Naher Osten: Neuer Geist, neue Allianzen?

Der große US-Militärstützpunkt und -Airbase al-Udeid in Katar. Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei

Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar wollen sich versöhnen. Der Streit entstand mit Trumps Anti-Iran-Front. Was kommt nun?

Wie sieht die neue Iran-Politik aus, wie die neue Syrien-Politik? Biden ist Präsident und wird Trump am 20. Januar ablösen. Gestern gehörte die Show gehörte noch dessen Anhängern, QAnon-Schamanen wie dem Buffalo Guy und anderen bizarren Gestalten, die das Kapitol stürmten (Liveticker zum "Putschversuch" in Washington). Auch im Nahen Osten war das Geschehen Top-Nachricht. In den Hintergrund rückte ein Ereignis, das von einem türkischen Journalisten spöttisch mit "Love is in the Air" kommentiert wurde: die Wiederannäherung zwischen Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien, Bahrain und Katar; auch Ägypten spielte eine Rolle.

Frieden im Nahen Osten

Um die Relevanz einer Wiederannäherung zu umreißen, sei daran erinnert, dass sich der dreieinhalbjährige Streit zwischen den Golfstaaten über die Haltung zu Iran entzündete, dass man in Israel auf eine Normalisierungsvereinbarung mit Saudi-Arabien hofft (nachdem Netanjahu bereits ein solches Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain feierte), dass das Verhältnis zu den Muslimbrüdern kontrovers ist und schließlich, dass diese Staaten Einfluss auf die kriegerischen Konflikte in Syrien und im Jemen haben.

Der Streit zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der einen Seite und Katar und der Türkei auf der anderen hat mit Trumps Außenpolitik angefangen und steuert mit dem Ende seiner Amtszeit auf einen anderen Kurs zu. Versöhnung ist das ferne Ziel.

Ob es dazu kommt, ist noch nicht sicher, die Abmachungen vom 5. Januar werden von Beobachtern damit relativiert, dies nur ein erster Schritt sei und großes Misstrauen bleibe. Sicher ist, dass die Übernahme der Biden-Administration Neuausrichtungen in Gang setzt. Wie substanziell sie sind, ist noch nicht zu sagen, das Kernstück ist die Iran-Politik.

Demonstrierte Herzlichkeit und Platitüden

Am Dienstag dieser Woche, am 5. Januar, wurde der katarische Emir Tamim bin Hamad al-Thani vom saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman in al-Ula im Nordwesten des Königreichs empfangen, Wert gelegt wurde auf die Demonstration von Herzlichkeit, nachdem die Jahre zuvor jede Kleinigkeit wie etwa Zigarettenanzünden zu einer symbolischen Monstrosität ausartete. Dass Bilder mit solchen Gesten in sozialen Netzwerken tagelang besprochen wurden, ist ein kleiner Ausschnitt des Medienkriegs zwischen den Ländern, der jahrelang mit großer Verbissenheit geführt wurde.

Was wurde erreicht in al-Ula? Das vollständige Dokument der Vereinbarungen ist noch nicht veröffentlicht, es sei voraussichtlich voller "unverbindlicher Platitüden", berichtet der Vizepräsident des Think Tanks Middle East Institute. Auch das zeigt ein Klima an.

Vereinbart wurde vor allem die Absicht, dass die Krise beendet werden soll. Inwieweit die Handelsblockade, die seit dreieinhalb Jahren von KSA und VAE gegenüber Katar praktiziert wird, praktisch ausgesetzt wird, wird sich erst zeigen. Der FIFA-Präsident macht sich aber schon weniger Sorgen um die Durchführung der WM in Katar.

Sämtliche Forderungen, die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Staaten an Katar gestellt wurden (Machtkampf im Nahen Osten: Katar soll sich gefügig zeigen), wurden vom Emirat nicht erfüllt. Dazu gehörte z.B. das Ende von al-Jazeera, das Einstellen von Beziehungen zu den Muslimbrüdern oder der Hamas - und nicht zuletzt eine Veränderung der Beziehungen zu Iran.

"Es gibt keinen Effekt auf unsere Beziehungen zu einem anderen Land", so der katarische Außenminister Sheikh Mohammed bin Abdulrahman al-Thani gegenüber der Financial Times.

Der Streit hatte mit dem spektakulären Auftritt Trumps in Saudi-Arabien begonnen, wo der US-Präsident im Mai 2017 beim Schwerttanz mitmachte, die Welt in Gut und Böse aufteilte und versuchte, eine Anti-Iran-Allianz zu beschwören (Gipfeltreffen in Saudi-Arabien: Trump in der "Welt der Guten").

Danach wurden über Medien Bemerkungen des katarischen Emirs ausgespielt, die sich als häretisch gegenüber dem Gemeinschaftsgeist herausstellten, da der Emir darauf bestand, Iran nicht zu isolieren, er teilte das Feindbild nicht in dieser Form, die Folge war der Streit zwischen Saudi-Arabien und Katar, dem sich die Vereinigten Arabischen Emirate anschlossen, und der zum Handelsboykott und zu einem von einem Medienkrieg begleiteten Dauerkonflikt führte.

Katar als Vermittler zwischen Saudi-Arabien und der Türkei

Nun wird in Expertenkreisen viel darüber spekuliert, was passiert, wenn sich Saudi-Arabien, VAE und Katar tatsächlich annähern. Dann könnte Katar als Mittler das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und der Türkei verbessern, berichtet der französische Nahostexperte Georges Malbrunot.

Eine besondere Spannung hätte dies angesichts der seit Ende 2018 immer wieder neu angedeuteten Entwicklung, wonach sich die Golfstaaten bemühen würden, Syrien mit der Regierung al-Assad wieder in den Kreis der arabischen Länder zu integrieren - (Syrien: Anzeichen einer Verständigung zwischen Golfstaaten und al-Assad). Kürzlich berichtete al-Monitor davon, dass Ägypten, Saudi-Arabien, die VAE und Jordanien eine gemeinsame Erklärung abgeben hätten, die eben dies zum Ziel habe. Als Gemeinsamkeit wurde in diesem Bericht herausgestellt, dass alle diese Länder Interesse daran haben, den Einfluss der Muslimbruderschaft möglichst klein zu halten.

Die Verbundenheit zur Muslimbruderschaft ist aber eine Gemeinsamkeit zwischen der Türkei und Katar. Man kann gespannt sein darauf, wie Bidens neuer Nahost-Experte mit der Quadratur des Kreises umgehen wird. Das soll allem Anschein nach Brett McGurk werden, der sich bei den Kurden im Nordosten Syriens einen guten Namen gemacht hat. McGurk ist ein Kenner der Region. Wie groß wird sein Einfluss sein?