Nachrichten aus der Parallelwelt der Klimaökonomen

Seite 2: "Umbau der Weltwirtschaft"

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Die Neoklassik dominiert die Wirtschaftswissenschaften, aber es gibt andere Schulen. Clive Spash von der Wirtschaftsuniversität Wien ist einer der fundiertesten Kenner der Klimaökonomie und rechnet sich der ökologischen Ökonomik zu. Spash findet den IPCC-Bericht "sehr problematisch". Zwar glaubt er, dass das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen sei, man brauche dafür nicht einmal unerprobte Techniken. Hingegen brauche es tief greifende Veränderungen des Produktionssystems. Doch "der IPCC-Bericht handelt davon, wie das bestehende System über den Klimawandel hinweg gerettet werden kann", sagt Spash.

Das wichtigste Arbeitsinstrument der neoklassischen Umweltökonomie ist das Computermodell, mit dem sich verschiedene Szenarien durchrechnen und Kosten-Nutzen-Analysen erstellen lassen. Der Kritik dieses Ansatzes hat Spash ein ganzes Buch gewidmet. Die Zukunft im Computer zu modellieren, ist für ihn prinzipiell falsch: "Es ist Irrsinn zu glauben, man könne heute wissen, was in hundert Jahren 'kosteneffektiv' sein wird - schon mit einem Zeithorizont von zwanzig Jahren ist das unmöglich."

Was müsste also geschehen? "Es gibt keine einfache Lösung", sagt Spash. "Wir müssen den Umbau der Weltwirtschaft auf die Agenda setzen."

Alle Kühe müssen weg

Ist Spash der kritische Pessimist, so kritisiert Anthony Patt den Bericht, an dem er mitgearbeitet hat, gewissermaßen von optimistischer Seite; konzilianter im Ton, aber kaum weniger hart in der Sache. Auch Patt hält es für verfehlt, die Maximierung des Wirtschaftswachstums anzustreben; anders als die ökologische Ökonomik hält er ein gewisses Maß an Wirtschaftswachstum aber für nötig und möglich.

Die ganze Analyse des IPCC laufe darauf hinaus, sagt Patt, den Klimawandel als eine "Tragik der Allmende" zu verstehen. Wie auf einer Gemeinschaftsweide - einer Allmende -, auf der zu viele Kühe weiden, werde das Gemeingut Atmosphäre von zu vielen Treibhausgasemissionen belastet. Niemand will seine Nutzung der Weide zu reduzieren, solange nicht alle mitmachen. Reduzieren aber alle Viehbesitzer gemeinsam die Zahl ihrer Kühe, profitieren am Ende auch alle, weil der Ertrag der Weide steigt. Die Antwort der orthodoxen Ökonomie auf eine solche Situation besteht darin, die Allmende zu privatisieren respektive käufliche Nutzungsrechte auszugeben.

Gegen diese Sichtweise bringt Patt einen grundsätzlichen und einen pragmatischen Einwand vor.

  • Der grundsätzliche Einwand: Es geht nicht darum, die Emissionen lediglich zu reduzieren; sie müssen ganz aufhören. Die Atmosphäre kennt kein optimales Nutzungsniveau, bei dem ihr "Ertrag" als CO2-Abfalleimer maximiert wäre. Alle Kühe müssen weg.
  • Der pragmatische Einwand: Die internationale Klimapolitik versucht seit zwanzig Jahren, den Klimawandel als globales Gemeingut zu verwalten, etwa im Kyoto-Protokoll oder im EU-Emissionshandelssystem. Gelungen ist es bis dato nicht.

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