Nach "Fensterlverbots"-Affäre:

Erwin Huber schlägt vor, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Passau "in den Reinigungsdienst zu versetzen"

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Der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber hat in der BR-Sendung Sonntags-Stammtisch vorgeschlagen, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Passau "in den Reinigungsdienst zu versetzen", weil sie dem seiner Ansicht nach eigentlich wichtigen Anliegen der Gleichstellung an Hochschulen erheblichen Schaden zugefügt hat. Stein des Anstoßes war ein Vorgang, der in der letzten Woche bundesweites Aufsehen erregte.

Die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Claudia Krell schritt nämlich gegen ein für den 21. Mai geplantes Universitäts-Sportfest ein, weil dabei männliche Studenten in einem Gaudi-Wettbewerb in Lederhosen Hindernisleitern hochklettern sollten, an deren Ende Studentinnen in Dirndlkostümen warteten. Der Wettbewerb hieß "Fensterln" und spielte auf ein gleichnamiges Phänomen an, bei dem nicht ganz klar ist, inwieweit es sich bei ihm um ein echtes bayerisches Ventilritual zur Brautwerbung handelt, oder um einen eher in der Theorie als in der Praxis verbreiteten ruralen Mythos, mit dem man im 18. und 19. Jahrhundert Jeremiaden schmückte und im 20. etwas verdeckt um Sextouristinnen aus Norddeutschland warb.

Dr. Krell störte sich daran, dass es nur männliche Studenten sein sollten, die die Hindernisleitern hinaufklettern. Und, dass dort nur Dirndl und keine Lederhosenburschen warten. Dadurch würden Frauen "zum Objekt" gemacht. Nach einem Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten am 15. Mai beschlossen die Veranstalter der Campus Games, das Fensterln "aus dem Programm des Sportfestes herauszulösen, um es zu einem späteren Termin mit angepassten Regeln nachzuholen". Grund dafür ist nach Angaben ihres Sprechers Niko Schilling, dass die Gleichstellungsbeauftragte ihren Einwand erst vorbrachte, als die Meldelisten für den Wettbewerb schon geschlossen waren.

Für einen anderen geplanten Wettbewerb, der Krell ebenfalls störte, hat man bereits eine Regelung gefunden, die die Gleichstellungsbeauftragte zufriedenstellte: Beim Wife Carrying tragen männliche Studenten weibliche über einen Hindernisparcours. Dem Sieger winkt das Gewicht der von ihm getragenen Frau in Bier. Hier setzte die Gleichstellungsbeauftragte durch, dass die 32 angemeldeten Paare gefragt wurden, ob sie die Rollen umkehren wollen. Aus Gründen, die auf der Hand liegen, hatten weder Frauen noch Männer Interesse daran.

Weil das eigentlich für den 21. Mai geplante Sportfest am 19. Mai wegen schlechten Wetters abgesagt wurde, könnte das Passauer Gaudifensterln mit geänderten Regeln theoretisch schon am voraussichtlichen Nachholtermin in zwei Wochen stattfinden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich genug freiwillige Helfer finden. Viele der bisherigen sind Schilling zufolge nämlich "dezent enttäuscht, dass sie für die rein ehrenamtliche Arbeit, von der Uni und den linksgerichteten Hochschulgruppen so angegangen werden".

Im schweizerischen Kanton Bern hieß das Fensterln, das sich der Künstler Franz Niklaus König 1814 wie in der Abbildung vorstellte, Kiltgang.

Nachdem das Vorgehen der Gleichstellungsbeauftragen bekannt wurde, fragten sich viele Medien und Nutzer Sozialer Netzwerke, ob eine Gleichstellungsbeauftragte im 21. Jahrhundert tatsächlich nichts besseres zu tun hat. Antworten darauf gab es nicht, weil die Passauer Universitätsleitung Krell abschirmte und lediglich verlautbarte, offizielle Veranstaltungen der Hochschule müssten dem "gesetzlichen Auftrag" entsprechen, "Männer und Frauen gleich zu behandeln".

Damit handelte sie sich Widerspruch von den eigenen Rechtswissenschaftlern ein: Der Juraprofessor Holm Putzke sagte der Passauer Neuen Presse: "Wenn man in dieser Richtung weitermacht, könnten demnächst auch Aufführungen von Romeo und Julia auf dem Index stehen." Noch deutlicher wurde der Erlanger Staats- und Verwaltungsrechtsexperte Max-Emanuel Geis. Er meinte, die Universität Passau könne sich in ihrem Vorgehen weder auf das Hochschul-, noch auf das Gleichstellungsgesetz berufen - und schon gar nicht darauf, dass Frauen bei der Gaudi-Veranstaltung "zu Objekten degradiert" würden. Letzteres hält er für eine "verbale Entgleisung völlig unangemessener Art", weil mit einem solch inflationären Gebrauch der "Objektformel" echte Menschenwürdeverletzungen wie Konzentrationslagerhaft, Sklaverei und Folter verharmlost werden.

Von Seiten der Universität heißt es inzwischen, es habe sich beim Fensterlnverbot um kein eigentliches Verbot gehandelt, sondern lediglich um eine "dringende Bitte", mit der die Gleichstellungsbeauftragte "kompetent und richtig" reagiert habe. Putzke ist als Jurist anderer Meinung. Er hält weiterhin den Ausdruck "Verbot" für zutreffend, weil die Universität schließlich verlangte, die Regeln zu ändern.

Vor Huber hatte bereits der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer den Vorfall mit der Bemerkung kommentierte, in Bayern gelte immer noch der Grundsatz "Leben und leben lassen". Seehofers potenzielle Nachfolgerin Ilse Aigner meinte, man sollte "die Dinge nicht dramatisieren, sondern die entscheiden lassen, die es betrifft: in diesem Fall die Studenten".

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