Moskau: Frischer Wind in den Wahlbezirken

Seite 4: Die Krim und Syrien

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Der Konflikt zwischen Russland und dem Westen hat auch zu Veränderungen in der russischen Opposition geführt. Eine Anti-Putin-Rhetorik ist in den großen liberalen Medien, wie Radio Echo Moskau und der Novaya Gazeta, kaum noch zu hören.

Gegen die Angliederung der Krim an Russland wagt selbst der Star der russischen Opposition, Aleksej Nawalny, nicht zu argumentieren. Zur Lösung des Konflikts schlägt er ein erneutes, von Russland und der Ukraine gemeinsam organisiertes Referendum auf der jetzt russischen Halbinsel vor.

Der Gründer der Linken Front, Sergej Udalzow, der Mitte August nach viereinhalb Jahren Haft aus einem Arbeitslager entlassen wurde, erklärte, die Angliederung der Krim sei rechtens, weil sich die Bevölkerung der Halbinsel in einem Referendum dafür ausgesprochen hat.

Auch Udalzow verzichtet jetzt auf seine frühere Anti-Putin-Rhetorik. Er agitiert in zahlreichen Interviews für die Bildung eines linken Blocks, zu dem außerparlamentarische Linke sowie die Parteien Gerechtes Russland und KPRF gehören sollen. Bei den Präsidentschaftswahlen müssten die Linken mit einem gemeinsamen, neuen Kandidaten antreten.

Kritik an der russischen Politik im Ausland gibt es nur noch von der Partei Jabloko. Unter dem Motto - "Es ist Zeit nach Hause zurückzukehren" - führt die sozialliberale Partei eine Unterschriftensammlung für den Abzug der russischen Streitkräfte aus Syrien durch.

Was im Westen nicht wahrgenommen wird, ist, dass es im russischen Fernsehen erstaunlich breite Debatten über außen- und innenpolitische Themen gibt, an denen regelmäßig ausländische Journalisten und Politiker, auch aus der Ukraine und westlichen Staaten teilnehmen.

Im russischen Fernsehen wird auch immer wieder über soziale Missstände und Korruption berichtet. Doch ohne echte politische Konkurrenz drohen wichtige politische Debatten - vor allem auch über soziale Fragen - in Russland immer wieder einzuschlafen. Das Wahlergebnis vom 10. September bringt da etwas frischen Wind.