Moskau-Connection: China testet größeren Konflikt mit dem Westen aus
Seite 2: Warum unterstützt China Russland?
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Warum also ist China so sehr an der Unterstützung Russlands interessiert, während es sich weigert, es offen zuzugeben?
In Beijing geht man zweifellos davon aus, dass je mehr und je länger sich der Westen auf die Ukraine konzentriert, desto weniger Ressourcen können die westlichen Staaten für Taiwan und den asiatisch-pazifischen Raum bereitstellen. Eine Verlängerung des Konflikts würde auch Russland schwächen, ein Land, das in einigen nationalistischen Kreisen Chinas immer noch als Konkurrent angesehen wird, der sich im 19. Jahrhundert zu Unrecht chinesisches Territorium angeeignet habe.
Dennoch ist es für China insgesamt deutlich besser, wenn der Konflikt eher früher als später beendet wird, und zwar zu russischen Bedingungen. Nur wenige Wochen vor der Invasion im Februar 2022 hatten Russland und China ihre Partnerschaft "ohne Grenzen" unterzeichnet. Sowohl Xi als auch Putin haben den jeweils anderen als ihren "besten Freund" bezeichnet. Die Unterstützung für Verbündete soll helfen, das Vertrauen in Beijing zu stärken und gleichzeitig den Einfluss auf ein angespanntes Russland erhöhen.
Auch China wünscht sich einen stabilen, freundlich gesinnten Nachbarn. Eine russische Niederlage könnte zum Zusammenbruch des Landes führen, was einen Großteil Eurasiens destabilisieren könnte. Ein Wechsel in der russischen Führung könnte im Falle einer Niederlage auch eine prowestliche, russische Regierung vor Chinas Haustür hervorbringen, was Beijing unbedingt vermeiden möchte.
Der Krieg hat wiederum die globalen Energie- und Lebensmittelmärkte destabilisiert und zu einer extremen Instabilität der Weltwirtschaft geführt, und das zu einer Zeit, in der sich Chinas Volkswirtschaft noch immer von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erholt. Russland ist ein wichtiger Wirtschaftspartner Chinas, vor allem in der Energiewirtschaft, aber auch aufgrund der Rolle des Kremls in Chinas sogenannter "Gürtel- und Straßeninitiative" (das Seidenstraßen-Projekt) zur Ausweitung des Handels in ganz Eurasien.
Auch wenn die Bedeutung Russlands in dieser Hinsicht seit der Invasion abgenommen hat, verfügt Moskau nach wie vor über einen erheblichen Einfluss auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion, die die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU) bilden, sowie auf die Energiewirtschaft in Zentralasien.
Eine ukrainische militärische Niederlage hätte auch negative Auswirkungen auf das Ansehen der USA in globalen Angelegenheiten, da sie beweisen würde, dass westliche Militärhilfe nicht in der Lage ist, das Blatt in einem größeren Konflikt zu wenden.
Im Gegensatz dazu würde ein ukrainischer Sieg die westliche Unterstützung für Taiwan festigen, die Befürworter von Demokratie westlicher Prägung in der ganzen Welt ermutigen und in China zu einem Perspektivwechsel führen, dass sich der Westen in globalen Angelegenheiten in einem Niedergang befindet.
Aber eine offene Lieferung von Waffen könnte Chinas wirtschaftliche Beziehungen zum Westen zerstören, in einer Phase, in der Beijing sich noch anschaut, wie die Sanktionen gegen eine große Volkswirtschaft wie Russland wirken. Das hat China jedoch nicht daran gehindert, die USA auf ihre Doppelmoral bei der Lieferung von Waffen an das taiwanesische Militär hinzuweisen. Zuletzt war das der Fall im März 2023, als Außenminister Qin Gang fragte:
Warum haben die Vereinigten Staaten Waffen an Taiwan verkauft, obwohl sie China aufgefordert haben, keine Waffen an Russland zu liefern, und damit gegen ein gemeinsames Kommuniqué [von 1982] verstoßen?
Während die Beziehungen zwischen den USA und China zunehmend angespannt sind, befürchtet man in Beijing, dass eine offene Unterstützung Russlands den Beziehungen Beijings zur EU schaden könnte.
Die EU ist heute Chinas größter Exportmarkt. China hofft immer noch, einen Keil zwischen die EU und die USA treiben und die Entwicklung einer gemeinsamen transatlantischen Politik gegenüber China verhindern zu können. Unterdessen erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz am 5. März 2023, dass China Russland keine tötende Militärhilfe liefern werde, "was darauf hindeutet, dass Berlin bilaterale Zusicherungen von Beijing zu diesem Thema erhalten hat."
Zusammen mit den Äußerungen Xi Jinpings im November 2022, in denen er die Notwendigkeit betonte, weder mit Atomwaffen zu drohen noch sie einzusetzen, will China seine Vermittlerposition hervorheben und beweisen, dass man ein verantwortungsvoller Akteur im Weltgeschehen ist, der den Frieden fördert. Die von China vermittelte Vereinbarung zwischen Iran und Saudi-Arabien über die Wiederaufnahme offizieller Beziehungen am 10. März 2023 war ein weiterer Beweis für diese Initiative.
Im Gegensatz dazu betrachtet China die USA als eine Schurken-Supermacht und sieht "Konfrontation und Konflikt" mit den USA als unvermeidlich an, wenn Washington seinen Kurs nicht ändert, so Qin Gang. Während China weiter misstrauisch ist angesichts von möglichen US-Eindämmungsversuchen, wird eine solche Politik in den letzten Jahren sogar in politischen Kreisen der USA offen zugegeben.
Gleichwohl wird die Militärhilfe Chinas an Russland wahrscheinlich zunehmen, wobei sie indirekt über dazu bereite Drittländer geleitet wird. Die Ankunft des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zu einem Staatsbesuch in Beijing am 28. Februar hat in den USA genau aus diesem Grund Alarm ausgelöst.
Letztlich sieht China den Ukraine-Krieg als Teil eines umfassenderen Konflikts mit der von den USA geführten westlichen Welt. Die Unterstützung Russlands wird als strategische Entscheidung Chinas betrachtet. Daher wird eine "pro-russische Neutralität" in Beijing weiterhin vorsichtig getestet werden.
China hat die Ukraine-Krise zwar nicht verursacht, ist aber bestrebt, sie wirkungsvoll zu steuern. Die chinesisch-sowjetische Spaltung in den frühen 1960er-Jahren ermöglichte es Beijing, seine Beziehungen zum Westen rasch auszubauen.
Die Ukraine-Krise wird China helfen, inmitten der weltweiten wirtschaftlichen Unsicherheit von seinen Beziehungen zu Russland zu profitieren. Beijing wird die notwendigen Schritte unternehmen, um die EU nicht zu verschrecken, und gleichzeitig anerkennen, dass Spannungen mit Washington unausweichlich sein könnten.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit Globetrotter. Übersetzung: David Goeßmann.
John P. Ruehl ist ein australisch-amerikanischer Journalist, der in Washington, D.C., lebt. Er ist Redakteur bei Strategic Policy und schreibt für verschiedene andere außenpolitische Publikationen. Sein Buch "Budget Superpower: How Russia Challenges the West With an Economy Smaller Than Texas'" wurde im Dezember 2022 veröffentlicht.