Medikamente: China als Sündenbock
In Europa kommt es bei zahlreichen Medikamenten zu Lieferengpässen. Statt die Ursachen in der Struktur des Welthandels zu suchen, beschäftigt sich mancher kalter Krieger lieber mit abstrusen Schuldzuweisungen. Ein Kommentar.
In Deutschland werden die Medikamente knapp, wie unter anderem das Ärzteblatt berichtet. In Nordrhein-Westfalen sei inzwischen fast jedes zweite Rezept von einem Engpass betroffen.
Unter anderem fehlt es an Antibiotika, Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern und entsprechend machen sich vor allem ältere Menschen Sorgen, wie eine Umfrage ergeben hat, über die Die Zeit schreibt.
In den Nachbarländern sieht es nicht anders aus, wie neben anderen die Daily Mail aus Großbritannien, The Connexion aus Frankreich und die Plattform Euractive aus den Niederlanden berichten. Manche Apothekerinnen und mancher Apotheker besinnt sich da auf sein Studium und stellt zumindest einfachere Medikamente selbst her.
Und wer hat an all dem Schuld? Natürlich China. Das meint jedenfalls der Chef des tschechischen Geheimdienstes, Michal Koudelka, herausgefunden zu haben.
Die Pflege von Feindbildern
China würde die europäische Sicherheit und Stabilität auf vielfältige Weise bedrohen, nun auch auf dem Gebiet der Versorgung mit Medikamenten. "Wir können uns nicht vorstellen, was geschähe, würde China infolge einer internationalen Krise oder eines Konfliktes die Produktion von Medikamenten für Europa stoppen", wird Koudelka von Euractive zitiert.
Er hätte natürlich auch sagen können: Die globalen Lieferketten sind in manchen Fällen ein Problem, wie wir auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie gesehen haben. Außerdem sollten wir angesichts der Klimakrise die Treibhausgasemissionen aus dem weltumspannenden Handel reduzieren und mehr regionale Produkte konsumieren.
Aber als Geheimdienstchef ist man natürlich vor allem für die Pflege von Feindbildern zuständig, und darf sich dabei vor allem nicht von so Nebensächlichkeiten ablenken lassen, wie etwa der Tatsache, dass China immer wieder gegen Sanktionen aller Art argumentiert, also gegen das im Westen so beliebte, aber dem Welthandel nicht gerade förderliche Einsetzen von Wirtschaftsbeziehungen als Waffe.
Zuletzt findet sich diese Haltung in der am Dienstag in Beijing veröffentlichten Global Security Initiative der chinesischen Regierung.
Ansonsten hat China übrigens mit seinem raschen Wachstum in den vergangenen 25 Jahren wiederholt die Weltwirtschaft vor dem Abgleiten in schwere Wirtschaftskrisen bewahrt und damit auch manches zur Stabilität Westeuropas beigetragen, das Koudelka – wie auch mancher hiesige Politiker – offensichtlich gerne an der Seite der USA in Stellung gegen die Volksrepublik bringen möchte.
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