Mit Valneva ein traditioneller Covid-19-Impfstoff jetzt verfügbar

Seite 3: Zur Impfakzeptanz in der Bevölkerung

Seit Einführung der mRNA- und Vektor-basierten Impfstoffe wird diskutiert, inwiefern diese auf "neuen Technologien" basierenden Impfstoffe ein Grund dafür sind, sich nicht gegen Covid-19 impfen zu lassen.5

Mit dem Covid-19-Impfstoff Valneva ist seit Juni 2022 nun ein inaktivierter Ganzvirusimpfstoff, ein sogenannter "Totimpfstoff", zugelassen, der auf Technologien zurückgreift, die bereits seit langem bei anderen Impfstoffen angewendet werden.

Um abzuschätzen, inwiefern eine Impfempfehlung zu Covid-19-Impfstoff Valneva angenommen und möglicherweise zu einer Steigerung der Covid-19-Impfquoten führen wird, werden im Folgenden die verfügbaren Daten zur Wahrnehmung der Impfung mit Totimpfstoffen zusammengefasst.

Die Erfahrungen mit dem proteinbasierten Impfstoff Nuvaxovid haben gezeigt, dass auch die Verfügbarkeit dieses traditionellen Impfstoffs die Impfbereitschaft nicht wesentlich verbessert hat.

Zwar hatten in einer Forsa-Befragung Ende 2021 die Hälfte der befragten Ungeimpften angegeben, eine Zulassung von traditionellen Impfstoffen, wie z. B. proteinbasierte Impfstoffe oder inaktivierte Ganzvirusimpfstoffe, sei das Einzige, was ihre Impfbereitschaft noch relevant steigern würde, jedoch wurden diese Daten zu einem Zeitpunkt erhoben, als ein solcher Impfstoff noch nicht verfügbar war.

Dem gegenüber standen die Ergebnisse der Cosmo-Studie, die zeigten, dass die Impfbereitschaft erheblich geringer war, wenn die Entscheidung über eine Impfung mit einem traditionellen Impfstoff kurz bevorstand, als wenn sie noch 6 Monate in der Zukunft lag.

Auch die Covimo-Erhebung im Januar 2022 stellte fest, dass der Anteil impfbereiter Personen für Nuvaxovid nicht größer ist als für die mRNA- oder Vektor-basierten Impfstoffe. Einzig der Anteil unentschlossener Personen war bei Nuvaxovid größer. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass diese eine Impfung mit dem Impfstoff Nuvaxovid ohne Weiteres in Anspruch nehmen. So verzeichnete das Digitale Impfquotenmonitoring bis zum September 2022 erst 141.000 verimpfte Dosen Nuvaxovid.

Eine Umfrage von Ipsos zu Covid-19-Impfstoff Valneva – vor Zulassung des Impfstoffs – gibt ebenfalls keinen Anhalt dafür, dass sich die Impfbereitschaft durch diesen Impfstoff wesentlich steigern lässt (Erhebung April-Mai 2022). Die Daten zeigten, dass die Zulassung und Empfehlung von Valneva einen kleinen Effekt auf die Impfbereitschaft zur Auffrischimpfung haben könnte, die Impfbereitschaft bei Ungeimpften bleibt jedoch unverändert.

Die bisherigen Erkenntnisse lassen daher zumindest fraglich erscheinen, ob die Zulassung und Empfehlung traditioneller Impfstoffe wie Valneva eine große Auswirkung auf die Impfbereitschaft von ungeimpften Personen haben wird.

Fazit und Impfempfehlungen

Alternativ zu den bereits empfohlenen Covid-19-Impfstoffen empfiehlt die Stiko zur Grundimmunisierung gegen Covid-19 den Covid-19-Impfstoff Valneva für Personen von 18 bis 50 Jahren mit zwei Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 4 Wochen.

Die Anwendung von Valneva während der Schwangerschaft und Stillzeit wird aufgrund fehlender Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen.

Eine Impfung mit Valneva in der Schwangerschaft und Stillzeit kann jedoch in Einzelfällen erwogen werden, wenn bei einer Schwangeren oder Stillenden eine produktspezifische, medizinische Kontraindikation gegenüber den weiteren verfügbaren Covid-19-Impfstoffen besteht. Eine akzidentelle Impfung in der Schwangerschaft ist keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch.

Des Weiteren empfiehlt die Stiko, den Covid-19-Valneva bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht anzuwenden, da der Impfstoff bisher für diese Altersgruppe aufgrund fehlender Daten nicht zugelassen ist.

Trotz einer derzeit limitierten Datenlage können immundefiziente Patientinnen und Patienten, die eine produktspezifische, medizinische Kontraindikation gegenüber Covid-19-Impfstoffen aufweisen oder die auf die bisher verfügbaren Impfstoffe keine messbare Immunantwort gegen Sars-Cov-2 entwickelt haben, mit dem Valneva geimpft werden.

Ungeimpfte Personen mit einer durchgemachten Sars-Cov-2-Infektion können eine Impfstoffdosis Valneva zur Vervollständigung der Grundimmunisierung erhalten.

Besteht nach Verabreichung der ersten Impfstoffdosis eines anderen Covid-19-Impfstoffs eine produktspezifische, medizinische Kontraindikation gegen eine Fortführung der Impfserie, kann die Grundimmunisierung mit Valneva vervollständigt werden.

Die Auffrischimpfung nach einer Grundimmunisierung mit Valneva soll mit einem dafür zugelassenen Impfstoff erfolgen. Dafür ist Valneva bisher nicht zugelassen.

Bezüglich der Verabreichung von anderen Tot- und Lebendimpfstoffen wird ein Abstand von 14 Tagen vor und nach der Covid-19-Impfstoff Valneva-Applikation empfohlen.

Schlussfolgerungen

1. Für bisher ungeimpfte Personen im Alter von 18 bis 50 Jahren steht für die Grundimmunisierung als Alternative zu den genetischen (genbasierten) Covid-19-Impfstoffen seit einigen Wochen der traditionell hergestellte inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff Valneva, ein sogenannter Totimpfstoff, zur Verfügung.

2. Die Anwendung dieses Vakzins ist vor allem bei bisher ungeimpften Personen aus dieser Altersgruppe angezeigt, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19, auch im Falle einer Ansteckung mit einer Omikron-Variante, aufweisen. Dazu gehören Patientinnen und Patienten mit chronischen Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten, Diabetes mellitus oder Adipositas, Tumorerkrankungen und unter einer Therapie mit Immunsuppressiva.

3. Da wegen fehlender Daten für Personen im Alter von über 50 Jahren die Anwendung von Valneva derzeit nur in Ausnahmefällen (siehe oben) empfohlen wird, kommt für diese älteren Personengruppen als Alternative zu den mRNA-Impfstoffen derzeit nur der proteinbasierte Impfstoff Nuvaxovid in Frage, der bei Personen von 18 Jahren und älter eingesetzt werden kann und ebenfalls nach einem seit Jahrzehnten bewährten Prinzip hergestellt wird, ohne dass es zu einer Häufung von schweren oder späten Impfkomplikationen gekommen ist.6

4. Für ältere bisher ungeimpfte Personen ab dem 50. bis 60. Lebensjahr mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, die einen genetischen (genbasierten) Impfstoff ablehnen, gibt es theoretisch traditionelle Impfstoffe, die weltweit milliardenfach verimpft werden, wie z. B. der chinesische Impfstoff Coronavac. Dieser ist aber in der EU, höchst wahrscheinlich aus politischen Gründen, nicht zugelassen, obwohl seit Mai 2021 ein Antrag bei der EMA vorliegt.7

5. Wie wäre es, wenn jetzt als Reaktion auf die Zulassung des mRNA-Impfstoffes Comirnaty von Biontech-Pfizer in China auch bei uns das chinesische Vakzin Coronavac zugelassen würde?

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.