Mandat zurückgefordert: Hat die Linke ohne Sahra Wagenknecht noch eine Chance?

Sahra Wagenknecht soll ihr Bundestagsmandat zurückgeben.

Der Parteivorstand der Linken hat den Bruch mit Sahra Wagenknecht vollzogen. Sie soll ihr Bundestagsmandat zurückgeben.

(Bild: Die Linke / flickr.com / CC BY-NC-SA 2.0)

Der Parteivorstand hat den Bruch mit Sahra Wagenknecht vollzogen. Das sind die Hintergründe und Positionen. Welche Folgen hat der Parteibeschluss?

Seit Monaten beschäftigt die Medien die Frage, ob Sahra Wagenknecht die Linkspartei verlassen wird und ob damit das Ende der Partei gekommen ist. Nun hat der Parteivorstand die Initiative ergriffen und die Trennung von Wagenknecht erklärt.

Die Zukunft der Linken sei eine Zukunft ohne Wagenknecht, hieß es in der Erklärung des Parteivorstands nach der Sitzung. Die Politikerin wurde aufgefordert, ihr Bundestagsmandat zurückzugeben.

Begründet wurde der Schritt damit, dass Wagenknecht bislang nicht ausgeschlossen habe, sich an einem eigenen Parteiprojekt jenseits der Linken zu beteiligen. Wagenknecht blieb bei ihrer in den vergangenen Monaten mehrfach geäußerten Position, darüber bis Ende des Jahres entscheiden zu wollen.

Zuvor hatte sie erklärt, sie wolle die Entwicklung der Linken beobachten und dann entscheiden. Genau diese Formulierung wird jetzt als Erpressung der Parteiführung interpretiert und als weiteres Argument für die Trennung angeführt. Auch hier siegen Formalien über inhaltliche Auseinandersetzungen.

Jedoch könnte man Wagenknechts Zögern auch auf andere Art interpretieren. Sie hat sich noch nicht für einen Parteiwechsel entschieden, weil sie die Entwicklung in ihrem Sinne beeinflussen will. In ihrer Partei hat Wagenknecht Sympathisanten. Wie viele es sind, ist schwer abzuschätzen. Liest man die Leserbriefe in den der Linken nahestehenden Medien, so ist die Anhängerschaft von Wagenknecht nicht klein. Gleiches gilt für die Bundestagsfraktion ihrer Partei.

Was heißt, sich vom Sozialkonservatismus zu trennen?

Noch größer ist die Zahl derer, die zwar viele Positionen Wagenknechts kritisieren, aber schon aus pragmatischen Gründen dafür plädieren, sie und ihre Anhänger in die Parteiarbeit einzubeziehen und nicht auszugrenzen.

Sie argumentieren, dass Wagenknecht erst mit der Gründung einer eigenen Partei liebäugelt, seit ihre Formation auch parteiintern zunehmend marginalisiert wird. Verwiesen wird auf den letzten Parteitag, als bei den Vorstandswahlen Kandidatinnen und Kandidaten, die als Wagenknecht-Anhänger galten, gezielt ausgegrenzt wurden.

Das betraf auch Politiker wie Sören Pellmann, der bei der letzten Bundestagswahl ein Direktmandat in Leipzig errang und damit dafür sorgte, dass die Linke überhaupt wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzog. Pellmann ist es gelungen, sowohl sozial-konservative als auch linksliberal-progressive Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen.

Das ist die zentrale Frage für die Linke, im Bund und in den Ländern. Die Konzentration der Auseinandersetzung auf Personen blendet dies meist aus. Manchmal wird zumindest erwähnt, dass es um die Abgrenzung vom Sozialkonservatismus in der Linken geht.

Aber was bedeutet dieser Begriff? Ist es sozial-konservativ, für Friedensverhandlungen und gegen deutsche Waffenlieferungen im Ukrainekrieg zu sein? Ist es die Verteidigung erkämpfter sozialer Standards?

Ist eine Partei sozial-konservativ, die mit den Slogans "Frieden" und "Kampf um soziale Rechte" in den Wahlkampf zieht, wie es der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken Alexander Neu in einem Interview fordert?

Neu gibt der Linken keine Chance mehr, hat aber auch einen Rettungsvorschlag, von dem er weiß, dass er illusorisch ist:

Wenn diese Partei noch eine Chance haben will, dann müsste es im Prinzip ein Duo geben: Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, die mit der Faust auf den Tisch hauen. Es müsste einen Sonderparteitag geben. Sie müssten sich zur Wahl stellen und gewählt werden, – was bei den jetzigen Mehrheitsverhältnissen von Delegierten eher unwahrscheinlich ist –, und die Partei wieder auf den richtigen Kurs bringen.

Alexander Neu, Hintergrund

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