Moskauer Militärparade: Putin kritisiert Verfälschung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges

Seite 2: "Die Welt ist sehr zerbrechlich"

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Am Mittwochmorgen um zehn Uhr begann auf dem Roten Platz eine Militärparade. Eingeleitet wurde die 70 Minuten lange Parade mit einer Rede von Wladimir Putin. Der russische Präsident erklärte, nach dem Sieg über Hitler-Deutschland hätten "alle Länder, alle Völker verstanden, dass die Sowjetunion das Ergebnis des Zweiten Weltkrieges bestimmte, dass diese große, opferreiche Heldentat unsere Soldaten und unser Volk vollbracht haben".

Weiter sagte der russische Präsident, dass heute versucht werde, "die Heldentat des Volkes, welches Europa und die Welt von der Sklaverei, von der Vernichtung und von den Schrecken des Holocaust rettete, zu ignorieren, den Verlauf des Krieges zu verdrehen und die echten Helden zu vergessen. Es sei die Aufgabe, das Andenken an unsere "heldenmütigen Kämpfer", aber auch an die mutigen Soldaten der "zweiten Front", gemeint sind die Soldaten von Großbritannien und den USA, zu erhalten.

Putins Worte gegen die Geschichtsverfälschung zielten insbesondere auf die neue ukrainische Regierung, welche Hitler und Stalin gleichsetzt und das Gedenken an den Sieg über den Hitler-Faschismus zu kriminalisieren versucht, gleichzeitig aber ukrainische Hitler-Kollaborateure - wie Stepan Bandera und Roman Schuchewitsch - in den Rang staatlicher Helden hebt.

Bild: Kreml

Putin: "Herkunft, Glauben und Nationalität spielten keine Rolle"

Das erste Mal sprach Putin während einer Ansprache auf dem Roten Platz auch über das Zurückweichen vor Hitler. "Einige Staaten" hätten "die Kapitulation und das heuchlerische Kompromisslertum oder die direkte Zusammenarbeit mit den Nazis vorgezogen". Kein Land der Welt habe "unter dem Feuer des Aggressors Millionen Menschen und Tausende von Fabriken evakuiert". Und während des Kampfes gegen Hitler-Deutschland sei nicht wichtig gewesen, "wo man geboren ist, welche Nationalität oder Glauben man hat und in welchem Gebiet oder welcher Republik des riesigen Landes (gemeint ist die Sowjetunion, U.H.) man vor dem Krieg lebte".

Zum Abschluss seiner Rede sagte der russische Präsident, "für alle Länder, für die ganze Menschheit sei es wichtig zu verstehen, dass die Welt sehr zerbrechlich ist". Man müsse danach streben, "einander zuzuhören, zu vertrauen und sich gegenseitig zu schätzen."

Über den Roten Platz marschierten in Anschluss an die Rede des russischen Präsidenten zu Marschmusik 13.000 Soldaten verschiedener Einheiten. Auch eine Einheit von Frauen in weißen Röcken war dabei. Dann rasselte der legendäre Panzer T 34 mit einer großen roten Fahne auf den Platz. Er wurde begleitet von modernen vierrädrigen Gelände-Motorrädern, welche die Standarten der zehn Front-Abschnitte über den Platz fuhren.

Danach wurden neue und ganz neue Waffen gezeigt, wie der Panzer Armata, der Infanterie-Transporter Kurganez, die Haubitze Koalizia CW, das Kampffahrzeug Terminator, der Kampfroboter Uran 6, sowie die Drohnen Katran und Korsar. Die gefährlichste Waffe, die über den Platz rollte, war zweifellos die Atomrakete Jars. Gezeigt wurde auch Militärgerät in weißer Tarnfarbe, welches von den neuen Arktis-Streitkräften eingesetzt wird.

Schließlich donnerten 75 Kampfflugzeuge, ein Tankflugzeug und Hubschrauber über den Roten Platz. Eine Mig 31 flog mit der angekoppelten und gefürchteten, neuen Lenk-Rakete Kinschal, die mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit fliegt.

Bild: Kreml

Netanjahu fast wie ein Ehrengast empfangen

Vom Fernsehkanal Rossija wurde besonders hervorgehoben, dass Wladimir Putin bei seinem Gang vom Roten Platz zur Gedenkveranstaltung am Grab des Unbekannten Soldaten vom serbischen Präsidenten Aleksandr Vučić und dem Ministerpräsidenten von Israel, Benjamin Netanjahu begleitet wurde. Sicher hätte sich Putin auch über einen deutschen Politiker als Begleiter zum Grabmal des Unbekannten Soldaten gefreut. Doch der deutsche Außenminister Heiko Maas will Moskau erst am 10. Mai mit seinem Antrittsbesuch beehren.

Bild: Kreml

Netanjahu wurde bei den Feierlichkeiten am 9. Mai in Moskau vom russischen Fernsehen fast wie ein Ehrengast vorgestellt, obwohl Israel mit seinen Luftangriffen in Syrien in Moskau für erhebliche Verstimmung gesorgt hatte. Während eines Arbeitstreffens mit Netanjahu erklärte Putin, er hoffe, dass man einen Weg für "die Lösung scharfer Konflikte" finden werde.

Netanjahu erklärte während des Arbeitstreffens, er sei von der Militärparade auf dem Roten Platz "tief beeindruckt". In Israel "vergessen wir keine Minute, welches große Opfer, das russische Volks, welchen Preis die sowjetische Armee für den Sieg über den Nazismus" gebracht hat. Unter den Soldaten der sowjetischen Armee seien auch "etwa eine halbe Million Juden" gewesen.

Die Lehre der Geschichte sei, dass man, "sobald eine mörderische Ideologie auftauche, rechtzeitig Widerstand leisten muss." Der Iran rufe "öffentlich zur Vernichtung des Staates Israel auf". Der israelische Ministerpräsident erklärte, er wolle gerne mit Putin "beraten und nachdenken, wie man in der Region richtig handeln kann", wie man die Bedrohungen in der Region "verantwortungsvoll und vernünftig" beseitigen könne. Netanjahu bedankte sich bei Putin auch ausdrücklich dafür, dass er den Holocaust in seiner Rede auf dem Roten Platz erwähnt habe.

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