"Minderheit in der Mitte" als "stärkster Block"

Die Flagge von Zimbabwe

Der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring regt ein mehrheitsloses Kabinett aus CDU, SPD, Grünen und Liberalen an - letztere liegen bei derzeitigen Stand der Nachzählung nur noch eine einzige Wählerstimme über der Fünf-Prozent-Hürde

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Nachdem die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen am Sonntag ihre Mehrheit verlor, ohne dass sich eine neue Mehrheit ergab, gingen die meisten Beobachter in den Medien davon aus, dass der bisherige Regierungschef Bodo Ramelow auf die eine oder andere Weise mit einem Minderheitskabinett weiterregiert (vgl. Thüringen: Aussitzregierung mit heimlicher Oppositionsunterstützung?). Der örtliche CDU-Chef Mike Mohring hat nun im ZDF eine "zweite Minderheitsoption" ins Spiel gebracht: Eine schwarz-rot-gelb-grüne Zimbabwe-Minderheitsregierung aus CDU, SPD, Grünen und FDP.

So eine "Minderheit in der Mitte […] ohne die Ränder, ohne links und rechts" wäre dem Apoldaer zufolge "der stärkste Block". Dafür müssten sich die Fraktionen von SPD und Grünen allerdings darauf einigen, bei einer Neuwahl des Ministerpräsidenten im Erfurter Landtag nicht für Ramelow, sondern für einen anderen Kandidaten zu stimmen. Geht es danach, wer in der "Minderheit in der Mitte" die stärkste Fraktion stellt, wäre das Mohring selbst. Ihm würde dann im dritten Wahlgang eine einfache Mehrheit der Stimmen reichen. Verhindern könnten seine Wahl dann nur die Abgeordneten der AfD, wenn sie für Ramelow stimmen.

Tiefensee zurückhaltend

Bis er Sondierungsgespräche zur Bildung so eines Blocks aufnimmt will der bisherige Oppositionsführer aber noch abwarten, bis am 7. November das offizielle Endergebnis der Wahl bekannt gegeben wird. Bei der Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses lag die FDP nämlich nur fünf Wählerstimmen über der Fünf-Prozent-Hürde. Diese fünf Stimmen sind der Thüringer Allgemeinen Zeitung zufolge nach einer Korrektur des Ergebnisses im Weimarer Wahlkreis 32 auf eine einzige zusammengeschrumpft. Fällt auch sie weg, dann werden alle fünf FDP-Sitze im neunzigköpfigen Landtag an die anderen dort vertretenen Parteien verteilt.

SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee erteilte dem Thüringer CDU-Vorsitzenden aber bereits vor dem Beginn einer Zimbabwe-Minderheitssondierung öffentlich eine Abfuhr: Seiner Ansicht nach zeigt das Wahlergebnis vom Sonntag, dass den Thüringern Ramelow lieber ist als Mohring. Diese Sichtweise lässt freilich offen, was passieren würde, wenn Mohring auf den Posten des Ministerpräsidenten verzichtet und dieses Amt dem ehemaligen Bundesbauminister anbietet.

Brok bringt Söder als Kanzlerkandidaten ins Spiel

Bei der Bekanntgabe seines Plans erneuerte Mohring seine Zuweisung einer Mitverantwortung der Bundes-CDU für das schlechte Wahlergebnis, schränkte aber ein, er wolle jetzt keine Debatte über die Bundesspitze. Die hatte in den letzten Tagen Friedrich Merz ausgelöst.

An dieser Personaldebatte beteiligte sich inzwischen auch der vor der Europawahl abgesägte Ex-Langzeitabgeordnete Elmar Brok: Er sagte dem indirekt SPD-eigenen Redaktionsnetzwerk Deutschland, "einiges" spreche "dafür, dass die Kanzlerkandidatur so geregelt wird wie schon zweimal in der Geschichte der Union":

1979 hatte der damalige Bundesvorsitzende Helmut Kohl zugunsten von Franz Josef Strauß verzichtet. 2001 ließ Angela Merkel Edmund Stoiber den Vortritt. Ich bin davon überzeugt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer die Ruhe besitzt, eine ähnliche Entscheidung zu treffen, wenn die Zeit so weit ist. (Elmar Brok)

Beobachter interpretierten das einhellig als Kandidaturangebot an den derzeitigen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder, dessen Vorgänger Horst Seehofer sich auf die Seite Angela Merkels schlug und verlautbarte, er "teile die Kritik an ihr nicht".

Indirekt auf die Seite der Merkel-Kritiker schlug sich dagegen Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats. Er sagte der Tageszeitung Die Welt nach der sehr panegyrischen Abschiedsrede, die die Kanzlerin dem scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi gehalten hatte, man könne die "gewaltigen Risiken und Nebenwirkungen der Null- und Negativzins-Politik" und die "hohe gesellschaftliche Relevanz der fragwürdigen geldpolitischen Hyperaktivität" nicht "einfach übergehen".

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