Nach A2-Crash: Wann holen wir die Lkws von der Straße?

Seite 2: Deutsche möchten Vorzug für die Bahn

Umweltverbände und Verkehrsexperten fordern wegen der schweren Unfälle, Klimaschäden und ökonomischen Schädigungen schon seit Langem die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Denn sie garantiert mehr Sicherheit, bessere Planbarkeit, weniger Umweltzerstörung und mehr Wirtschaftlichkeit.

Beispielsweise produziert die Straße im Güterverkehr neben Stickoxiden und Feinstaub über fünfmal so viel Klimagasemissionen wie die Schiene. Je stärker die Bahn mit erneuerbarem, CO2-neutralem Strom fährt, umso mehr wird sich dieses Verhältnis negativ für Lkws auswirken.

Zwar können die auch elektrisch betrieben werden, mit Batterien und Oberleitungen, oder durch Brennstoffzellen. Aber effizienter ist es mit der Bahn, vor allem, wenn man bedenkt, dass die anderen Kosten und Schädigungen im Straßengüterverkehr auch bei E-Lastern weiter bestehen.

So verursacht ein Lkw mit 4,5 Cent pro Tonnenkilometer mehr als doppelt so hohe externe Kosten wie Eisenbahnen (zwei Cent pro Tonnenkilometer) und Binnenschiffe (2,2 Cent pro Tonnenkilometer). Und hier sind Produktion, Unterhalt und Entsorgung der Fahrzeuge bis jetzt nicht einmal eingerechnet.

Umweltverbände drängen aber auch darauf, den Güterverkehr insgesamt zu verringern, da auch die schienengebundene Infrastruktur Umwelt schädigt und bis zur vollen Dekarbonisierung im Stromsektor mit – wenn auch deutlich geringeren – Emissionen verbunden ist.

Verkehr sollte also vor allem, wenn möglich, vermieden werden, fordert der Verkehrsclub Deutschland, das Öko-Institut oder der Nabu. Dabei könnten stabile regionale Wirtschaftskreisläufe helfen, Güterverkehr und Umweltbelastungen zu verringern.

Alles, was dann noch an Gütertransport getätigt wird, muss schnell entweder elektrifiziert oder auf die Bahn verlagert werden (wobei der Strom aus erneuerbaren Quellen stammen muss). In Deutschland liegt der Anteil der Schiene am Güterverkehr insgesamt (gemessen in Tonnenkilometern) bei 18 Prozent, in der Schweiz bei 37 Prozent. Es gibt also ordentlich Luft nach oben.

Wenn der politische Wille in Berlin bestehen würde, könnte die Schiene auch den Hauptteil übernehmen – zwei Drittel der Deutschen jedenfalls wollen den Vorzug der Bahn. Das wäre auch machbar, wenn man sich andere Länder anschaut. In Kanada liegt der Anteil der Schiene im Gütersektor bei 68 Prozent, in Australien und Russland bei rund 60.

In der DDR war es sogar möglich, drei Viertel des Güterverkehrs über die Bahn abzuwickeln. 1990 berichtete der Spiegel, dass man im Osten aber nun fest entschlossen sei, mit "Vorrang Straße" die "Fehlentwicklung des bundesdeutschen Verkehrssystems nachzuahmen".

Heute sollten wir Kanada, Australien und die DDR nachahmen, um unserer Abhängigkeit vom Lkw zu entkommen, die über Jahrzehnte mit politischer Extrem-Förderung des Lkw-Verkehrs bei gleichzeitigem Bahn-Abbau künstlich erzeugt wurde. Dann würden auch solche fatalen Unfälle wie diese Woche auf der A2, Dauerstaus, Ewig-Baustellen und die umweltzerstörerische Subventionierung des Güterverkehrs der Vergangenheit angehören.

Eigentlich eine Win-win-win-Situation: gut für die Wirtschaft und den Verkehrsfluss, gut für die Umwelt und das Klima, gut für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Doch den vorteilhaften Umstieg haben die diversen Lobbys (Lkw-Hersteller, fossile Brennstoffindustrie, Straßenbau-Konzerne etc.) und die ihnen assistierende Medien an den politischen Schaltstellen bisher verhindern können.

Das muss sich schnell ändern, vor allem mit Blick auf die Klimakrise, die uns nur noch wenig Zeit lässt, die Emissionen auf null zu bringen, um das Schlimmste zu verhindern. Wir haben die Wahl.

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