in der Sommer-Saison, wie das in Griechenland in der Gastronomie so üblich ist.
Übrigens klagen andere Gastronomen in Molivos über Personalmangel. Melinda geht hier andere Wege. Wobei es auch viel Papierkram und Bürokratie bedarf, um einen Geflüchteten schließlich einstellen zu können.
Arbeit für Geflüchtete: Erfolgsgeschichten in der Gastronomie
Ein Mitarbeiter von Europe Cares sieht den Umgang der EU mit Geflüchteten aus der Ukraine als vorbildlich an. So solle mit allen Geflüchteten umgegangen werden. Aber danach sieht es an den Außengrenzen der "Festung Europa" ganz und gar nicht aus.
Einige Hinterlassenschaften der Geflüchteten auf Lesbos können so auch als Mahnmale an uns Europa verstanden werden. Interessanterweise tragen alle drei folgenden Beispiele hierfür den Namen Friedhof.
Der sogenannte Friedhof der Rettungswesten, das ist die ehemalige Müllkippe von Molivos, liegt etwas abseits in den kargen Bergen. Seit 2015 lagerten hier zigtausende Rettungswesten und einige Schiffswracks im Freien. Mittlerweile liegt nur noch vereinzelt Müll herum, aber zahlreicher Bauschutt, und auch nur noch eine Handvoll Rettungswesten sind zu sehen. Im Rahmen eines EU-Projekts wurden die Schiffsausrüstungsabfälle aus den Flüchtlingsströmen endgültig entsorgt.
Es soll hier tagelang intensiv gebrannt haben. Davon zeugen auch die Wiesen und Büsche drumherum, die nämlich zu einem größeren Teil verbrannt sind.
Das vor drei Jahren niedergebrannte Lager Moria ist inzwischen bei Google Maps als "Historic site" mit der Bezeichnung "Reste der Ruinen des niedergebrannten Lagers Moria" eingetragen. Das eigentliche, ehemals militärisch genutzte Lager liegt noch immer als Ruine in der Landschaft.
Mahnmale der Krise: Friedhöfe auf Lesbos
An seiner Außenmauer ist noch deutlich zu lesen: "Willkommen in Europa. Friedhof der Menschenrechte". Die angrenzende wilde Fläche inmitten von Olivenbäumen, auf der damals Hunderte Zelten standen, wirkt wieder recht aufgeräumt.
Einige dieser Olivenbäume haben das Feuer wohl nicht überlebt. Es gibt aber auch unversehrte und verkohlte Olivenbäume, die an einigen Stellen munter weiter wachsen.
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Rund 15 Kilometer von Mytilini entfernt liegt das Dorf Kato Tritos. Am Ortsrand gibt es ein eingezäuntes Feld: den Friedhof der Geflüchteten. Es sind rund 200 meist unscheinbare Gräber zu erkennen. Die Grababmessungen sind kaum erkennbar, weil alles von zumeist vertrockneten Gräsern zugewuchert ist.
Viele Gräber haben schlichte Marmorplatten als Grabstein, die Inschrift ist oftmals bereits verblasst. Es gibt auch einige Gräber, die nur durch einen Holzstock an der Stirnseite markiert sind. Vier, fünf "luxuriöse" Gräber gibt es hier ebenfalls. In Wahrheit sind es jedoch wesentlich mehr Gräber, da die meisten gar nicht gekennzeichnet sind.
Aus fünf in der Flüchtlingshilfe Aktiven hat sich das Projekt Missing Migrants Lesvos (Vermisste Migranten von Lesbos) entwickelt, das Angehörige dabei unterstützt, ihre bei der Flucht bzw. auf Lesbos Verstorbenen hier zu beerdigen.
Und so kann man diese drei Friedhöfe – einen echten und zwei sogenannte – auf Lesbos als Mahnmale verstehen, die uns in Europa daran erinnern sollen, mit allen Geflüchteten, die die "Festung Europa" erreichen, humaner und menschenwürdiger umzugehen.
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