NSU: V-Mann im Verfassungsschutz-Nebel

Seite 4: Novelle des Verfassungsschutzgesetzes in Brandenburg

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Trotz der fortgesetzten und systembedingten Skandale des Verfassungsschutzes (VS) fordert keine Fraktion konsequent seine Abschaffung oder die Abschaffung der V-Leute. Die AfD, die so etwas wie den parlamentarischen Arm des Sicherheitsapparates darstellt, schon gar nicht. Sie will den VS in Brandenburg stärken und kritisiert, dass nicht schon 1990 nach dem Ende der DDR V-Leute aufgestellt worden waren.

Auch für die CDU ist sowohl der Verfassungsschutz als auch das V-Mann-Wesen unverzichtbar. Die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags soll aber mehr Kontrollrechte erhalten.

Die Vorschläge der Grünen sind unklar. Sie sprechen von Reform und Neustart, wie es nebenbei auch die CDU tut, und wollen ein unabhängiges Institut, das wissenschaftlich arbeitet, gründen.

Auch die SPD-Linke-Regierungskoalition bekennt sich zum Inlandsgeheimdienst VS. In ihrem Gesetzentwurf finden sich Sätze wie: "...ungeachtet der Versäumnisse verschiedener Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen um die Mordserie des NSU spielt der Verfassungsschutz bei der Verteidigung der liberalen Demokratie und des Rechtsstaats eine unverzichtbare Rolle". Eine Demokratie müsse wehrhaft sein und ihre Feinde frühzeitig identifizieren können.

Der Auftrag des VS soll ausgedehnt und in die Gefahrenabwehr einbezogen werden. Damit würden Polizei und Geheimdienst verschmelzen. Das Personal soll von derzeit 93 Stellen um 37 Stellen aufgestockt werden, was einem Zuwachs von etwa 40 Prozent entspricht. Auch an V-Leuten ("VP") will man festhalten. Sie sollen künftig aber "Verdeckte Informationsgebende" ("VI") heißen, was man getrost unter Kosmetik verbuchen kann.

Einer der Dissidenten unter den Linken-Abgeordneten ist Volkmar Schöneburg, der auch im NSU-Untersuchungsausschuss saß und dessen Fazit zur Rolle des Verfassungsschutzes wenig milde ausfällt. Der angebliche Wert des VS im Kampf gegen Rechtsextremismus habe sich nicht gezeigt, erklärt er.

Das Versagen und die Verfehlungen des Dienstes seien strukturell bedingt, unter anderem durch den Einsatz von V-Leuten. Wenn man schon an der Behörde festhalten wolle, solle man mindestens auf die Spitzel verzichten. Den vorliegenden Gesetzentwurf will der Abgeordnete nicht mittragen. Über das Gesetz soll kommende Woche abgestimmt werden.

Seit Jahren hält sich der Verfassungsschutz nicht ans Gesetz. Warum soll man glauben, dass er sich daran hält, wenn es novelliert wird? Zumal eine andere Grundlage für die Dienste offensichtlich eine größere Gültigkeit und Verbindlichkeit hat als ein Gesetz: Jene erwähnte "Zusammenarbeitsrichtlinie" der Organe untereinander.