Leuchtturmprojekte für Wissenschaft und Wirtschaft

Die von Bundeskanzler Schröder zur Besserung des "Innovationssystems Deutschland" ins Leben gerufene Initiative "Partner für Innovation" nimmt Konturen an

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Zur Jahreswende von Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen, kommen die "Partner für Innovation" jetzt in Fahrt. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, zeichnet ein dramatisches Bild: Deutschland stehe auf der Kippe. Ein "Abrutschen ins Mittelmaß" könne nur mit großen Anstrengungen aufgehalten werden. Doch wie soll dies geschehen?

Für Bullinger ist "Vorsprung durch Innovation" der "einzige Weg, um Wohlstand und Beschäftigung am Standort Deutschland zu sichern". Der Fraunhofer-Präsident sieht nicht nur den Osten Deutschlands in Nöten. Das "Rieseninnovationsproblem" müsse in ganz Deutschland gelöst werden. Die "Partner für Innovation" müssten deshalb "Leuchtturmprojekte auf den Weg bringen".

Um welche Themen sich diese Leuchtturm-Projekte drehen sollen, stellte Bullinger als Primus Partner inter Pares jetzt in Berlin vor. Die acht so genannten "Impulsthemen" reichen von "Nachhaltige Energietechnik", "Mobilität und Logistik", "Gesundheit", "Vernetzte Welt" und "Dienstleistungen" über "Innovationskraft in kleinen und mittelständischen Unternehmen" sowie "Wissensträger Mensch" bis hin zum "Innovationsfaktor Staat".

Jedes Thema wird in einem eigenen "Impulskreis" bearbeitet. Die Arbeitskreisleiter stehen teilweise schon fest: Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Mayrhuber wird sich um die Logistik kümmern. Walter Raizner, Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland, nimmt sich der "Dienstleistung" an. Utz Claassen, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg ist verantwortlich für "Energie". Er kündigte bereits vorsorglich an, sein Engagement nicht eigennützig im Interesse der Energiebranche zu nutzen. Die Debatte um die Zukunft der Energie müsse "frei von Ideologie, basierend auf Fakten und unabhängig von Partikularinteressen geführt werden."

Für die Wirtschaftspartner sind die Impulskreise nicht nur kleine Think Tanks, sondern auch ein weiterer Weg, den Fördermittelzuschnitt auf die eigenen Interessen zuzuschneiden. Nicht zuletzt hatte auch die Fraunhofer-Gesellschaft mit knappen Finanzen zu kämpfen. Neben der allgemeinen Wirtschaftsflaute müssen die Forscher nun auch für einen Nachschub der staatlichen Gelder sorgen, die ihr wegen der Fusion mit der GMD reichlich zugekommen waren.

Lange Zeit sollten nur Wirtschaftsvertreter Partner sein dürfen. Obgleich für den von Schröder hofierten Bullinger klar ist, dass "es dem Kanzler ansteht, einen Innovationsrat einzuberufen", waren Befürchtungen nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ein kleines Gremium nach Schröders Zuschnitt nun das Fördermittelgeschäft des Bundesforschungsministeriums in die Hand nehmen könnte. Nach einiger Unruhe hinter den Kulissen ist nun aber auch Forschungsministerin Edelgard Bulmahn "Partner für Innovation" - und Bullinger wiegelt ab: Jede Deutung sei falsch, dass der Bundeskanzler der Forschungsministerin Kompetenzen wegnehmen wolle. Die Rolle Bulmahns als Zahlmeisterin für den Innovationsrat steht gleichwohl schon fest: Die Geschäftsstelle, die von fünf Leuten besetzt sein wird, wird für ein Jahr mit rund einer Million Euro aus ihrer Kasse bezahlt. Wie schon bei der Initiative D21 soll es auch Tagungen und Kongresse geben.

Mit Argwohn betrachten dieses Interessensgemenge von Wirtschaft und Fraunhofer-Gesellschaft verschiedene Wissenschaftsorganisationen. Sie fürchten, dass ohne eine Mittelerhöhung der Grundlagenforschung zugunsten der anwendungsorientierten Forschung etwas abgeknapst werden könnte. Bernd Ebersold, stellvertretender Generalsekretär der Max-Planck-Gesellschaft, setzt denn auch auf das Versprechen der Bundesregierung, die Forschungs- und Entwicklungsförderung bis 2010 von 2,5 auf 3,0 Prozent zu erhöhen.

Wie dies nun finanziert werden soll, darüber wird heftig spekuliert. Höhere Steuern werden die Bürger kaum in Kauf nehmen, wohl aber den Verkauf der Goldreserve der Bundesbank Die Aktien hierfür scheinen jedoch nicht gut zu stehen. So verlangte Edelgard Bulmahn jüngst von den Banken bei der Finanzierung von Forschung schlicht mehr Risikobereitschaft. So sollen auch sie "Partner für Innovation" werden - und tatkräftig den Kredithahn aufdrehen.