MH-17: Alle an dem Fall beteiligten ukrainischen Staatsanwälte wurden entlassen
Auch der leitende niederländische Staatsanwalt Westerbeke ist ab April nicht mehr dabei, der MH-17-Prozess beginnt am 9. März, vermutlich ohne Anwesenheit der Angeklagten
Am 9. März beginnt in den Niederlanden der MH-17 Prozess gegen die bislang vom Gemeinsamen Ermittlerteam benannten Verdächtigen. Es handelt sich um drei Russen und einen Ukrainer: Igor Girkin alias Strelkow, Ex-Militärchef der "Volksrepublik Donezk", Ex-Geheimdienstchef Sergej Dubinski unter Girkin sowie Oleg Pulatow, ein Reserve-Oberstleutnant der russischen Armee, und Leonid Chartschenko (Internationales Ermittlungsteam nennt die ersten Verdächtigen.
Angeblich wird Oleg Pulatow von zwei niederländischen Anwälten und einer russischen Anwältin verteidigt, sie selbst wollen aber noch keinen Namen nennen. 30.000 Seiten soll jedenfalls die Akte dick sein. Ob das aber bedeutet, dass er auch vor Gericht aussagen wird, ist nicht klar. Die vier Angeklagten werden nicht direkt beschuldigt, am Abschuss der MH17 beteiligt gewesen zu sein, sie sollen nur für den vermuteten Transport des Buk-Systems aus Russland und wieder zurück verantwortlich und Teil einer "Kommandokette" gewesen sein. Die Beweise basieren vorwiegend auf vom ukrainischen Geheimdienst SBU abgehörten Telefongesprächen, die jedoch interpretationsbedürftig sind, um es vorsichtig auszudrücken. Nach Analysen (PDF) eines forensischen malaysischen Instituts sollen die Gespräche manipuliert worden sein. Moskau hatte angeboten, gegen die Verdächtigen zu ermitteln und mit den Niederlanden zu kooperieren, das lehnten die Niederlande ab.
Ein fünfter Verdächtiger, Vladimir Tsemakh (Zemak), der letztes Jahr aus der "Volksrepublik Donezk" nach Kiew verschleppt worden war, wurde von der damals neuen ukrainischen Regierung trotz Druck der niederländischen Regierung, die ihn schnell vom Zeugen zum Verdächtigen machte (Brief von Westerbeke an den stellvertretenden Generalstaatsanwalt), bei einem Gefangenenaustausch mit Russland freigelassen.
Damit ist der einzige Zeuge oder Verdächtige abhandengekommen, der vielleicht hätte unter Druck gesetzt werden können, belastende Aussagen zu machen. Der deutsche Privatermittler Josef Resch, der für einen unbekannten Geldgeber belastende Informationen über den Abschuss von einer Quelle erhalten hatte, die dem Geldgeber angeblich immerhin 17 Millionen US-Dollar wert waren, bot dem JIT diese an, ohne auf Gehör zu stoßen.
Es gibt Risse im JIT, Malaysia kritisiert, dass die Ermittlungen politisch einseitig orientiert seien. Auch im niederländischen Parlament kamen kritische Stimmen auf, weil schnell ausgegrenzt wurde, dass die Ukraine, Mitglied im JIT, trotz der Sachlage den Luftraum nicht gesperrt hatte (Niederländisches Parlament fordert Ermittlungen gegen die Ukraine).
Und dann wurde im Dezember 2019 bekannt, dass Fred Westerbeke, der die JIT-Ermittlungen als Staatsanwalt leitete, am 1. April, kurz nach Beginn des Prozesses Chef der Polizei von Rotterdam wird. Das dürfte die Anklage schwächen, was verwundert, weil die Niederlande bislang Scharfmacher gegen Russland und gemeinsam mit Australien auch vorgeprescht waren, um die russische Regierung direkt für den Abschuss verantwortlich zu machen.
Jetzt wurde auch noch einmal berichtet, was schon Ende Dezember bekannt geworden war, dass die ukrainische Regierung, die bereits die Führung des Geheimdienstes umgebaut hat, auch in großem Stil die Staatsanwaltschaft im ganzen Land im Zuge der Korruptionsbekämpfung neu besetzt. Von den 6 Staatsanwälten, die am MH17-Fall beteiligt waren, wurden 5 entlassen, einer ist noch mit dem Fall beschäftigt, aber kein Staatsanwalt mehr. Unter den Entlassenen sind auch zwei Staatsanwälte, die im JIT mitgearbeitet haben.
Zwar ist die Anklageschrift gegen die Verdächtigen schon länger eingereicht worden, aber so schnell können neue Staatsanwälte nicht eingearbeitet werden, weswegen man davon ausgeht, dass auch dies die Anklage im Prozess schwächen dürfte. Einer der entlassenen Staatsanwälte meinte: "Niemand kennt die Akten, die wir über 5 Jahre zusammengestellt haben." Nach der Generalstaatsanwaltschaft würden jetzt vier Staatsanwälte für den MH-17-Fall abgestellt sein, die erfahren seien bei Ermittlungen von Kriegsverbrechen. Der Außenminister versicherte, das würde die Ermittlungen nicht beeinträchtigen.
Dahinter könnte nicht nur der Kampf gegen die Korruption stehen, sondern auch eine andere Haltung der ukrainischen Regierung, die weniger auf die Dämonisierung Russlands setzt, sondern auf ein Ende des Bürgerkriegs in der Ostukraine. Dafür wird womöglich nicht nur ein Zeuge/Verdächtiger wie Zemach freigelassen, sondern auch der gegen Russland ausgerichtete MH-17-Prozess abgewertet, zumal Kiews Hände, auch wenn die Ukraine nicht beteiligt war am Abschuss, nicht sauber sind, weil der Luftraum nicht gesperrt wurde und die Frage, ob tatsächlich alle ukrainischen Radarstationen zufällig an diesem Tag nicht aktiv waren, alles andere als geklärt ist.
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