NSU-Kontext: Rechte Szene in Heilbronn unter Kontrolle des Staatsschutzes?

Seite 2: Akten angelegt?

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Anzunehmenderweise hat es P. verschwiegen. Denn, dass seine Gäste akzeptiert hätten, ausspioniert zu werden, ist fraglich. Damit hat sich Bernd P. nicht anders verhalten als eine V-Person, eine Vertrauens-Person der Polizei. Er lässt Staatsschützer inkognito in seine Räume und in den Kreis handverlesener rechter Kameraden. Er lässt die Polizei verdeckt ermitteln.

Wenn Bernd P. eine V-Person war, stellt sich die Frage nach den Akten, die über ihn angelegt worden sein müssten. Und es stellt sich die Frage, warum der Staatsschutz den Untersuchungsausschuss (UA) des Landtages nicht pro-aktiv über seine Kenntnisse informiert hat.

Welchen Auftrag dieser UA hat, ist bekannt. Das Gremium hat in der Vergangenheit wiederholt Staatsschützer als Zeugen geladen, auch aus Heilbronn. Dass sie den Szenekeller nachrichtendienstlich unter Kontrolle hatten, hörte man aus ihrem Munde bisher nicht. Möglicherweise muss man auch ihr Aussageverhalten vor dem Ausschuss überprüfen. In anderen Fällen war dieser Ausschuss nicht zimperlich, wenn es um Ordnungsmaßnahmen ging. Zweimal wurden bereits Zeugen angezeigt, weil sie die Unwahrheit gesagt haben sollen. Zuletzt beschlossen die Abgeordneten, die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine Rechtsanwältin zu beantragen, die den Namen eines Informanten nicht nennen wollte.

Zusammenarbeit verneint

Der Ausschuss fragte den Zeugen Bernd P., ob er vom Verfassungsschutz auf eine Zusammenarbeit angesprochen wurde. Der verneinte. Die Frage nach einer festen Staatsschutz-Verbindung stellten die Abgeordneten nicht. Dabei lag sie nahe. Denn diese Verbindung muss über Jahre Bestand gehabt haben.

Schon 1989, so er frühere Keller-Betreiber, sei der Staatsschutz an ihn herangetreten. Damals hatte ein linkes Bündnis in Heilbronn eine Demo gegen den rechten "Bayernkeller" organisiert. Die Szene bereitete sich zusammen mit den Staatsschützern darauf vor. Die Polizei habe ihnen erklärt, so Bernd P., wenn sie angegriffen würden, dürften sie sich wehren.

Sollte das stimmten, hätte sich die Polizei zur Partei in einem Konflikt gemacht und gegen ihren gesetzlichen Auftrag verstoßen. Auch das müsste überprüft werden. Wie weit ging die Zusammenarbeit des Staatsschutzes mit der rechten Szene? Wollte die Sicherheitsbehörde in diesem Milieu mehr als Informationen abzuschöpfen?

Beitrag von der Website genommen

Fragen, die sich stellen. Neue Fragen, die zu den bereits offenen hinzu kommen, wie sie die Filmemacher Clemens und Katja Riha auch in ihrer TV-Dokumentation über den Mord an Michèle Kiesewetter ("Der Tod einer Polizistin") aufwerfen. Doch anstatt sie aufzugreifen, hat dieser Ausschuss und allen voran sein Vorsitzender, den Film und vor allem die Recherchen attackiert. Zeugen, die zum Beispiel vom Drogenkonsum Kiesewetters berichten, oder von Bedrohungen gegenüber einer später verstorbenen NSU-Zeugin werden abgetan anstatt sich für sie als ein Gremium zu interessieren, das "untersuchen" soll.

Inzwischen hat der Landtag von Baden-Württemberg die Presseerklärung des UA-Vorsitzenden Wolfgang Drexler (Titel: "Nicht nur grob falsch und unsachlich, sondern anstößig - Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses kritisiert scharf Beitrag in der ARD") von der Webseite genommen. Die Filmemacher haben über ihren Anwalt eine Unterlassung der "unwahren Behauptungen" verlangt. Der Landtag prüft den Vorgang, heißt es.