Marken- und Produktpiraterie in Internetmedien
Echt gefälschte Rolex-Uhren ein dreistelliger Milliardenmarkt aus Betrug
Ob nun ein Rundfunksender private und vertrauliche E-Mails zur kommerziellen Verwertung beschlagnahmen lassen will oder jemand in der Not die Cartier-Brosche der verstorbenen Großmutter in einer Online-Auktion verkaufen will und dann kostenpflichtig darüber belehrt wird, dass Omi in Wirklichkeit gar kein echtes Cartier-Schmuckstück besaß: Online gibt es notorisch dick Ärger mit dem Markenrecht. Doch diesen teils ziemlich üblen Tiefschlägen gegen Privatleute liegen durchaus reelle und ebenso üble Wirtschaftsverbrechen zugrunde.
I. Die Problematik der Marken- und Produktpiraterie im „Netz“
1. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass Inhaber bedeutender Marken und Geschmacksmuster sowie sonstiger Schutzrechte gegen Produkt- und Markenpiraterie beim Vertrieb von Waren über Internetmedien im erheblichen Umfang vorgehen. Auch deutsche Unternehmen haben längst entsprechende Aktionskreise und Koordinationsstellen gegründet. Sie lassen entsprechende Abmahnungen mit Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch oftmals international operierende Lawfirms aussprechen. Werden diese nicht in rechtlich akzeptabler Form unterzeichnet, folgen kostentreibende gerichtliche Schritte, einsetzend mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Die Möglichkeiten einer Anspruchsabwehr sind im Regelfall begrenzt, aber im Detail durchaus vorhanden. Bei der Höhe der geltend gemachten Zahlungsansprüche besteht unter Umständen und je nach Einzelfall Verhandlungsspielraum. Allerdings ist ein effektives Schadensbegrenzungsmanagement für Betroffene nahezu unabdingbar. Betroffen sind in der Regel gewerblich tätige Händler, aber auch Endabnehmer können betroffen sein, wenn sie im geschäftlichen Verkehr handeln, indem sie irgendwo erworbene Ware weiter veräußern.
Die geltend gemachten Unterlassungs- und weitere Ansprüche sind in der Regel grundsätzlich begründet. Die Aktionen zeigen Wirkung. Zahlreiche obskure Händler verschwinden aus dem europäischen E-Commerce oder verlagern ihre Verwaltungssitze in Off-Shore-Bereiche. Etwa Hongkong und Shanghai erfreuen sich hier gegenwärtig einer gewissen „Beliebtheit“ in einschlägigen Kreisen.
Allerdings können jenseits dieser „schwarzen Schafe“ auch mehr oder weniger gutgläubige Anbieter geringeren Umfangs betroffen werden, die von derartigen Aktionen hart getroffen werden können. Nicht zuletzt, wenn in Unkenntnis erworbene Piraterieware über „Auktionsplattformen“ wieder veräußert werden soll, um wenigstens daraus noch einen verhaltenen Gewinn zu ziehen. Dies kann in der Folge durchaus zum Verschwinden kleinerer und mittlerer Anbieter aus dem E-Commerce führen.
2. Produkt- und Markenpiraterie führt zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden. Ein erheblicher Umfang der im Netz vertriebenen Waren dürfte seit langem in Piraterieware (Plagiate; Fälschungen) bestehen. Ihre Erkennbarkeit für Endabnehmer ist mitunter schwierig, mögen auch manche Plagiate offensichtlich sein. So manche Fälschung hat sich einen Plagiarius verdient. Für die Anbieter solcher Waren ist es nachteilig, dass sich ihre Spuren im Netz – etwa über Auktionsplattformen wie eBay – insbesondere über Testkäufe oder Reklamationen von Erwerbern bei Herstellern oder ihren Lizenznehmern in einem nicht unerheblichem Umfang nachvollziehen lassen (s. dazu näher unter III.).
Betroffen sind derzeit etwa die Handyzubehörbranche, Pharmazieprodukte, der Schmuckwarenabsatz, Modeartikel und hochwertige Handtaschen/Accessoires sowie Automobilzubehörartikel, derzeit insbesondere im Tuningbereich (die Problemstellungen des illegalen Vertriebs digitaler Informationsmedien und der digitalen „Raubkopien“ sowie die „Dienstepiraterie“ werden an dieser Stelle aufgrund der hier bestehenden spezifischen Problemlagen nicht behandelt).
Ein Bezug zur „Organisierten Kriminalität“ ist angesichts der verwickelten und in erheblichem Umfang illegalen Vertriebskanäle nicht auszuschließen. Das Risiko lohnt in Europa nicht oder jedenfalls nicht mehr, was sich aber anscheinend noch nicht hinreichend herumgesprochen hat. Für Endabnehmer, die derartige Ware etwa im Urlaub erworben haben, ist der Absatz über Internetmedien hochgradig gefährlich und kann angesichts der Kostenbelastung die materiellen Existenzvoraussetzungen erheblich gefährden ("Russki MP3-Mucke gar nix gutt auf Ebäh").
3. Es ist davon auszugehen, dass die Verfolgung von Produkt- und Markenpiraterie im Netz sich im Verlauf des Jahres 2005 und darüber hinaus noch weiter intensivieren wird und zwar im internationalen Maßstab, keineswegs beschränkt auf die Bundesrepublik Deutschland (Leitfaden für die Verfolgung feststellbarer Verstöße).
Nachfolgend wird ein Überblick über das Phänomen der Produkt- und Markenpiraterie im Internet gegeben, der selbstredend keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Insbesondere wird auch auf einige typische Einwände eingegangen, die Ansprüchen wegen Marken- und Produktpiraterie üblicherweise entgegen gesetzt werden und die sich nur zu oft als Ausreden und Scheinargumente darstellen, die im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung – realistisch betrachtet – nicht viel weiterhelfen.
II. Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie
1. Die Herstellung von Markenware und ihre werbeaufwendige Platzierung an Märkten ist mit hohen Investitionen verbunden, die gewerbliche Produkt- und Markenpiraten vermeiden, da sie anderweitig geschaffene Leistungen lediglich gewinnbringend ausbeuten und vermarkten. Davon zu unterscheiden sind „Gelegenheitsanbieter“, die entweder nicht hinreichend wissen, was sie vertreiben oder aber sich darum nicht hinreichend kümmern.
Oftmals werden Billigbestandteile verwendet, die die Nutzung derartiger Produkte sogar gefährlich machen können. In der Regel werden solche Waren mit einem – ebenfalls gefälschten – Kennzeichen (Marke, Unternehmenskennzeichen) des Originalherstellers versehen. Durch Produkt- und Markenpiraterie entstehen diesen Unternehmen hohe Verluste, die angesichts erheblicher Umsatzrückgänge bei Originalware auch in den Abbau von Arbeitsplätzen einmünden. Dies betrifft aber keineswegs nur weltweit operierende Konzerne, sondern auch zahlreiche mittelständische Unternehmen, die allerdings bislang die Verfolgung noch nicht intensiv aufgenommen haben. Auch diese Unternehmen dürften aber nach und nach gegen derartige Phänomene intensiver vorgehen.
2. Schätzungen der Internationalen Handelskammer gehen davon aus, dass inzwischen ca. 10 % des gesamten Weltumsatzes mit gefälschten Waren erzielt werden. Die Schätzung dürfte sich noch am unteren Rand bewegen. Längst hat sich – insbesondere in den asiatischen Ländern und dort wiederum derzeit in China sowie in Osteuropa – eine Fälschungsindustrie etabliert, die gefälschte Produkte über weit verzweigte Vertriebsnetze in den Warenverkehr einschleust und dabei auch regelmäßig gegen Einfuhrverbote verstößt. Davon zu unterscheiden sind sog. Parallel- und Grauimporte, also Waren, die nicht für den europäischen Markt bestimmt sind, aber hierher illegal eingeschleust werden.
Die Kommunikation unter den Anbietern von Piraterieware scheint in den jeweiligen Vertriebsnetzen ausgezeichnet zu funktionieren. Der Deutsche Industrie- und Handelstag schätzt die damit verbundenen Schäden auf etwa 255 Milliarden Euro. Der Umsatzrückgang bei Originalwaren ist entsprechend, mit negativen Folgen auch für den Arbeitsmarkt, zumal auch die Zulieferindustrie massiv betroffen wird.
Die deutsche Zollverwaltung beschlagnahmte im Grenzbeschlagnahmeverfahren (EG-Produktpiraterie VO) in den Jahren 1988 bis 1994 zusammen Waren in ca. 1.000 Fällen. 1995 waren es bereits 500 Fälle. 1996 dann 983 Fälle. 1997 steigerte es sich auf 1.368, 1998 auf 2.013 und 1999 auf 2.188 Fälle. Seither steigt die Kurve rasant an. Im Jahr 2000 waren es 3.178 Fälle. 2001 dann 2.427 und 2002 wieder 3.427 Fälle, denen im Jahr 2003 dann 3.461 Aufgriffe folgten). Nicht berichtet wird allerdings, in wie vielen Fällen die Beschlagnahme wieder aufgehoben werden musste.
Seit Mitte der 80er Jahre ist nach und nach insbesondere auf europarechtlicher Ebene ein Rechtsrahmen geschaffen worden, der ein umfassendes Vorgehen gegen Marken- und Produktpiraterie erlaubt und der sich weiter im Ausbau befindet. Der Spielraum für Marken- und Produktpiraten wird enger, auch und gerade beim Vertrieb über Internetmedien, maßgeblich des WWW.
Unter diesen wirtschaftlichen Voraussetzungen konnte es nicht ausbleiben, dass sich betroffene Hersteller vehement in zivil-, straf- und zollrechtlicher Hinsicht gegen den Vertrieb von Piraterieware auch in und über Internetmedien wenden, wobei allerdings auch Kleinanbieter massiv betroffen werden, da das Vorgehen weitgehend unterschiedslos gehandhabt wird.
3. Der Begriff der „Produktpiraterie“ wird nicht einheitlich verwendet. Im Kern umschreibt er den Bereich der gewerbsmäßigen Schutzrechtsverletzung in Gewinnabsicht durch illegales Verwenden von rechtlich geschütztem technischen Know-How, Designs, Zeichen, Namen, Logos (Marken) und geschäftlichen Bezeichnungen oder sonstigen geschützten Gestaltungselementen, die von Herstellern von Markenware zur Kennzeichnung und zur Formgebung ihrer Produkte im Handel eingesetzt werden.
Derartige Ware kann erhebliche Sicherheitsmängel aufweisen, so etwa im Ersatzteilbereich. Sie kann im Pharmaziebereich sogar erheblich gesundheitsschädigende Folgen haben. Nicht alles, was billig ist, ist auch zum Gebrauch wirklich geeignet. Wird exklusive Markenware – ob im Urlaub oder anderswo – zum Dumpingpreis (durch nicht autorisierte) Händler angeboten, sollte dies auch Verbrauchern zu denken geben (s. dazu näher unter V.).
Unter Produkt- und Markenpiraterie ist verkürzt ausgedrückt das verbotene Nachahmen und Vervielfältigen von Waren zu verstehen, an denen für die rechtmäßigen Hersteller Erfindungsrechte, Designrechte und Verfahrensrechte bestehen. Sie sind für die jeweiligen Schutzrechtsinhaber oftmals weltweit geschützt. Marken- und Produktpiraten übernehmen durch illegale Nachahmung unerlaubt technisches Know-How ohne den Einsatz jener erheblichen Entwicklungs- und Vertriebsinvestitionen der Hersteller von Originalware.
Der Bekanntheitsgrad von Marken wird speziell ausgenutzt, indem insbesondere Verbraucher über die tatsächliche Herkunft der Waren und Qualität getäuscht werden. Ein „Nebenkriegsschauplatz“ spielt sich im Bereich des Keyword-Stuffing ab, indem notorisch bekannte Markenbezeichnungen zu werblichen Zwecken für Angebote von minderwertiger Ware ausgenutzt werden, wobei die damit zusammenhängenden Rechtsfragen je nach Gestaltung differenziert zu behandeln sind.
Unabhängig von insbesondere markenrechtlichen Ansprüchen der Hersteller setzten sich gewerbliche Anbieter von Piraterieware auch wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen rechtstreuer Konkurrenten oder entsprechend zum Tätigwerden befugter Verbände aus, was hier nicht vertieft werden soll. Technisch wird dem zunehmend durch Produktsicherungssysteme – wie Wasserzeichen und Hologramme – entgegengewirkt, deren Reichweite aber technisch letztlich beschränkt ist, da sie selbst weitgehend gefälscht werden können.
III. Ermittlungen von Piraterie im Netz
1. Ermittlungen von Produktpiraterie im Netz sind zwar recht zeitaufwendig, aber bei entsprechendem Aufwand oftmals von Erfolg gekrönt. Die Angreiferseite hat es bei positivem Befund relativ leicht, ihre bestehenden Rechte durchzusetzen, wenn der Angegriffene und seine Vertriebskette hinreichend identifiziert werden können. Etwa die Angebote bei Ebay und vergleichbaren Anbietern sind eine wahre Fundgrube für das Aufspüren von Piraterieware. Sie wird dort massenhaft vertrieben. Streckenweise sind die Verstöße sogar evident und aus dem Angebot bereits optisch erkennbar.
Betreffende Anbieter weisen übrigens oftmals keine Anbieterkennung nach § 6 TDG und eine nicht vorhandene bis unzulängliche Belehrung über Verbraucherschutzrechte auf. Sie tarnen sich gerne als „private Anbieter“ mit wechselnden Strohfiguren und Accounts. Ohne nähere Informationen und Auskünfte ist es kaum möglich. hier Differenzierungen vorzunehmen.
2. Die Betreiber derartiger Plattformen haften im Regelfall nicht für derartige Angebote, sofern ein Verstoß nicht ohne weiteres evident ist. Auf Hinweis müssen sie allerdings entsprechende Angebote sperren. Andernfalls setzen sie sich ebenfalls Unterlassungsansprüchen als Mitstörer unter Nichtanwendung der §§ 9 – 11 TDG aus (BGH-Urteil v. 11.03.2004). Ebay verfügt insoweit über ein schnelles Reaktionssystem und sperrt derartige Angebote sowie den Account nach Hinweis recht schnell. Allerdings hat Tiffany inzwischen Ebay in den USA auf Schadensersatz verklagt, weil ca. 70 % der dort angebotenen Produkte dieser Marke Fälschungen gewesen sein sollen. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass auch die Plattformbetreiber weiter Angriffen wegen des Vertriebs von Piraterieware ausgesetzt sein werden.
2. Bei entsprechender Suche lassen sich indessen auch „verstecktere“ Angebotsplattformen im Netz orten. Sie werden überdies streckenweise eifrig über Spammails beworben. Die Domains wechseln schnell ihre Inhaber, die ihre „Briefkastenstandorte“ in geeigneten Ländern wählen. Mitunter soll Verbrauchern durch den Hinweis auf Markennachbauten suggeriert werden, Rechtsverletzungen fänden nicht statt. Allgemeine Geschäftsbedingungen und werbliche Angaben, die weitgehend rechtlich unhaltbar sind und Verbraucher über die wahre Rechtslage täuschen, weisen teilweise auf derartige Umstände hin. Dies ändert jedoch nichts am Vorhandensein der Piraterieware.
3. Längst haben sich spezialisierte (Cyber-) Detekteien am Markt etabliert, die derartige Aufgaben über weitreichende Netzbeobachtungen und Erkundungen qualifiziert erledigen, auch im Zusammenspiel mit Polizei- und Zollbehörden. Sie spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn Anbieter versuchen sich zu „tarnen“ (etwa mit falschen Adressen arbeiten) und erst die Aufdeckung einer Vertriebskette Klärung herbeiführt.
Die Spuren führen dann oft nach Osteuropa oder Asien, etwa und insbesondere China. Die strafbare Relevanz unter Schädigung gerade auch der Endabnehmer liegt auf der Hand. Geschädigte finden inzwischen zahlreiche Stellen im Netz, die zur Meldung bekannt gewordener Pirateriefälle auffordern.
Wer etwas verkaufen will, wird allerdings in der Regel wenigstens rudimentäre Daten über sich preisgeben müssen, die weitere Ansatzpunkte für geeignete Ermittlungen geben können. Über die geltend gemachten Auskunftsansprüche verspricht man sich nicht zuletzt Erkenntnisse über die bestehenden Vertriebsketten und deren Funktionsweise, um die entsprechenden Grau- und Schwarzmärkte nach und nach zu schließen, jedenfalls aber deren Spielräume nachhaltig einzuschränken, wobei allerdings Spielräume verbleiben werden. Das Jahr 2005 wird nicht das Ende der Produkt- und Markenpiraterie markieren, realistisch betrachtet.
IV. Ansprüche gegenüber Händlern und Abwehrmöglichkeiten
Den Anspruchstellern steht ein weitreichendes Instrumentarium an zivilrechtlichen Ansprüchen aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des allgemeinen Zivilrechts zur Verfügung, das vom Unterlassungsanspruch, über den Vernichtungsanspruch, vorbereitende Auskunftsansprüche bis hin zu verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen und nicht verschuldensabhängigen Bereicherungsansprüchen reicht, zu denen Kostenerstattungsansprüche hinsichtlich der Anwaltskosten für die Abmahnung hinzutreten. Um die Darstellung nicht ausufern zu lassen, orientieren sich die folgenden Ausführungen an der Rechtslage im deutschen Markenrecht, dass hier im Zentrum steht. Strafrechtliche Aspekte können nur gestreift werden.
1. Unterlassungsansprüche
a) Die geltend gemachten Ansprüche stützen sich in erster Linie auf § 14 Abs.2, 4 und 5 des deutschen Markengesetzes, in anderen europäischen Ländern der entsprechenden Markengesetze und das europäische Markenrecht (Gemeinschaftsmarken-VO), hier insbesondere auf Art. 9 GMVO, sowie auf §§ 5, 15 MarkenG. Hinzutreten werden allerdings oftmals noch Ansprüche aus §§ 38, 40 GeschMG oder Art. 19, 20 der EU-Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO und ggf. aus §§ 97, 14 UrhG sowie auf §§ 3, 4 UWG und §§ 826, 823, 1004 BGB.
Unter Umständen kommen auch Verstöße gegen patentrechtliche Bestimmungen in Betracht, etwa wenn zur Herstellung der betreffenden Waren auf patentrechtlich geschütztes Know-How zurückgegriffen und das Patent dadurch verletzt wird. Dieser Gesichtspunkt soll hier nicht vertieft werden.
Die zunächst außergerichtlich im Wege der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind in jeglicher Hinsicht unabhängig vom Vorliegen eines Verschuldens. Auf eine etwaige „Gutgläubigkeit“ kommt es in keiner Weise an. Es ist hinreichend, wenn ein Hinweis auf das verletzte Schutzrecht erfolgt, eine Darstellung des Sachverhaltes gegeben wird und der an den Anspruchsgegner gerichtete Vorwurf einer konkreten Rechtsverletzung enthalten ist, so dass dieser sein Verhalten überprüfen kann.
Angesichts der gefälschten Kennzeichnungen ist der Anspruch aus § 14 Abs.2 Nrn. 1 und 2 MarkenG gegeben. Wer einen objektiven Markenrechtsverstoß bei nahezu stets zu vermutender Wiederholungsgefahr begeht, setzt sich im Falle der Nichtunterzeichnung einer ernsthaften Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen in Deutschland einer über die Abmahnkosten hinaus weitere Kosten auslösenden einstweiligen Verfügung und ggf. einem Hauptverfahren aus.
Der Einwand, man habe ja nichts gewusst und sei gutgläubig gewesen, ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch völlig unbeachtlich (s. etwa, Landgericht Berlin, Urteil vom 9.11.2001). Der Betroffene, der insoweit wirklich „gutgläubig“ war, ist insoweit auf einen Rückgriffsanspruch gegen den Erwerber verwiesen (s. dazu IV.5.).
b) Oftmals wird allerdings eingewendet, es läge kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vor, weil lediglich ein „privater“ Vertrieb erfolgt wäre. Dieser Einwand entpuppt sich oftmals als Scheinargument. Die Rechtsprechung stellt überdies in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zu §§ 26, 21 WZG a.F. in Deutschland keine überaus hohen Anforderungen an dieses Tatbestandsmerkmal). Es ist sachgerecht, sogenannte „Powerseller“ bei Ebay generell als gewerbliche Anbieter anzusehen, da diese mindestens 300 Artikel pro Monat abgesetzt haben müssen (so auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 27.07.2004 . 6 W 54/04).
Wer Waren oder Dienstleistungen im Rahmen einer planmäßig und auf Dauer angelegten Tätigkeit – die in diesen Bereichen nie unentgeltlich erfolgt – feilbietet, handelt im geschäftlichen Verkehr und damit gewerblich. Auch wer bei Ebay einen Shop nach § 14 der einschlägigen Ebay-AGB vorhält, handelt immer als Unternehmer und damit im geschäftlichen Verkehr.
Jenseits dieser Gestaltungsformen herrscht über die Kriterien Streit bei einer unübersichtlichen und uneinheitlichen Kasuistik in der Rechtsprechung. Von einem nicht gewerblichen Handeln wird man nur ausgehen können, wenn jemand lediglich gelegentlich ohne einen planmäßigen Absatz zu verfolgen, Angebote platziert, deren Umfang als gering einzustufen ist. Die Anzahl von Angeboten stellt dabei ein – allerdings sehr starkes – Indiz dar, mag es auch nicht alleine ausschlaggebend sein.
Wer allerdings ständig und über Wochen und Monate hinweg regelmäßig Angebote feilhält, handelt im geschäftlichen Verkehr, insbesondere wenn Waren im Zwischenverkauf erworben werden, um sie gewinnbringend weiter zu veräußern. Der BGH – der diese Frage für „Auktionen“ noch nicht definitiv entschieden hat – ließ inzwischen erkennen, dass er an dieses Tatbestandsmerkmal nach wie vor geringe Anforderungen stellt (BGH, Urt. v. 11.03.2004 – I ZR 304/01, JurPC Web-Dok 265/2004). Es dürfte daher nur in den wenigsten Fällen gelingen, mit einem derartigen Einwand durchzudringen, zumal ergänzend noch die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche aus §§ 826, 823, 1004 BGB zum Tragen kommen können, so dass der Anspruchssteller mit seinem Vorbringen im Ergebnis durchdringen dürfte, sofern ein objektiver Rechtsverstoß gegeben ist.
c) Der geltend gemachte Anspruch richtet sich gegen den Störer oder Mitstörer. Dabei ist zu beachten, dass sich dieser Anspruch auch gegen den Geschäftsführer einer juristischen Person – maßgeblich der GmbH oder einer vergleichbaren Rechtsform wie der Company Limited by Shares oder der Sociedad Limitada – richten kann, wobei Einzelheiten hinsichtlich der Zurechenbarkeit allerdings umstritten sind.
Handlungen von Arbeitnehmern oder freien Mitarbeitern werden dem betreffenden Unternehmen nach § 14 Abs.7 MarkenG zugerechnet, so dass ein Rückzug auf die Exkulpationsmöglichkeiten des § 831 BGB hier versperrt sind (in Übereinstimmung mit § 8 Abs.2 UWG und § 100 UrhG).
2. Vernichtungs – und Herausgabeansprüche
Anders als nach § 98, 99 UrhG hat der Markeninhaber kein unmittelbares Herausgaberecht hinsichtlich der betreffenden Stücke an sich selbst, so sie noch vorhanden und nicht längst schon vor Zugang der Abmahnung veräußert wurden, wie dies häufig der Fall zu sein scheint. § 18 MarkenG gewährt indessen einen markenrechtlichen, vollständig verschuldensunabhängigen Vernichtungsanspruch im Falle von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen, der sich auf die Zerstörung betreffender Gegenstände richtet und insbesondere für die effektivere Bekämpfung von Produktpiraterie geschaffen wurde, mit Parallelvorschriften für andere Bereiche von Schutzrechtsverletzungen.
Er ist allerdings im Einzelfall nicht durchsetzbar, wenn anderweitige Beseitigungsmöglichkeiten bestehen und die geforderte Vernichtung unverhältnismäßig sein sollte. Letztere Frage spielt insbesondere bei der Vernichtung von parallelimportierter Originalware aus dem Ausland eine Rolle. Hier kann die gerichtliche Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 147 Abs.3 S.2 MarkenG im Einzelfall ausreichen.
Da dem Anspruchsteller kein Herausgabeanspruch zusteht, stellt sich hier ein Kontrollproblem. Der Problematik des Verschwindens von Waren kann durch eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe zur Vernichtung nebst Durchsuchungsrecht des Gerichtsvollziehers – die völlig unabhängig von der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches ist – begegnet werden, die sich vorab auf die Herausgabe an einen Gerichtsvollzieher als Sequester richtet, sofern nicht amtliche Verwahrung vorzugswürdig erscheint. Hier bestehen allerdings hohe Anforderungen an die Schlüssigkeit und Glaubhaftmachung des Vorbringens zum Verfügungsanspruch.
3. Auskunftsansprüche
Die Auskunftsansprüche der §§ 19 MarkenG, 242 BGB finden im Bereich der Marken- und Produktpiraterie umfassende Anwendung. Der spezielle – vollständig verschuldensunabhängige – Auskunftsanspruch des § 19 Abs.1 MarkenG richtet sich auf Aufdeckung von Herkunft und Vertriebsweg widerrechtlich gekennzeichneter Ware. Er ist auch auf Fälle des Parallelimports anwendbar.
Er gilt überdies für IR-Marken mit Erstreckung auf Deutschland und über §§ 98 Abs. 2, 125 b Nr. 2 MarkenG auch für Gemeinschaftsmarken. Er kann nach § 19 Abs. 3 MarkenG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden und mit der entsprechenden Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches bei Nichtunterwerfung verbunden werden. Der Anspruch richtet sich gemäß § 19 Abs. 2 MarkenG auf eine Wissenserklärung, die gegebenenfalls auch durch die negative Erklärung, den Hersteller und weitere Vorbesitzer nicht zu kennen, erfüllt werden kann. Die Auskunft ist allerdings unter eingehender Analyse vorhandener Geschäftsunterlagen vollständig vorzunehmen.
Zwar kann dieser Auskunftsanspruch im Einzelfall auch eine Pflicht begründen, verbliebene Zweifel durch Nachfrage bei in Betracht kommenden Lieferanten aufzuklären, doch umfasst der Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht auch die Verpflichtung des Auskunftsschuldners Nachforschungen bei Dritten vorzunehmen, um unbekannte Vorlieferanten und den Hersteller erst noch zu ermitteln, da dies mit der Rechtsnatur der Auskunft als Wissenserklärung und dem Erfordernis, die Drittauskunft nach § 19 MarkenG unverzüglich zu erteilen, nicht zu vereinbaren wäre.
Vom Umfang des Anspruches erfasst ist auch die Pflicht, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferscheine und sonstige Belege vorzulegen. Der Auskunftsschuldner ist daher nach § 19 Abs. 2 MarkenG verpflichtet, die Namen der Lieferanten und gewerblichen Abnehmer zu offenbaren, so dass ein sonst entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse hinter einer wirksamen Bekämpfung von Schutzrechtsverletzungen zurückstehen muss, wobei unter Umständen Schwärzungen vorgenommen werden können.
Der Gläubiger erhält erst durch die Vorlage der Belege die Möglichkeit, die Verlässlichkeit einer Auskunft hinreichend zu überprüfen und sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht). Allerdings dürfte kein Anspruch auf Überlassung einer Liste der Endabnehmer bestehen, obwohl dies oftmals gefordert wird.
Davon zu unterscheiden ist ein auf die Bezifferbarkeit des Schadens gerichteter (ergänzender) Auskunftsanspruch aus § 242 BGB, der nach wie vor verschuldensabhängig ist. Da die Grenze zur leichten Fahrlässigkeit in diesen Fällen aufgrund bestehender Nachforschungspflichten auch bei nur leisen Anhaltspunkten schnell überschritten ist, kommt dem Verschuldenserfordernis hier keine übermäßig beschränkende Funktion zu. Diese Auskunft ist in der Regel erforderlich, um einen Schadensersatzanspruch überhaupt beziffern zu können. Maßgeblich sind insoweit die aufgewendeten Einkaufspreise und die erzielten Erlöse.
4. Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche
a) Der verschuldensabhängige Schadensersatzanspruch aus § 14 Abs.6 MarkenG richtet sich auf den Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens. Hersteller von Piraterieware handeln grundsätzlich vorsätzlich, da sie wenigstens mit bedingtem Vorsatz in fremde Rechte eingreifen. Insoweit sind dann auch regelmäßig strafrechtliche Verstöße gegen § 143 MarkenG gegeben. Hinsichtlich der Schuldform der Fahrlässigkeit gemäß § 276 BGB werden auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes keine hohen Anforderungen gestellt.
Probleme bereitet in diesem Zusammenhang allerdings der Umstand, dass Fälschungen von Originalen streckenweise kaum zu unterscheiden sind und auch die Möglichkeit besteht, dass Vertriebskanäle außer Kontrolle geraten. Dies wird insbesondere markenrechtlichen Schadensersatzansprüchen oft unter dem Aspekt des mangelnden Verschuldens entgegensetzt.
Der Verweis auf eine Markenrecherche kommt insoweit nicht in Betracht, da ohnehin in der Regel gefälschte Kennzeichen verwendet werden, ohne dass die gefälschte Kennzeichnung ohne weiteres erkennbar ist. Sofern der Händler die Produkte im Rahmen einer Vertriebsschiene erworben hat, in deren Rahmen er mit dem Erwerb von Originalware rechnen konnte, dürfte ihm Fahrlässigkeit nur schwer zur Last zu legen sein. Insoweit kommt es elementar auf die sich aus der Auskunft ergebende Vertriebskette an.
Allerdings ist nicht zu verkennen, dass Einkäufer aufgrund der rasanten Entwicklung des Produktpirateriemarktes rechtlich verpflichtet sind, einer Authenizitätsprüfung hinreichende Aufmerksamkeit zu widmen. Insoweit bestehen nicht nur bei evidenten, sondern schon bei sachlich begründeten Zweifeln an der Echtheit der Ware Nachforschungspflichten.
Dies spitzt sich auf die Frage zu, wann solche Anhaltspunkte angenommen werden können. Der vom BGH bislang verwendete Negativkatalog ist recht großzügig, da weder der Erwerb außerhalb der Vertriebsschiene des Markeninhabers noch ein geringer Einkaufspreis Anlass zum Argwohn geben sollen. Diese weitgehend aus den 80er Jahren stammende Rechtsprechung könnte sich indessen bei passender Gelegenheit unter dem Eindruck gegenwärtiger Entwicklungen als Konkretisierung der aus § 276 BGB folgenden Sorgfaltspflichten ändern und verschärfen. Eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997 ließ eine deutliche schärfere Sichtweise erkennen. Da bei bestimmter Markenware bekannt sei, dass gewerbliche Schutzrechte bestehen, sei der Erwerber verpflichtet, bei dem Hersteller nachzufragen, insbesondere, wenn die betreffenden Produkte vom Vertrieb von Piraterieware intensiv betroffen sind.
Ein fehlendes Verschulden wird man letztlich nur in Fällen annehmen können, in denen eine Unterscheidung auch einem öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter schlicht nicht möglich ist und die Ware aus einer zweifelsfreien Distributionskette stammt. Diese tatsächliche Frage wird sich im Streitfall ohne Hinzuziehung von spezialisierten Gutachtern kaum klären lassen, so dass gerichtliche Auseinandersetzungen in diesem Bereich mit einem hohen Kostenrisiko verbunden sind. Es kommt aber letztlich auf die genauen Umstände des Einzelfalles an.
b) Berechnet wird der Schadensersatzanspruch trotz der Möglichkeit einer dreifachen Schadensberechnung aufgrund von Beweisschwierigkeiten insbesondere beim entgangenen Gewinn in der Regel auf der Basis einer entgangenen Lizenzgebühr, so dass maßgeblich ist, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung erzielt hätte, wenn beide die Sachlage gekannt hätten. Abzustellen ist insoweit auf den Bekanntheitsgrad und den guten Ruf der Marke, die gegebene Verwechselungsgefahr und die Produktähnlichkeit sowie insbesondere Art, Umfang und Intensität der Verletzungshandlung. Möglich ist sowohl eine Pauschallizenzgebühr als auch eine Stücklizenzgebühr.
Da der BGH bislang einen Verletzerzuschlag – der im Urheberrecht durchaus Anwendung findet – in diesem Bereich abgelehnt hat, kommt es im Einzelfall – etwa aufgrund der Bekanntheit der Marke – auf eine Erhöhung aufgrund der jeweiligen Umstände an, wenn das Bestehen eines Verletzervorteils im Vergleich zu einem rechtstreuen Lizenznehmer festgestellt werden kann. Hinzutreten können Zinsschäden und die Herausgabe des Verletzergewinns. Es kommt insoweit sehr auf die Umstände des Einzelfalles und die Effektivität des Schadensbegrenzungsmanagements an.
c) Nach Vorliegen eines „Anfangsverdachts“ – etwa aufgrund von Hinweisen von Verbrauchern - werden in der Regel Testkäufe getätigt, um die Ware von entsprechenden Abteilungen der Hersteller auf Authenzität überprüfen zu lassen, sofern die Fälschung – wie so oft – nicht sogar ohne weiteres evident ist (Beispiele gefälschter, hochwertiger Markenhandtaschen). Das von Ebay entwickelte VeRi-System wird in der Prozesspraxis wenig als Beweisgrundlage bemüht, aber praktisch zu Verifikationszwecken durchaus genutzt. Geschädigte müssen sich nicht auf die Nutzung dieses Programms verweisen lassen. Die Kosten für Testkäufe sind grundsätzlich ersatzfähig (Landgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 18.11.2004), sollten aber dennoch geprüft werden, soweit dies möglich ist.
Die Abwicklung eines Produktpirateriefalles ohne Einschaltung eines spezialisierten Rechtsanwaltes wird wegen der komplexen Bewertungssituation und der oftmals notwendigen und sinnvollen Vergleichsverhandlungen mit dem Ziel einer außergerichtlichen Streitbeilegung unter möglichst effektiver Schadensbegrenzung kaum gelingen. Testkaufkosten sind als Prozessvorbereitungskosten grundsätzlich erstattungsfähig.
d) Selbst wenn es am Verschulden fehlen sollte, steht dem Anspruchsinhaber indessen immer noch ein verschuldensunabhängiger Bereicherungsanspruch nach §§ 812 ff BGB zu, maßgeblich aus Eingriffskondiktion aufgrund der unbefugten Nutzung von Gebrauchs-, Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten eines Immaterialgüterrechts, die rechtlich allein dem Inhaber zustehen. Der Anspruchsteller wird diesen Anspruch insbesondere dann geltend machen, wenn dem Verletzer ein Verschulden nicht oder nur mit einem erheblichem Aufwand nachgewiesen werden kann.
Er richtet sich nach § 818 Abs.2 BGB auf Leistung von Wertersatz. Maßgeblich ist der objektive Verkehrswert des Erlangten, der regelmäßig in einer angemessenen und marktüblichen Lizenzgebühr besteht. Insofern besteht kein Unterschied zur Lizenzanalogie beim Schadensersatzanspruch. Ein Gewinn ist hingegen nach bislang herrschender Auffassung nicht herauszugeben. Die Bedeutung des grundsätzlich möglichen Einwands des Wegfalls der Bereicherung nach § 818 Abs.3 BGB dürfte angesichts der diesbezüglich in der Rechtsprechung entwickelten Schranken praktisch nur eine äußerst geringe Rolle spielen.
6. Zur Problematik der Parallel- und „Grauimporte“ Statt Piraterieware wird zunehmend im Grenzbeschlagnahmeverfahren – etwa nach § 146 MarkenG – Ware aufgegriffen, die zwar Originalware darstellt, jedoch Import- und Reimportbeschränkungen unterliegt. Wird Markenware etwa in den USA hergestellt und vertrieben, ist das Markenrecht für Europa nach § 24 Markenrecht und Art. 7 MRL im Regelfall nicht erschöpft. Eine solche Erschöpfung tritt nur ein, wenn die Markenware auch im Gebiet der EU oder des EWR mit Zustimmung des Herstellers in den Verkehr gebracht wurde. Einen Grundsatz der internationalen Erschöpfung gibt es im europäischen Markenrecht nicht mehr.
Diese äußerst schwierige Thematik kann hier nicht vertieft behandelt werden, doch soll wenigstens darauf hingewiesen werden, dass für die Inhaber der entsprechenden Schutzrechte auch und gerade gegen unzulässige Parallel- und „Grauimporte“ vorgegangen werden kann. Von „Grauimporten“ spricht man, wenn es sich um Ware handelt, die von weltweit operierenden Unternehmen parallel in mehrere Drittländer importiert wurden und zwar zu Preisen, zu denen sie in Europa aufgrund der Marktverhältnisse nicht hätten eingeführt werden können. Diese Ware wird im erheblichen Umfang unter Vernachlässigung der bestehenden Einfuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen in den EWR importiert. Im Einzelfall ist schwer feststellbar, woher die Ware kommt.
Soweit eine Erschöpfung nicht eingetreten ist, kann der Markeninhaber jedenfalls den Vertrieb der Ware unterbinden, so dass ihm die entsprechenden Ansprüche zustehen, wobei in Grenzbereichen noch Klärungsbedarf herrscht. Der Grenzbeschlagnahme – die ein kompliziertes Rechtsschutzverfahren aufweist, das hier vernachlässigt werden soll, s. § 147 MarkenG – folgt regelmäßig eine Abmahnung durch die Inhaber der Schutzrechte.
7. Abmahnkosten
Im Bereich der Produktpiraterie sind Gegenstandswerte von 50.000 bis 500.000 für den Unterlassungsanspruch im Rahmen des Üblichen, wobei der „durchschnittliche“ Gegenstandswert bei 200.000 Euro liegen dürfte und damit Grundlage der Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 12 Abs.2 UWG analog und §§ 677, 683, 670 BGB gemäß den Vorschriften des RVG ist. Dieser Kostenerstattungsanspruch beziffert die sog. „Abmahnkosten“, die nach VV 2400 (grds. Satz: 1,3 – 1,5), 7002 und 7008 RVG zu berechnen sind, soweit keine Besonderheiten hinzutreten. Bei nachfolgendem Gerichtsverfahren sind sie zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Maßgeblich ist im Ergebnis bei Durchführung eines Kostenerstattungsverfahrens die richterliche Streitwertfestsetzung, die von anwaltlichen Vorschlägen unabhängig erfolgt. Der Streitwert kann daher gegenüber der Festsetzung in der Abmahnung höher oder tiefer sein. Der Streitwert – insbesondere für den Unterlassungsanspruch – wird nach den Maßgaben des § 3 ZPO festgesetzt, wobei es maßgeblich auf das Interesse des Gläubigers. Es kommt dabei auf die Größe des Unternehmens des Anspruchsstellers, die Höhe des Umsatzes, die Bedeutung und Position des kennzeichenrechtlichen Störers im Markt, die Gefährlichkeit der Störung und den Gesichtspunkt der Prävention an. Zusätzlich können das Gewicht und die Bedeutung der Rechtsverletzung eine Rolle spielen, auch im Hinblick auf die damit verbundenen, wirtschaftlichen Beeinträchtigungen.
Auf den Umsatz des Störers kommt es hingegen grundsätzlich nicht an. Er kann jedoch ein Indiz für die Gefährlichkeit und Intensität der Störung abgegeben. Außergerichtlich lässt sich hier in einem realistischen Umfang verhandeln. Wer sich auf ein Gerichtsverfahren einlassen will, sollte das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche eingehend prüfen lassen, um ggf. eine außergerichtliche Lösung des Problems zu erzielen.
8. Rückgriffsansprüche unter Händlern
a) Wer Piraterieware geliefert bekommen hat, obwohl er Originalware erworben zu haben glaubt, hat grundsätzlich einen Rückgriffsanspruch gegen den Lieferanten aus §§ 435, 434, 437 BGB. Anders verhält es sich allerdings, wenn beide Parteien wussten, dass es sich um Piraterieware handelt. Ein Vertrag über Piraterieware ist nichtig, wenn beide Vertragsparteien ein Geschäft mit dieser Ware bezwecken. Selbst ein Bereicherungsanspruch gegen den Lieferanten scheidet dann richtigerweise nach § 817 S.2 BGB aus.
Ist – was nur ausnahmsweise der Fall sein dürfte – nur dem Käufer bewusst, dass es sich um Piraterieware handelt, ist dem gutgläubigen Verkäufer der Vertriebsweg und die Quelle der Ware aber in einer Weise vorgegeben, dass er einen geschlossenen Vertrag gar nicht ohne Piraterieware erfüllen kann, so führt auch der einseitige Gesetzesverstoß des Käufers zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 817 S.1 (OLG Bremen - Urteil vom 13.04.1995 - 2 U 150/1994).
b) Ein als „Gutgläubiger“ auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz in Anspruch Genommener kann grundsätzlich vom Lieferanten alles ersetzt verlangen, was er selbst aufwenden musste. Da dieser Anspruch verschuldensunabhängig ist, kann sich dieser Ablauf letztlich in der gesamten Vertriebskette abspielen. Dazu zählen auch die notwendigen Kosten einer berechtigten Abmahnung unter Einschluss der Anwaltskosten.
Allerdings sind bestehende Schadensminderungspflichten nicht zu vernachlässigen. Wer auf eine berechtigte Abmahnung nicht reagiert und ein gerichtliches Verfahren ohne Gewinnaussichten in Kauf nimmt, kann die über die Abmahnung hinausgehenden Kosten grundsätzlich nicht erstattet verlangen. Es empfiehlt sich, unmittelbar nach Zugang der Abmahnung den Lieferanten zur Freistellung aufzufordern. Kommt es zu einem Rechtsstreit, sollte dem Rechteinhaber der Streit verkündet werden. In diesem Rahmen ist der Rechteinhaber aufzufordern, dem Rechtsstreit auf Seiten des Rückgriffsgläubigers beizutreten. Das Urteil wirkt dann auch für und gegen den Rechteinhaber. Indessen scheinen derartige Rückgriffsprozesse praktisch recht selten zu sein.
V. Zur Endabnehmerproblematik
1. Endverbraucher setzen sich zwar grundsätzlich den skizzierten Ansprüchen aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht aus, gehen indessen dennoch Risiken ein, auf die wenigstens kurz eingegangen werden soll. Zum einen laufen sie Gefahr, dass der Zoll Ware beschlagnahmt, die sie bestellt haben. Dies kann auch bei Inlandsbestellungen der Fall sein, wenn die Ware aus dem Ausland geliefert wird. Der Zoll vernichtet solche Ware nach bestandskräftiger Beschlagnahmeverfügung in der Regel. Der Rückzahlungsanspruch gegen den Lieferanten ist oftmals wenig wert.
Richtigerweise hat der Enderwerber solcher Ware Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer, da er etwas anderes erworben als bestellt hat. Wer feststellt, dass er Plagiate statt bestellter Markenware erworben hat, kann daher grundsätzlich nach §§ 434, 435, 437 BGB (grds. nach Fristsetzung) vom Vertrag zurücktreten oder geeignete alternative Rechte wie die Kaufpreisminderung in Anspruch nehmen. Hier stehen noch einige Fragen zur Klärung offen, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit eines wirksamen Gewährleistungsausschlusses unter „Privaten“ (s. etwa das fragwürdige Tettnanger Urteil. Das Vorliegen einer Arglist dürfte der Endabnehmer nur schwer beweisen können.
2. Strafanzeigen und Bußgelder können allerdings auch beim Endabnehmer die Folge sein, sofern es sich nicht definitiv um Eigenverbrauch handelt, was bei einem Warenwert von über 175 Euro nicht angenommen wird. Mitunter lässt sich nachverfolgen, dass Piraterieware bewusst und in Kenntnis dieses Umstandes erworben wurde, sodass strafrechtliche Sanktionen möglich sind.
Besonders gefährlich wird es, wenn versucht wird, die „heiße Ware“ bei Ebay zu „verticken“, um sie los zu werden und doch noch Geld dafür zu erhalten, da sich der Anbieter dann wiederum selbst Ansprüchen der Hersteller aussetzt, zumal wie erwähnt die Schwelle zum Handeln im geschäftlichen Verkehr schnell überschritten ist und daneben noch zivilrechtliche Ansprüche aus §§ 823, 1004 BGB geltend gemacht werden können. Die gutgläubig geerbte Fälschung landet dann nach einem Ebay-Verkauf auch schon mal beim Markeninhaber via Testkauf. Angesichts der drohenden Kostenlast kann dies durchaus zur materiellen Existenzgefährdung führen.
VI. Ausblick
Handel mit und der Erwerb von Piraterieware im Netz ist riskant. Ist der Befund eindeutig, so ist insbesondere der markenrechtliche Unterlassungsanspruch in der Regel gegeben, so dass auch die Kostenlast zu dessen Durchsetzung getragen werden muss. Dies gilt der Regel auch für Auskunfts-, Schadensersatz und Bereicherungsansprüche. Beim Schadensersatzanspruch kann im Einzelfall mangelndes Verschulden bei Unkenntnis des Vertriebs von Piraterieware in Betracht kommen, wobei dann aber noch die Möglichkeit einer eingeschränkteren Inanspruchnahme aus Bereicherungsrecht in Betracht kommt. Letztlich ist der in Anspruch Genommene maßgeblich auf einen Rückgriffsanspruch auf seinen Lieferanten verwiesen, von dem (zu) wenig Gebrauch gemacht wird, der aber bei zweifelhaften Quellen ohnehin ins Leere gehen kann.
Unter diesen Umständen sollte vom Vertrieb von Piraterieware abgesehen werden, gerade auch durch „Private“. Im Zweifel sollte die Echtheit nach Möglichkeit verifiziert werden. Wer seine Vertriebskanäle als Händler nicht vollständig kontrollieren kann, sollte sich durch Kontrollmaßnahmen soweit wie möglich absichern und sich die Echtheit wenigstens zusichern lassen.
Es ist damit zu rechnen, dass der Druck auf Händler und private Gelegenheitsanbieter beim Vertrieb von Piraterieware im Verlauf des Jahres 2005 noch verstärkt wird, indem weitere Hersteller von Markenware sich zum Vorgehen gegen derartige Anbieter entschließen. Wird einmal erworbene Piraterieware von Endabnehmern wieder im Handel angeboten, geraten auch diese in Gefahren, wobei die Möglichkeiten einer Abwehr vom Einzelfall abhängen. Wer sich hier auf das Motto verlässt „Es ist ja immer gut gegangen“, dürfte früher oder später Nachteile zu verzeichnen haben. Weder Ausreden noch der vage hoffende Blick auf den Gesetzgeber hinsichtlich Privilegierungen für Kleinanbieter dürften am massiven und weltweiten Vorgehen gegen Produktpiraterie etwas ändern. Was jeweils zu tun ist, um einen eingetretenen Schaden effektiv zu begrenzen, ist eine Frage des Einzelfalles.