Nahost: Was sich Netanjahus Hardliner vom Krieg erhoffen
Seite 2: Ein Staat, der aus Konflikten entstanden ist
- Nahost: Was sich Netanjahus Hardliner vom Krieg erhoffen
- Ein Staat, der aus Konflikten entstanden ist
- Auf einer Seite lesen
Der israelische Staat hat in drei verschiedenen Perioden einen deutlichen Rechtsruck erlebt. Der erste folgte auf den Jom-Kippur-Krieg 1973, der zweite auf den Zustrom von Hunderttausenden von Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion in den 1990er Jahren. Und der dritte war eine Reaktion auf die zweite Intifada Anfang 2000.
Der jüngste Rechtsruck spiegelte sich in einer wachsenden Unterstützung für die Likud-Partei und kleinere Parteien wider, die stark zionistisch ausgerichtet sind und jeden palästinensischen Einfluss auf die israelische Politik strikt ablehnen.
Ab 2010 schien eine stabilere Phase einzutreten. Die IDF behielt die strikte Kontrolle über Gaza und das besetzte Westjordanland, und im Libanon herrschte eine Pattsituation. Raketenangriffe der Hisbollah auf Nordisrael waren selten, und die israelischen Truppen hielten sich hauptsächlich südlich der Grenze auf.
Der Verlust von Menschenleben und die Geiselnahme am 7. Oktober waren jedoch ein massiver und spürbarer Schock. Von Anfang an war klar, dass die Reaktion der Regierung überwältigend und auf die Vernichtung der Hamas ausgerichtet sein würde.
Ein Jahr später scheint diese Möglichkeit unwahrscheinlicher geworden zu sein. Wenn es jemals zu einer friedlicheren Koexistenz zwischen Israel und Palästina kommen soll, muss die Position der Hardliner in Israel anerkannt werden, insbesondere angesichts ihrer starken Rolle in der gegenwärtigen Regierung Netanjahu.
Um es klar zu sagen: Aus ihrer Sicht muss etwas gegen die Palästinenser unternommen werden. Wie der Economist am 29. August schrieb, wollen die Hardliner "das Westjordanland annektieren, die Palästinensische Autonomiebehörde stürzen, den Gazastreifen dauerhaft wiederbesetzen und neu besiedeln und die Palästinenser ins Ausland treiben".
Sie wollen darüber hinaus, dass sich Israel vom Säkularismus entfernt. Netanjahus gescheiterter Plan, die Macht der Justiz in den ersten Monaten seiner Regierung einzuschränken, sei nur ein erster Schritt in diese Richtung gewesen.
Ziel seiner Regierung sei es, so der Artikel, den säkularen "deep state" zu beseitigen und die Kontrolle über die Armee, die Sicherheitsbehörden und die Gerichte zu übernehmen. Das Problem ist, dass ein solches Ziel, wenn es überhaupt realisierbar ist, durch die fast weltweite Wahrnehmung Israels als Quasi-Schurkenstaat stark eingeschränkt wird.
Es ist jedoch bereits jetzt klar, dass die israelische Gesellschaft immer falkenhafter wird. Dies wird wahrscheinlich durch eine beträchtliche Auswanderung in jüngster Zeit gefördert, einschließlich eines "Brain Drain" der säkularen Elite.
Gegenwärtig mag die Regierung Netanjahu sicher im Sattel erscheinen. Aber politische Stabilität ist schwer zu erreichen und allzu leicht zu verlieren, insbesondere in einer Zeit beschleunigter Kriegsführung.
Paul Rogers ist Professor für Friedensforschung der Universität Bradford in Großbritannien.
Dieser Text erschien zuerst auf The Conversation auf Englisch und unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.