Maskentanz und Rüpelspiel

Deutschland bietet ein tristes Bild nach einem Jahr Corona. Der Blick auf jüngste Meldungen bestätigt die Notwendigkeit, unseren Politikern auf die Finger zu gucken

Der Medienkonzern Burda ist im Gesundheitssektor breit vernetzt und handelt auch mit Masken. Eine halbe Million Stück gingen ans Gesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU). Der Berliner Lobbyist von Burda ist Spahns Ehemann Daniel Funke. Da kamen erneut Fragen auf. Telepolis geht im Folgenden einigen Fragen nach. Aber zuerst eine zeitliche Einordnung vom Maskentanz und Rüpelspiel, wie es Max Weber in einem Brief am 15.11.1918 mit Bezug auf das Schicksalsjahr der Spanischen Grippe formulierte.

April 2020: Kaum Erkenntnisse, keine Masken

Im Frühjahr des Vorjahres – am 11. März 2020 erklärte die WHO die bisherige Epidemie offiziell zu einer weltweiten Pandemie – redeten manche Corona noch klein. Jedoch wuchs die Erkenntnis, dass man ein Monstrum vor sich hatte und nicht auf die Begegnung vorbereitet war. Die Virulenz des Erregers und die Letalität der Erkrankung waren nicht mehr von der Hand zu weisen.

Lungenärzte, Virologen und Politiker langten zum Hilfsmittel Nummer eins: zur Maske, geschuldet dem Schulbuchwissen, dass die gefahrenträchtigen Tröpfchen einen Durchmesser zwischen fünf und fünfhunderttausendstel Millimeter haben; Aerosole zwischen 0,01 Tausendstel und fünftausendstel Millimeter klein sind, und sich besonders lange in der Luft halten.

Das Problem in der Anfangsphase der Pandemie: Ohne Masken null Gegenwehr gegen die erkannte und absolut konkrete Alltagsgefahr. Diese Gefahr betraf mit der Wucht eines Tsunamis plötzlich und unvorbereitet jeden, Klein und Groß, Alt und Jung, Politiker und Stimmvolk. Die Politik hätte vorbereitet sein können, darüber wurde auch auf Telepolis schon geschrieben.

Stattdessen: Hektisches Getue, planloses Geschacher, Panikkäufe beinahe um jeden Preis, statt Bewältigungsstrategie: Krämergeist. Und nebenbei für einige: Die Gelegenheit für ein Geschäft? Hinter den Kulissen formierten sich zu dem Zeitpunkt bereits Interessenkoalitionen.

Zwischenruf, der auch als Kommentar gelesen werden kann

Erstaunlich, die Aktivitäten einiger Akteure! Hier ist nicht nur die Skandalpresse gefordert, es geht im Ernst um mehr. Es kommen waghalsige Manöver ans Licht. Gestandene Leute geraten ins Wanken. Stützen der Gesellschaft fallen einfach um. Parteien sind plötzlich auf der Suche nach Impfstoffen gegen diese Art von Seuche, eine Seuche namens Gier. Gier zusammen mit Filz, einem Netzwerk ziemlich bester Freunde, es wird sichtbar ein Knäuel aus Gegenseitigkeit und Händeschütteln, eine Dornenhecke, die nach innen dicht ist und die das Volk nach außen auf Abstand hält.

Es sind die Merkmale einer verkommenen Politik, einer Krise der öffentlichen Moral, wir reden von den Eskapaden einer Kaste, die sich für privilegiert hält und die sich selbst bedient. Und dies gern und fix tut in einer Krise, in der es - so raunen die Oberen bei passender Gelegenheit - um Leben und Tod geht.

Ein Rüpelspiel.

Freundlicher Beistand und eine Maskenübergabe in Shangai

Damit kommen wir zu Burda; eigentlich ein Medienunternehmen. Hier, in diesem Artikel, wird nichts einfach nur behauptet, es gibt keine Schuldzuweisung. Im Folgenden geht es um Aufklärung, um Information. Berechtigte Fragen werden angeschnitten und aufgeworfen.

Im April 2020, kurz nach Ausrufung der pandemischen Lage, hatte der Vorstand der Hubert Burda Media dem Bundesgesundheitsministerium angeboten, bei der Maskenbeschaffung zu helfen. Der Spiegel machte in einem Bericht vor einigen Tagen Daniel Funke, den Ehepartner von Gesundheitsminister Jens Spahn, "versehentlich" sogar zum Inhaber von Burda: "Firma von Spahns Ehemann verkaufte Masken ans Gesundheitsministerium."

Im Wesentlichen: Das Magazin greift das Thema Maske und Maskenbeschaffung auf, vergaloppiert sich beim Titel, das zeitigt die üblichen Folgen, auf Twitter landet ein Screenshot und der Spiegel ändert die irreführende Überschrift. Tut nicht viel zur Sache.

In der Sache geht es darum, dass die Burda GmbH einen Vertrag mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) über die Lieferung von 570.000 Schutzmasken abgeschlossen hatte. Bei Burda erklärte Sprecher Phillip Wolff, sein Unternehmen habe "keinen Cent" an dem Vertrag mit dem BMG verdient.

Es wurden 570.000 Schutzmasken des Typs KN95 zum Preis von 1,736 US-Dollar bestellt und geliefert, das Gesamtvolumen belief sich damit auf 989.520 US-Dollar, rund 840.000 Euro. Insgesamt steht eine (unwidersprochene) Geldsumme für den Deal von knapp 909.000 Euro im Raum, die gezahlt worden sein sollen.

Hubert Burda Media hat die Kosten für die Masken nach eigenem Bekunden eins zu eins weitergereicht. Die Masken wurden dem Bundesgesundheitsministerium am 17. April 2020 in Shanghai übergeben, weiß der Focus zu berichten, der zum Burda-Imperium gehört.

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