Milizen und Pogrome: Wie kommt es zur Welle rassistischer Gewalt in Griechenland und Zypern?

Seite 2: Pogrom im zyprischen Limassol

Auch in Zypern eskaliert die Situation. Das Thema Einwanderung dominierte den jüngsten Präsidentschaftswahlkampf. Fremdenfeindliche und rassistische Rhetorik hat sich in der griechischsprachigen Inselrepublik tendenziell "normalisiert".

Verschwörungstheorien, die Migrationsströme als Plan Erdogans und Flüchtlinge und Migranten als "dritten Attila", also dritte türkische Invasion bezeichnen, wurden auch von offiziellen Mandatsträgern und Funktionären unterstützt.

Die rassistischen Parolen der rechtsextremen Elam-Partei, die bei ihrer Gründung direkt mit der griechischen neonazistischen "Goldenen Morgenröte" verbunden war, rückten immer mehr in die sogenannte politische Mitte. Zypern hat gemessen an der Einwohnerzahl die meisten Asylanträge in der EU, was unmittelbar mit der UN-bewachten Grünen Grenze zum türkisch besetzten Norden zu tun hat: Wer sie überwindet, ist in der EU.

Ende August kam es in der Gemeinde Chorakas bei Paphos zu ersten Übergriffen von Rechtsradikalen auf Migranten und Flüchtlinge. Dabei sollen Häuser, in denen Flüchtlinge leben, beschmiert worden sein.

Am 1. September kam es in Limassol zum bisherigen Höhepunkt, als organisierte Schlägerbanden wahllos jeden angriffen, der ihnen auf den ersten Blick nicht zyprisch erschien. Ursprünglich handelte es sich um eine Demonstration gegen Migranten, zu der die Elam aufgerufen hatte, an der aber auch Teile der linksnationalistischen Edek teilnahmen.

Unter den Opfern, die verprügelt und beraubt wurden, war auch der Präsident der Hafenbehörde, Antonis Stylianou. Mit Baseballschlägern und anderen Schlagwerkzeugen wurden Ladenbesitzer in dem überwiegend von Flüchtlingen und Migranten bewohnten Stadtteil von Limassol angegriffen.

Stylianou fragte auch nach dem Verhalten der Polizei und ihrem Einsatzplan. Die Ordnungshüter, die später zwölf der Gewalttäter festnahmen, griffen zunächst nicht ein. Sie ließen die Angreifer passiv gewähren, auch als Zyprer in Panik versuchten, die Angreifer mit den Worten "Wir sind Zyprer, schlagt uns nicht" von sich fernzuhalten.

Der beschädigte Verkaufsstand einer Frau aus Vietnam, Mutter von vier Kindern, die in Zypern lebt und arbeitet, wurde weltweit zum Medienthema. Die Rechtsradikalen warfen Molotowcocktails und schlugen alles kurz und klein.

Auch vor Touristen, deren Hautfarbe ihnen verdächtig vorkam, machten sie nicht halt. Zypriotische Medien berichteten von einem Touristen aus Kuwait, der nach dem Angriff ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Botschafter arabischer Länder beschwerten sich offiziell beim Generaldirektor des zyprischen Außenministeriums, Kyriakos Kouros. Die zyprische Regierung versucht nun, der besorgniserregenden Entwicklung entgegenzuwirken. Denn auch Industrie und Handel warnen. Sie sind auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen.

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