Nahost-Konflikt fordert erste (politische) Opfer in Deutschland
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Militärische Eskalation zwischen Israel und Palästinensern. Netanjahu kündigte anhaltende Operation an. Konflikte um Reaktionen auch hierzulande
Angesichts der massivsten militärischen Eskalation seit 2019 zwischen Israel und palästinensischen Organisationen wird der UN-Sicherheitsrat am heutigen Mittwoch zusammenkommen. Die Unterredung wird nach Angaben aus diplomatischen Kreisen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass das höchste UN-Gremium Einfluss auf die Lage nehmen kann: Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sind die ständigen Mitglieder politisch gespalten.
Während die Eskalation in der internationalen Presse zumeist der palästinensischen Seite zugeschrieben wird – so heißt es in einer deutschen Agenturmeldung, Israels politische und militärische Führung habe "nach massiven Raketenangriffen militanter Palästinenser (…) harte Gegenangriffe angekündigt" – zeichnen Nahost-Fachmedien und politische Beobachter vor Ort mitunter ein anderes Bild.
Nach Angaben des Online-Portals Middle East Monitor hatten Aktivisten der palästinensischen Unabhängigkeitsbewegung im Gazastreifen am Montag ein einstündiges Ultimatum an die israelischen Besatzungsbehörden gestellt. Diese seien aufgefordert worden, "ihre monatelange Aggression gegen muslimische Gläubige in der Al-Aksa-Moschee zu beenden, die Räumung palästinensischer Familien in Sheikh Jarrah zu unterlassen und palästinensische Gefangene freizulassen".
Hannes Alpen, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Ost-Jerusalem, erklärte die jähe Eskalation im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg mit der "enormen Frustration der Palästinenser". Der Vertreter der SPD-nahen Stiftung verwies zugleich darauf, dass Israel Ost-Jerusalem seit 1967 besetzt halte, obgleich dieses Besatzungsregime international nicht anerkannt sei. Seinen Beobachtungen nach provoziere Israel die palästinensische Bevölkerung gezielt, auch im derzeitigen Fastenmonat Ramadan.
Auf der anderen Seite instrumentalisiere die Hamas die Proteste der Menschen im Gazastreifen, fügte Alpen an. Die dortigen Demonstrationen bezeichnete er als spontan und von der Bevölkerung ausgehend. Grund für die "Graswurzelproteste" seien neben den Zwangsräumungen von palästinensischen Familien und einem Angriff auf die Al-Aksa-Moschee auch die willkürliche Sperrung des wichtigsten öffentlichen palästinensischen Platzes in Ost-Jerusalem durch israelische Kräfte. "Dort haben die Proteste dann auch begonnen", erklärte Alpen.
Netanjahu spricht von langer Militäroperation
Nach tagelangen Demonstrationen in den palästinensischen Gebieten war die Hamas zuletzt dazu übergegangen, Ziele in Israel anzugreifen. Sie selber sprach davon, 130 Raketen auf Tel Aviv und andere Städte abgefeuert zu haben. Nach israelischen Angaben starben dabei mindestens zwei Frauen.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte harte Reaktionen an. Die Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad würden einen hohen Preis für ihre Angriffe bezahlen. Die Militäroperationen der israelischen Streitkräfte werde Zeit brauchen, so Netanjahu, aber sie werde den Bürgern Israels die Sicherheit zurückbringen.
Der konservative Politiker inszenierte sich damit einmal mehr als starker Mann im Konflikt mit den palästinensischen Organisationen. Davon wird er ohne Zweifel profitieren: Netanjahus Partei Likud befindet sich derzeit in Koalitionsverhandlungen, zudem laufen gegen den Ministerpräsidenten Ermittlungen und Verfahren wegen mutmaßlicher Korruptionsdelikte. Ebert-Stiftung-Vertreter Alpen sagte dazu im Radiointerview, Netanjahu sei durch die militärische Eskalation und angesichts seiner innenpolitischen Probleme "da wo er gerne wieder ist, als Quasi-Beschützer der Nation".
Israels Generalstabschef Aviv Kochavi kündigte an, die laufende Militäroperation "Wächter der Mauern" - wenn nötig - auszuweiten. Seit Montag seien bereits 500 Ziele im Gazastreifen angegriffen worden. Ziel sei, den militärisch-politischen Organisationen auf der palästinensischen Seite einen harten Schlag zu versetzen. Bei einem gezielten Angriff wurde nach bisherigen Angaben ein Gebäude mit Büros der Hamas komplett zerstört.