Märchen und Schuldzuweisungen zu Anschlägen in Katalonien

Seite 2: Streit um Unabhängigkeit Kataloniens beeinträchtigte Antiterrorismus-Bekämpfung

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Er wies auch Vorwürfe aus Madrid zurück, die nun immer stärker gegen die Regionalpolizei, die Regionalregierung und die Bürgermeisterin Barcelonas erhoben werden. "Unser Gewissen ist rein", fügte er im Hinblick darauf an, keinen blassen Schimmer von den Vorbereitungen der Terroristen gehabt zu haben. Bekannt wurde aber derweil, dass der Streit zwischen Katalonien und Spanien über die Durchführung eines Referendums über die Unabhängigkeit am 1. Oktober auch von spanischer Seite die Antiterrorismus-Bekämpfung beeinträchtigt hat, weil Madrid die Abstimmung mit allen Mitteln verhindern will.

So berichten Medien darüber, dass es zwar immer schon Spannungen zwischen der Regionalpolizei und den spanischen Sicherheitskräften gab, doch die hätten sich mit der politischen Zuspitzung noch deutlich verstärkt. Die Regionalregierung hatte die Zentralregierung von Mariano Rajoy schon vor Wochen kritisiert. Die Mossos erhielten zum Beispiel keinen Zugang zu wichtigen Daten und Ressourcen des Zentrums zur Bekämpfung von Terror und organisierter Kriminalität (CITCO). Und auch die Verstärkung der katalanischen Polizei wurde verhindert. Der Parlamentarier der linksnationalen ERC Gabriel Rufián hatte wegen "Niederträchtigkeit und Unverantwortlichkeit" schon den Rücktritt von Innenminister Juan Ignacio Zoido gefordert.

Es war genau dieser Innenminister, der nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin behauptet hatte: "Was in Berlin passiert ist, kann hier nicht geschehen." Er führte als Begründung dafür an, dass die Polizeikoordination in Spanien "extrem" sei. Er lag damit, wie unzweifelhaft bewiesen ist, mehr als daneben und wusste, dass das gelogen war. Und es ist jetzt dieser Innenminister, der sich nicht nur in die Ermittlungen in Katalonien einmischt, sondern auch noch den Katalanen eine Teilschuld zuschreibt. Dabei haben seine Geheimdienste und Polizeieinheiten versagt, die für Terrorismus zuständig sind. Die haben die Radikalisierung nicht gesehen oder wollten sie nicht sehen, obwohl die Terroristen ihre Mordlust zum Teil sogar offen zur Schau gestellt hatten.

Und es ist dieser Zoido, der meinte, solche Anschläge werde es in Spanien nicht geben, der nun der linken Bürgermeisterin in Barcelona vorwerfen lässt, "Ratschläge der Polizei" missachtet zu haben, Zonen mit besonderem Publikumsverkehr mit Pollern oder Blumenkübeln zu sichern. Es ist die rechte Zeitung El Mundo, die dies mit Blick auf ein Rundschreiben der Polizei in die Debatte warf, die über sehr gute Kontakte ins Innenministerium verfügt. Dieses Schreiben vom Dezember nach dem Anschlag in Berlin, steht im krassen Gegensatz zu den Aussagen des Innenministers im Januar.

Der stellvertretende Bürgermeister Barcelonas wies die Vorwürfe zurück. Gerardo Pisarello hat per Twitter erklärt, dass die "Antiterrormaßnahmen von den Verantwortlichen im Innenministerium bestimmt werden" und man sich stets an die Vorgaben gehalten habe. Man habe sich "nie geweigert", Poller oder Blumenkübel aufzustellen. "Wenn etwas gefordert wurde, wurde es gemacht", fügte Pisarello an.

Auch die Mossos haben sich schon darüber beschwert, dass sich der Innenminister in die Vorgänge einmischt. Der hat nun sogar schon behauptet, dass man die gesamte Terrorzelle zerschlagen habe. Das aber dementieren die Mossos, die noch nach drei Mitgliedern fahnden. Man habe vom Nationalen Gerichtshof in Madrid den Auftrag zur Ermittlung erhalten, die ersten Informationen zu den Anschlägen geben. "Wir werden es sein, die die Ergebnisse verkünden, wenn wir davon ausgehen, dass die Zelle vollständig ausgehoben ist", erklärt Polizeisprecher Albert Oliva angesichts der Versuche des spanischen Innenministers, sich in den Vordergrund zu spielen, um sein Versagen zu überdecken.