Libyen: EU beschließt Polizei auf Schiffen von Rettungsmissionen

Seite 2: Vorwürfe an Rettungsmissionen

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Bereits vor zwei Wochen hat die Europäische Union einen Aktionsplan "zur Verringerung des Migrationsdrucks" präsentiert. Zur "Migrationssteuerung" wird Italien mit weiteren 35 Millionen Euro unterstützt, die Grenzagentur Frontex verspricht 500 zusätzliche "Rückführungsexperten". Im Aktionsplan nimmt die Europäische Kommission Bezug auf einen "Verhaltenskodex", den Italien für private Rettungsmissionen im Mittelmeer aufgesetzt hat.

Ein rechtsgerichteter italienischer Staatsanwalt wirft den Organisationen Beihilfe bei Schleusungen vor, etwa indem Boote mit Migranten durch Suchscheinwerfer "angelockt" würden. Mittlerweile werden die Retter mit den heftigen Vorwürfen auch aus dem politischen Raum, etwa vom deutschen Innenminister Thomas de Maizière (CDU), konfrontiert. Belege allerdings gibt es für die Anschuldigungen nicht.

Mittlerweile haben die Europäische Kommission und die Grenzagentur Frontex den "Verhaltenskodex" auf EU-Ebene bestätigt. Geplant ist jetzt die Aufnahme in Ratsschlussfolgerungen, um die darin enthaltenen Forderungen an die Organisationen auch justiziabel durchsetzen zu können.

Die NGO-Schiffe müssten aus Seenot Gerettete dann selbst in Häfen der Mittelmeeranrainer bringen und dort zeitraubende Befragungen der Behörden erdulden. Bislang wurden die meisten Migranten an Schiffe von EU-Missionen übergeben. Schließlich zwingt der "Verhaltenskodex" die Retter auch zur Offenlegung ihrer Finanzen und zur Einwilligung, dass Polizisten auf ihren Schiffen mitfahren.

UN-Sicherheitsrat könnte Schlauchboot-Resolution verabschieden

Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat gestern auch Einreiseverbote für libysche Schleuser beschlossen. Sofern diese ihr Vermögen in der Europäischen Union anlegen, dürfte es von den Mitgliedstaaten eingefroren werden. Dabei müsste die Europäische Union eigentlich auch gegen die libysche Marine vorgehen. Frontex und das Auswärtige Amt haben in der Vergangenheit bestätigt, dass das Schleusergeschäft in Libyen von aktiven oder ehemaligen Angehörigen von Polizei und Militär angeführt wird.

Zu den weiteren Beschlüssen gehört die Ausfuhrkontrolle "bestimmter Erzeugnisse, die für die Schleusung und den Menschenhandel genutzt werden könnten". Genannt werden Schlauchboote und Außenbordmotoren. Soweit bekannt, werden die Schlauchboote jedoch vor allem aus China importiert und gelangen über Ägypten nach Libyen.

Die EU-Außenminister wollen deshalb prüfen, wie der Zugang der "Schleuser und Menschenhändler" zu diesen "Erzeugnissen" über die EU-Grenzen der EU hinaus eingeschränkt werden. Vermutlich geht es dabei um eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, der bereits das Mandat zur Verfolgung von libyschem Waffen- und Erdölschmuggel erteilt hat.