Lübcke-Prozess: "Es ging in die Richtung Prepperszene und Uniter"

Seite 4: "Psychische Beihilfe"

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Während Ernst den Mitangeklagten H. belastet, hält die Bundesanwaltschaft dessen Beitrag klein. Für sie war Markus H. weder an der Tat beteiligt noch am Tatort noch in den Anschlagsplan eingeweiht. Er habe Ernst lediglich in seinem Beschluss bestärkt.

Das wird gerne "psychische Beihilfe" genannt. Außer der Bezichtigung H.s durch Ernst gibt es bisher keine festen Sachbeweise für dessen Mittäterschaft. Zugleich grenzt die Anklagebehörde den gesamten Anschlagskomplex auf die beiden Männer ein. Helfer oder Mitwisser werden bisher keine genannt.

Die Besetzung der Hauptverhandlung hat kuriose Elemente. Einer der zwei Verteidiger von Ernst ist Mustafa Kaplan aus Köln, der im NSU-Prozess von München ein Opfer des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße vertrat. Sein damaliger Kollege Alexander Hoffmann, ebenfalls Opferanwalt einer Geschädigten aus der Keupstraße, vertritt in Frankfurt den irakischen Asylsuchenden Ahmad E., der von Ernst am 6. Januar 2016 mit einem Messer verletzt worden sein soll. Er ist damit nun Kontrahent von Kaplan. Eine der zwei Rechtsbeistände des Angeklagten Markus H. wiederum ist Nicole Schneiders, die im Münchner NSU-Prozess den Angeklagten Ralf Wohlleben vertrat.

Markus H. schweigt bisher. Es kann aber auch vorkommen, dass er sich plötzlich ungefragt und ohne Absprache mit seinen beiden Anwälten selber zu Wort meldet. Beispielsweise als eine Kriminalbeamtin des Landeskriminalamtes (LKA) Hessen, die mit der Auswertung von H.s Asservaten (Telefon, Tablets, Computer) befasst war, als Zeugin erwähnt, dass sich unter den gelöschten Dateien eine Pdf-Datei von Hitlers Buch "Mein Kampf" befand.

"Wo waren die Dateien?", will H. wissen: "Auf der Festplatte oder im Betriebssystem? Es wird so dargestellt, als wären diese Dateien auf meinem PC gelöscht worden." Der Vorsitzende Richter Sagebiel entgegnet: "Die Zeugin hat nicht gesagt, Sie hätten die Dateien gelöscht, sonder nur, dass sie gelöscht wurden." Wieder H.: "Wenn schon, dann waren sie auf der Festplatte. Und 'Mein Kampf': Wann wurde die Datei erstellt?" Sagebiel: "Das klären wir noch."

Die LKA-Beamtin hatte in ihrem Auswertebericht unter anderem auch festgehalten, H. habe sich mit dem Verfassungsschutz in Hessen beschäftigt. Wie und warum, konnte sie nicht sagen. Auf Nachfragen des Gerichtes bestätigte sie dann, es habe sich dabei um den hessischen Verfassungsschutzbericht von 2011 gehandelt.