Muss Berlin noch einmal wählen?
- Muss Berlin noch einmal wählen?
- Berlins SPD-Innensenator Andreas Geisel verantwortlich
- Wahlkritik nur mit Blick auf das Ausland?
- Auf einer Seite lesen
Inzwischen wurden zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Stimmangabe zum Abgeordnetenhaus bekannt. Ergebnis könnten verfälscht worden sein. Wer trägt die politische Verantwortung?
Im Windschatten der Sondierungen für die neue Bundesregierung gab es auch in Berlin erste Gespräche zwischen SPD, Grünen und – getrennt davon – mit den Linken. Am Montag will sich die SPD mit der CDU treffen, um die Bildung einer neuen Regierungskoalition in der Hauptstadt zu besprechen.
Dabei ist keineswegs ausgeschlossen, dass der Berliner Verfassungsgerichtshof eine Wiederholung der gesamten Abgeordnetenhauswahl anordnet. Grund sind die massiven Unregelmäßigkeiten am Abstimmungstag.
Die Liste der Pannen ist lang: Vor manchen Berliner Wahllokalen mussten die Wähler bis zu zwei Stunden warten. Andere konnten überhaupt nicht mehr wählen, weil nicht genügend Stimmzettel vorhanden waren. In einem Wahllokal in Friedrichshain-Kreuzberg wurden Stimmzettel aus Charlottenburg-Wilmersdorf verteilt. An vielen Orten reichte die Zahl der Wahlkabinen nicht aus. In mindestens 99 Wahllokalen waren auffällig viele Stimmzettel ungültig.
Es gab auch Wahlkreise, in denen die Beteiligung bei über 100 Prozent lag. Mittlerweile wurden einige Protokolle von ehrenamtlichen Wahlhelfern und Wählern veröffentlicht, die das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten deutlich machen.
Der Begriff "Panne" verharmlost den Skandal
Es ist falsch von "Pannen" bei der Wahl zu schreiben, wie das viele Medien machen. Da nimmt man schon mal die Ergebnisse einer Untersuchung vorweg, die noch gar nicht eingeleitet wurde. Wenn das Wort "Panne" dafür benutzt wird, trägt das zur Verharmlosung des Vorgangs bei. Was zu den Unregelmäßigkeiten bei der Wahl führte, hingegen sollte zunächst untersucht werden, ohne den Vorgang aber als Bagatelle abzutun.
Der Politikwissenschaftler Timm Beichelt weist darauf hin, dass in einem Wahlkreis eine Kandidatin der SPD lediglich acht Stimmen Vorsprung hat, in anderen Wahlkreisen bewegen sich die Differenzen zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten im zweistelligen Bereich.
Es ist noch nicht klar, ob es in Wahlkreisen mit knappem Ergebnis keine Probleme gegeben hat. Nach Ansicht von Beichelt jedenfalls sind die Unregelmäßigkeiten mandatsrelevant. In mindestens vier Wahlkreisen könnte sich eine Änderung ergeben.