Moskau-Connection: China testet größeren Konflikt mit dem Westen aus

Russische Militärparade anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg von 1941 bis 1945. Mit dem Präsidenten der Volksrepublik China, Xi Jinping. Bild: Kreml / CC BY 4.0

Beijing versucht, im Ukraine-Krieg als neutral zu erscheinen. Doch der chinesische Balanceakt beinhaltet Unterstützung für den Kreml. Welche Konsequenzen hat das für die Dreiecksbeziehung zu USA und EU?

Wenige Tage vor dem einjährigen Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2023 behaupteten US-Beamte, dass China erwäge, Russland mit Waffen zu versorgen, um seine militärische Offensive zu unterstützen. China wies die Anschuldigungen zurück und legte stattdessen am Jahrestag der Invasion seinen 12-Punkte-Friedensplan zur Beendigung des Konflikts vor.

Diese Auseinandersetzung fand statt, nachdem die Spannungen zwischen Beijing und Washington während des Skandals um den chinesischen Spionageballon Anfang Februar 2023 aufgeflammt waren.

John P. Ruehl ist US-Journalist, Redakteur von Strategic Policy und Buchautor.

Seit Beginn des Krieges haben die USA China gewarnt, Russland nicht zu unterstützen. Nach Berichten, dass Russland China im März 2022 um militärische Unterstützung gebeten habe, warnte Washington, dass Länder, die Russland "materiell, wirtschaftlich, finanziell [oder] rhetorisch" unterstützen, mit "Konsequenzen" rechnen müssten. Die Regierung Biden konfrontierte China im Januar 2023 mit "Beweisen, die darauf hindeuten, dass einige chinesische Staatsunternehmen das russische Militär unterstützen könnten".

China hat sich weitgehend an die westlichen Sanktionen gehalten, die Geschäfte mit Russland einschränken. Gleichwohl ist der Handel für Russlands wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und seine Kriegsführung seit Februar 2022 von wesentlicher Bedeutung.

So hat China seine Kohle-, Öl- und Erdgasimporte aus Russland im Jahr 2022 erheblich gesteigert, was dem Kreml zusammen mit den gestiegenen Importen Indiens dabei geholfen hat, die Auswirkungen der rückläufigen Energieverkäufe an Europa teilweise zu kompensieren.

Das eigentliche Motiv für die verstärkten chinesischen und indischen Käufe russischer Energie sind jedoch die hohen Preisnachlässe, die ihnen von Russland angeboten wurden, ein Land, das verzweifelt versucht, seine früheren Kunden in Europa zu ersetzen.

China hat auch seine Technologieexporte nach Russland für seine Verteidigungsindustrie erhöht, nachdem vielen russischen Unternehmen der Zugang zu Technologie aus Europa und den USA aufgrund der Verhängung von Sanktionen verwehrt wurde.

Der Denkfabrik Silverado Policy Accelerator zufolge "hat Russland weiterhin Zugang zu wichtigen Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, wie z. B. Halbleitern, was zum Teil China und Hongkong zu verdanken ist". Ferner hat China Russland geholfen, die westlichen Wirtschaftssanktionen zu unterlaufen, indem es internationale Zahlungssysteme entwickelt hat, die sich der Kontrolle des Westens entziehen. Und man hat sich für den Aufbau einer "internationalen Allianz" aus nicht-westlichen Unternehmen eingesetzt.

Beijing hat auch wesentlich dazu beigetragen, die Bemühungen des Westens zu untergraben, Russland als internationalen Paria darzustellen. So hat man sich wiederholt bei UN-Abstimmungen zur Verurteilung der russischen Invasion der Stimme enthalten und im April 2022 gegen eine Resolution zur Suspendierung Russlands aus dem Menschenrechtsrat gestimmt.

Beijing scheint auch zu schwanken, ob man die Situation in der Ukraine als Konflikt bezeichnen oder die Verletzung von UN-Regeln bezüglich der Grenzen anprangern soll. Überdies lehnte China es ebenso wie Russland ab, das Kommuniqué der G20 zu billigen, das sich am Ende des Treffens am 2. März 2023 kritisch über den Krieg in der Ukraine äußerte. Auch die chinesischen Staatsmedien haben sich seit Beginn der Invasion weitgehend wohlwollend oder neutral gegenüber Russland verhalten.

Seit Februar 2022 haben die russischen und chinesischen Streitkräfte mehrere gemeinsame Militärübungen und Patrouillen abgehalten. Die letzte Übung fand im Dezember 2022 im Ostchinesischen Meer statt, und der "Hauptzweck der Übung [war] die Stärkung der maritimen Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China und die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der asiatisch-pazifischen Region", so die Erklärung des russischen Ministeriums.

In der Zwischenzeit trafen sich der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping auf dem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit im September 2022 und posierten für Fotos. Es wird erwartet, dass Xi Jinping nach Russland reisen wird, nachdem der chinesische Spitzendiplomat Wang Yi im Februar 2023 Moskau besucht hat.

China hat zwar gezeigt, dass es bereit ist, Russland zu unterstützen, ist aber darauf bedacht, den Eindruck einer offenen Unterstützung zu vermeiden. China hat auf die Notwendigkeit verwiesen, "die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder" zu respektieren und zu schützen, ohne Russland anzuprangern oder zur Beendigung des Konflikts aufzurufen.

Doch seit Chinas führender Drohnenhersteller Da Jiang Innovations (DJI) im April 2022 die Ausfuhr seiner Drohnen in die Ukraine und nach Russland verbot, hat Russland weiterhin unwidersprochen DJI-Überwachungstechnologie eingesetzt, um ukrainische Drohnensteurer ins Visier zu nehmen, was die Grenzen der chinesischen Neutralität deutlich macht.

Über die mutmaßlich bevorstehenden chinesischen Militärlieferungen an Russland hinaus, auf die die Biden-Regierung hinwies, ist Beijing eindeutig mehr an einem russischen als an einem ukrainischen Sieg interessiert, auch wenn man das nicht öffentlich zugeben will.