Migration aus Afghanistan: Die Mauer muss her!
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Während die Taliban Afghanistan überrannten und die Vorbereitungen auf ein Post-Konflikt-Szenario liefen, herrschte in Brüssel Realitätsverweigerung und Angst vor einer Fluchtwelle vor
Als Vertreter der 27 EU-Mitgliedsstaaten letztmalig Ende Juni über vorliegende Planungen der EU-Kommission zum Umgang mit Migranten und Vertrieben aus Afghanistan berieten, waren die Zeichen einer massiven Eskalation bereits unverkennbar.
Wenige Tage zuvor hatten die radikalislamischen Taliban erstmals die Hälfte der Bezirke des zentralasiatischen Landes erobert, die USA flogen eine letzte große Angriffswelle und Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu stimmte in Tadschikistan das Post-Konflikt-Szenario ab.
In Brüssel war von all dem wenig zu spüren. In gewohnter diplomatischer Bräsigkeit tauschten sich dort EU-Diplomaten über Gründe für Asylanträge und Migranten aus Afghanistan aus, wie aus internen Quellen hervorgeht, die die Berliner Zeitung und das Online-Magazin Telepolis ausgewertet haben.
Bestimmt war die Debatte zum einen von einem gehörigen Maß an Realitätsverweigerung: Der Taliban-Vormarsch spielte kaum eine Rolle. Zum anderen ergingen sich die Teilnehmer in Warnungen vor einer drohenden Flüchtlingswelle, die nun auch die Endphase des deutschen Bundestagswahlkampfes zu dominieren verspricht.
Deutschen EU-Unterhändlern war das schon früh klar. Denn lange bevor das Auswärtige Amt erste Evakuierungsflüge aus Kabul in Angriff nahm, wiesen sie intern auf eine notwendige verstärkte Sicherung der türkisch-iranischen Grenze hin.
In einer internen Stellungnahme unterstützten die deutschen EU-Diplomaten, stets weisungsgebunden, die Bereitstellung von Geldern "für das Migrations- und Grenzmanagement" im Rahmen der migrationspolitischen Kooperation mit der Türkei. "Der Migrationsdruck auf die Türkei wird wahrscheinlich zunehmen", fügten sie hinzu.
Türkei baut schon seit 2017 an Mauer zu Iran
Tatsächlich hat die Türkei entlang der Grenze zu Iran schon 2017 mit der Errichtung einer massiven Grenzsicherungsanlage aus tonnenschweren Betonblöcken begonnen. Deutschland und die EU wollen dieses Vorhaben nach dem Scheitern in Afghanistan verstärkt unterstützen.
Bei den Beratungen in Brüssel Ende Juli bewegte auch andere EU-Staaten eine mögliche Zunahme der Zahl von Menschen, die sich vor den Taliban in Sicherheit bringen wollen.
Afghanistan sei schon jetzt ein Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Österreich, merkten Wiener Diplomaten an: "Es ist daher unerlässlich, dass die EU ihre Bemühungen in Afghanistan und den Nachbarländern im Bereich der Migrationspartnerschaft umfassend und deutlich verstärkt." Dafür solle auch der erst im Juni mit knapp 80 Millionen Euro geschaffene Kooperationsfonds NDICI herangezogen werden.
Belgien indes bestätigte, dass man in den vergangenen Jahren humanitäre Programme in Afghanistan und der Region finanziert habe: "Doch das ist keinesfalls als Verpflichtung für ein künftiges Engagement zu verstehen."
Wenig überraschend plädierten ungarische Diplomaten im internen Austausch, für eine harte Linie gegenüber Flüchtlingen aus Afghanistan. Dafür sei das Konzept von "Rückführung, Wiederaufnahme und Wiedereingliederung in Afghanistan" unabdingbar.
Ungarn sieht demnach sogar Abkommen mit Nachbarstaaten kritisch, sofern sie zu einem Anstieg der Aufnahmezahlen in der EU führen. Man könne nicht damit einverstanden sein, "wenn legale Migration als Verhandlungsmasse für eine bessere Zusammenarbeit mit Drittländern betrachtet wird".
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