Medien-Blackout: Wie die USA eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan herstellen
- Medien-Blackout: Wie die USA eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan herstellen
- Kein Grund zur Empörung: Die US-Regierung klaut den hungernden Afghan:innen Milliarden
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Mediensplitter (5): US-Regierung hat sieben Milliarden Dollar der afghanischen Zentralbank eingefroren, während Afghan:innen verhungern. Die Medien reagieren mit Wegschauen und gezielten Halbwahrheiten.
Ende letzter Woche konnte man folgende Schlagzeilen auch in deutschen Medien lesen: "Weitere US-Millionen für Afghanen" oder "USA stellen 327 Millionen US-Dollar Hilfe für Afghanistan bereit".
In den Artikeln erfährt man, dass die USA seit der Machtübernahme der Taliban 1,1 Milliarden US-Dollar für humanitäre Hilfe in der Region bereitgestellt haben. Die Tageszeitung Die Welt vermeldet zudem:
US-Außenminister Antony Blinken forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich ihrerseits an Zusagen zu halten und die Menschen in Afghanistan zu unterstützen. Die USA bemühen sich, ihre Unterstützung über Hilfsorganisationen direkt dem afghanischen Volk zukommen zu lassen – also vorbei an der Regierung der Taliban, die sie nicht anerkennen.
Die Botschaft hinter der Meldung ist unmissverständlich: Die USA gehen voran, um die Menschen in Afghanistan, die unter der Herrschaft der Taliban leiden, unter die Arme zu greifen. Andere Länder sollten ihrem Vorbild folgen.
Das ist jedoch eine grobe Verzerrung der Realität. Denn die US-Administration ist tatsächlich mitverantwortlich dafür, dass Afghanistan seit dem Abzug der Truppen in eine humanitäre Krise, wenn nicht Katastrophe gerutscht ist, über die aber wenig in westlichen Medien berichtet wird.
Denn die Vereinigten Staaten halten seit über einem Jahr Rücklagen der afghanischen Zentralbank in Höhe von sieben Milliarden Dollar, die bei der US-Notenbank liegen, zurück. Die Biden-Administration hat diese Gelder eingefroren, während die Menschen in Afghanistan leiden.
Seit dem Abzug der US-Truppen warnen die Vereinten Nationen davor, dass 95 Prozent der Afghan:innen nicht genug zu essen bekommen. Sechs Millionen Menschen in Afghanistan sind von einer Hungersnot bedroht. Der Leiter der humanitären Hilfe der UN Martin Griffiths sagte Ende letzten Monats vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen:
Fast 19 Millionen Menschen sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, darunter sechs Millionen Menschen, die von einer Hungersnot bedroht sind. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung – etwa 24 Millionen Menschen – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Und schätzungsweise drei Millionen Kinder sind akut unterernährt. Darunter sind über eine Million Kinder, die an der schwersten, lebensbedrohlichen Form der Unterernährung leiden. Ohne spezielle Behandlung könnten diese Kinder sterben.
Doch die Biden-Regierung hat die Forderung, endlich die sieben Milliarden Dollar der afghanischen Zentralbank freizugeben, um die Afghan:innen mit Essen und Medikamenten zu versorgen, zurückgewiesen. Medea Benjamin, Mitbegründerin von Unfreeze Afghanistan sagt:
Das Geld gehört dem afghanischen Volk. Und die USA haben 365 Tage lang ihr Geld in einem New Yorker Tresor aufbewahrt, während die Afghanen Gras kochen, um zu essen, ihre Nieren verkaufen und zusehen, wie ihre Kinder verhungern.
Shah Mehrabi Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses der afghanischen Zentralbank, sagte gegenüber Democracy Now, dass die Rückgabe der Gelder notwendig sei, um die Preisstabilität wiederherzustellen, sodass die Menschen in Afghanistan wieder über Bargeld verfügen und sich die grundlegenden Dinge leisten können.
Die USA haben schließlich nach Monaten von empörten Forderungen von Wirtschaftswissenschaftlern und Menschenrechtsorganisationen jetzt angekündigt, die Hälfte des Geldes zur Einrichtung eines Fonds bei einer Schweizer Bank zu verwenden, um die kriselnde afghanische Wirtschaft zu stabilisieren. Das ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber es setzt den Diebstahl der Hälfte der afghanischen Gelder fort und behindert die wirtschaftliche Stabilisierung des Landes, da die Zentralbank weiter nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet ist.