Milizen und Pogrome: Wie kommt es zur Welle rassistischer Gewalt in Griechenland und Zypern?

Grüne Grenze in Zypern: Ins Land kommen viele Flüchtlinge. Bild: Josephine Dorado, CC BY-NC-SA 2.0

Regierung in Athen nutzt Übergriffe zur Ablenkung vor eigenen Defiziten. Hemmungen in Politik und Medien gefallen. Ist Zypern noch ein sicheres Reiseland?

In Griechenland machen selbst ernannte Bürgerwehren Jagd auf Flüchtlinge, während um sie herum die Brände wüten. Auf Zypern kommt es wie in Limassol zu regelrechten Pogromen gegen alle, die rechtsextremen Schlägern zu fremd erscheinen. Die Politik macht dabei keine gute Figur, wenn sie nicht selbst zum Schüren des Hasses beiträgt.

Die Flüchtlingszahlen steigen, melden die griechischen Behörden, und die Politik bringt die jüngsten Waldbrände in der Evros-Region an der Landgrenze zur Türkei mit den auch dort verlaufenden Flüchtlingsrouten in Verbindung. Auch um die eigene Unfähigkeit, die Brände innerhalb von 16 Tagen zu löschen, zu kaschieren, schob selbst Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Parlament die Schuld auf die Flüchtlinge.

Konkret sagte Mitsotakis am 31. August, es sei "fast sicher", dass die Brände "von Menschenhand gelegt wurden", und zwar "entlang der Fluchtrouten illegaler Einwanderer".

Dass dies von den selbst ernannten "Bürgerwehren" ausgenutzt wird, muss ihm bewusst gewesen sein, denn in derselben Rede sprach er die paramilitärischen Strukturen an, die sich anmaßten, im Grenzgebiet und entlang der Fluchtrouten Polizeiaufgaben anstelle der Staatsgewalt wahrzunehmen.

Einige Mitglieder einer solchen Gruppe wurden nach ihrer Festnahme, dem Haftprüfungstermin und der Anklageerhebung in Untersuchungshaft genommen. Sie hatten während der Brände in der Evros-Region und während der Löscharbeiten durch Feuerwehr und freiwillige Helfer regelrecht Jagd auf Flüchtlinge gemacht.

Sie wurden auf frischer Tat ertappt, nachdem sie über soziale Medien mit entsprechendem Videomaterial und klar erkennbaren Gesichtern und Autokennzeichen verkündet hatten, dass sie Flüchtlinge in einem kleinen Anhänger eingesperrt hätten und auf der Suche nach weiteren Flüchtlingen seien.

Unterstützt wurden sie zumindest durch öffentliche Solidaritätsaufrufe vor und nach der Festnahme von Politikern der rechtsextremen Partei "Griechische Lösung".

Als Motiv gaben sie die Verschwörungstheorie an, wonach die Brände von den Geflüchteten gelegt würden, damit die Fluchtroute sich vom Wald zum freien Feld verwandeln solle. Dass gerade der Wald den Flüchtlingen Schutz vor den patrouillierenden offiziellen Grenzern bot, passte nicht in diese Geschichte.

Dennoch erstatteten die drei Strafanzeige gegen ihre Opfer und beschuldigten die insgesamt dreizehn in dem kleinen Anhänger eingesperrten Flüchtlinge der Brandstiftung. Auch die Flüchtlinge kamen zunächst in Haft, wurden aber wieder freigelassen, nachdem klar war, dass sie mit den Bränden nichts zu tun hatten.

Nach dem Löschen wurden 26 Leichen, vermutlich von Flüchtlingen, in dem verbrannten Waldgebiet gefunden. Für den Migrationsminister Dimitrios Kairidis war dies Anlass, in einer Erklärung des Ministeriums den Toten eine Mitschuld an ihrem Schicksal zu geben.

Eine Nachrichtensprecherin des staatlichen Senders ERT News betonte unterdessen, es sei gut, dass "nur Migranten" als Tote gefunden worden seien. Später entschuldigte sie sich für diese Wortwahl.

Wie sehr die Regierung den öffentlichen Diskurs in Richtung rechtsextremer Rhetorik verschoben hat, zeigt ein Kommentar von Paschos Mandravelis in der nationalliberalen Kathimerini. Die Kathimerini ist das mediale Flaggschiff der bürgerlichen Rechten und steht traditionell loyal hinter der regierenden Nea Dimokratia.

Mandravelis, einer der profiliertesten Leitartikler der Zeitung, kommt angesichts der Rede von Mitsotakis im Parlament zu dem Schluss: "Die Rede von Mitsotakis im Parlament ist ein weiterer Einschnitt in der Demokratie und im Rechtsstaat, vielleicht der schwerwiegendste nach der Wiederherstellung der Demokratie (1974), nach dem Referendum 2015 und der Abhöraffäre 2022."

Er sieht aber nicht nur den Premierminister in der Verantwortung, sondern die gesamte Regierungsmannschaft. Bemerkt er doch in seinem Kommentar: "Schlimmer noch ist, dass während der Diskussion der Parteivorsitzenden die ganze schlechte Ansammlung rechts von der Nea Dimokratia, die Äußerungen von Ministern nutze, um rassistisches Gift zu versprühen."

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