Monsantos Bt-Mais sicher wie eine traditionelle Maissorte

Für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist MON 810, der seit April in Deutschland nicht mehr angebaut werden darf, unbedenklich für Umwelt und als Lebensmittel

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Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte auch vor Gericht das vorläufige Anbauverbot für den genetisch veränderten Mais MON 810 des US-Konzerns Monsanto behaupten können. Es sei nicht auszuschließen, dass die Maissorte, die als einzige genveränderte Pflanze in der EU seit 1998 angebaut werden durfte, aber nun von sechs EU-Ländern verboten wurde, eine Gefahr für die Umwelt darstelle.

Der ehemalige Landwirtschaftsminister Horst Seehofer, der sich als bayerischer Ministerpräsident in einen strikten Gegner der Gentechnik verwandelt hat, hatte Ende 2005 den Anbau in Deutschland zugelassen (Grüne Gentechnik: Volle Kraft voraus?). MON 810 enthält das Cry1Ab-Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingebaut, das die Raupen des Maiszünslers töten soll, aber auch für andere Insekten gefährlich sein könnte. Versprochen wird, dass damit weniger Insektizide verwendet werden müsse, um den Mais vor dem Schädling zu schützen.

Jetzt aber hat, wie erwartet, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) der genetisch veränderten Maissorte nach 10 Jahren erneut eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für Umwelt und die Gesundheit des Menschen ausgestellt. Nach 10 Jahren läuft die Zulassung aus, dann muss die EFSA erneut prüfen. MON 810 sei so sicher wie jede andere traditionelle Maissorte für jeden Gebrauch, ist das Ergebnis der Prüfung. Überdies wird die Freigabe der ebenfalls von Monsanto stammenden Reissorte NK603 empfohlen, die ebenfalls das Bt-Gen enthält und zudem noch gegen das Totalherbizid “Roundup” (Glyphosat) resistent ist.

Monsanto freut sich natürlich über den Bescheid und erklärt, dass nun doch auch die EU-Kommission "verpflichtet" sei, die Freigabe der Maissorte in der ganzen EU, einschließlich Frankreich und Deutschland, durchzusetzen.

Die EFSA hat ihre Entscheidung vom 15. Juni zuerst dem Monsanto-Konzern zukommen lassen, der dann schnell eine Pressemeldung machen konnte, bevor sie am 30. Juni auf der eigenen Webseite veröffentlicht wurde. Für Benny Haerlin wirft dies ein bezeichnendes Licht auf die Behörde, der von Gegner der Gentechnik schon lange Einseitigkeit vorgehalten wird. Freund der Erde geißelten die Behörde: EFSA wieder im Bett mit Monsanto. Auch Greenpeace kritisiert die Entscheidung:

Die EFSA handelt fahrlässig. Sie ignoriert die ernsthaften Sicherheitsbedenken aller europäischen Mitgliedsstaaten, die den Gen-Mais zum Anbau verboten haben.

Gentechnikexpertin Stephanie Töwe von Greenpeace

Für die Gesundheit sind nach dem Gutachten der EFSA keine Gefährdungen zu erkennen. Das Cry1Ab-Protein zeige keine Homologie zu Proteinen, die für Menschen und überhaupt Säugetiere toxisch oder Allergene sind. Versuche hätten gezeigt, dass in Mägen das Protein schnell abgebaut werde. Da bei MON810 Vermehrung, Verbreitung und Überleben nicht verändert wurden, seien unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt nicht anders als bei herkömmlichen Maissorten. Die Wahrscheinlichkeit von negativen Folgen für andere Organismen als den Maiszünsler oder für die Ökologie seien "sehr niedrig". Ein Gentransfer zu Mikroorganismen sei sehr unwahrscheinlich. Sehr gering sei auch, dass andere Tiere, die Raupen fressen, in Mitleidenschaft gezogen werden, ebenso sei dies der Fall bei anderen Raupen, die Pollen vom Bt-Mais fressen. Auch für Honigbienen, Organismen im Boden oder im Wasser bestehe keine Gefahr. Problematisch könne es nur werden, wenn die Maiszünsler eine Resistenz ausbilden. Es würde aber ausreichen, ab einer Fläche von 5 Hektar mindestens 20% andere Maissorten anzubauen, wie das Monsanto vorschlägt, um eine Resistenzbildung zu minimieren.

Ob Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner weiterhin das Anbauverbot aufrechterhalten wird, ist fraglich. Die Grünen sind im Mai mit einem Antrag im Bundestag an CDU/CSU, SPD und FDP endgültig gescheitert, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais zu verbieten (Grüne scheitern im Bundestag mit Genmaisverbot). Einige EU-Umweltminister fordern, dass die Mitgliedsstaaten der EU selbst entscheiden darüber entscheiden können sollen, ob sie den Anbau von in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen genehmigen. Auf der Tagung der EU-Umweltminister in Luxemburg Ende Juni wurde darüber diskutiert, aber nichts entschieden.

Aigner hat nun angekündigt, eine einheitliche Kennzeichnung für gentechnikfreie Produkte "Ohne Gentechnik" einzuführen. Die FDP kritisiert allerdings zu Recht, da die Ausnahmen tatsächlich den Käufer täuschen könnten:

Die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung ist und bleibt eine Verbrauchertäuschung. Denn Enzyme, Nahrungs- und Futtermittelzusätze, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden, sowie der nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegende Anteil von bis zu 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Pflanzenbestandteile im Futter sind bei der „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung erlaubt.