"Natürlich ist ihr oberstes Ziel Präsident Carles Puigdemont"

Seite 2: Das russische Komplott: "unglaubliche Halluzinationen"

Das sind aber nicht die einzigen Ermittlungen gegen Sie. Bislang wurden Sie nicht aber nicht wegen der "Wolchow"-Operation angeklagt, eines angeblichen russischen Komplotts. Laut verschiedenen Medien wie El País haben Sie 2017 nach internationaler Unterstützung für den katalanischen Unabhängigkeitsprozess gesucht: "In den Akten finden sich Gespräche von Alay, die auf Bemühungen hinweisen, die Unterstützung verschiedener Länder, darunter auch Russland, für eine Abspaltung zu gewinnen." Macht die spanische Justiz in dieser Angelegenheit schon einen Rückzieher?

Josep Lluis Alay: Mal schauen, wie ich Ihnen das erklären kann. In dem Vorgang gibt es bisher keine Anklageschrift und keine Entscheidung über die Einleitung eines Verfahrens. Nicht einmal das gibt es. Die Wolchow-Operation ist eine dieser Makro-Operationen, bei der am 28. Oktober 2020 dutzende Menschen verhaften wurden, auch ich.

Es waren allesamt prominente Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft und der Unabhängigkeitsbewegung. Es handelte sich um eine Operation, die nach Beziehungen ins Ausland suchen will, nach den Organisatoren des Tsunami. Sie suchen nach allem, was sie wollen, alles verpackt in einem großen Verfahren, das sie Wolchow nennen.

Die Wolchow ist ein Fluss in Russland, an dem die Blaue Division kämpfte, die von Franco als Zeichen der Freundschaft zu Hitler zur Belagerung von Leningrad geschickt wurde. Hunderttausende Russen starben durch die von den Nazis und den spanischen Franquisten organisierte Belagerung. Wie kann man so eine solche Operation nennen?

Sie wurde von der Guardia Civil unter der Leitung von Oberstleutnant Baena, der heute der oberste Chef der Guardia Civil in Barcelona ist, und Richter Aguirre, dem Leiter der ersten Kammer in Barcelona, ins Leben gesetzt. Beide verfolgen stets gemeinsam die demokratische Unabhängigkeitsbewegung.

Es ist das zweite Mal, dass ich verhaftet wurde. Da ich mich in Deutschland im Auto mit Präsident Puigdemont befand, wurde ich im Auftrag des Nationalen Gerichtshofs verhaftet. Auch dabei war man der Ansicht, dass ich notwendiger Mittäter an einem Verbrechen gewesen sein soll, in diesem Fall an einer Rebellion. Das führte aber zu nichts. Zwei Jahre später entschied der Gerichtshof, dass es kein Verfahren geben wird. Erst nach zwei Jahren war ich in Madrid vernommen worden.

Zwei Jahre stand ich ohne jegliche richterliche Kontrolle auf einer roten Liste, wurde von der Polizei angehalten, wenn ich eine Grenze überquerte. Ich wurde bisweilen eine halbe Stunde beiseite genommen, manchmal in eine Polizeiwache gebracht, um zu erklären, wohin ich gehe, wen ich treffe, was ich tue und wann ich zurückfahren werde.

Das geschah nicht nur im spanischen Staat, sondern auch in ganz Europa, denn die rote Liste ist international. Engländer und Schotten fragte ich dabei: Wissen Sie, warum mir das passiert? Der Grund ist die politische Verfolgung in Spanien, denn ich bin der Leiter des Büros von Präsident Puigdemont. Denn die wissen nicht genau, warum jemand auf der roten Liste steht.

Es kann ein Dschihadist, ein Drogenhändler oder ein gefährlicher Waffenhändler sein. In meinem Fall fragte ich sie: Haben Sie vom katalanischen Referendum gehört? Denn deshalb vergeuden Sie hier Ihre Zeit jetzt. Sie behielten mich zwei Jahre lang in diesem Zustand, bis sie entschieden haben, dass nichts vorlag.

Erst dann kamen sie mit Neukaledonien. Daran kann die politische Verfolgung deutlich erkennen. Da auch nicht ausreicht, schoben sie Wolchow nach. In dem Fall ist schon ein Jahr vergangen und wurde noch immer nicht vor einem Richter vernommen. Der Richter, der mich verhaften ließ, hat mich nicht einmal angerufen, um mich zu befragen. Was hat er in dieser Zeit getan?

Sie haben mir meine beiden Handys abgenommen. Wir wissen, dass sie damit nach Israel gereist sind, um mit einem der israelischen Systeme an die Informationen darauf zu gelangen. Bevor damit Anklage erhoben wird, verbreiteten sie den Inhalt der Handys an verschiedene Medien, die Geschichte über meine weltweiten Verbindungen erfunden und verbreitet hatten.

Das gelangte sogar in die New York Times. Man wirft mir im Grunde zwei Dinge vor, was ich aber alles der Presse entnehmen musste, da es keine formelle Anschuldigung gibt. Nach Angaben von spanischen Zeitungen wie El Confidencial und anderen, habe ich nach Ansicht der Guardia Civil Kontakte zu Mitgliedern der russischen Regierung aufgenommen, um eine Invasion Kataloniens zu erreichen, um es von Spanien abspalten zu können.

Das sind unglaubliche Halluzinationen. Sie haben 700 Seiten mit Nachrichten, Kommentaren und Dokumenten völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Daraus kommen sie zu dem Schluss, dass ich praktisch Mitglied eines katalanischen Geheimdienstes bin, den es gar nicht gibt, der aber gerade deshalb so geheim ist.

Sie verkaufen das an die New York Times, denn dort gibt es einen Herrn Michael Schwirtz, der stets nach möglichen Elementen einer russischen Einmischung in Europa sucht. Russland ist für ihn der schlimmste Teufel, der immer versucht, Streit in die Europäische Union zu provozieren, der die Europäische Union zerstören will. Deshalb lag das ganz auf seiner Linie.

Als ihm der Stoff einer Fabrik für Sprengstoff und Munition in der Tschechische Republik ausging, die anscheinend in die Luft flog, was auch die Russen zu verantworten haben sollen, steckte ihm jemand das berühmte Dossier über die angeblichen Verbindungen zwischen Russland und Katalonien zu.

Hier taucht als Mitverfasser des Artikels ein spanischer Journalist mit dem Namen José Bautista auf, dem wahrscheinlich alle Informationen von der Polizei zugespielt wurden. Demnach sei Russland auch hier tätig, um die Stabilität Europas zu untergraben. Der Artikel wurde schon am 3. September veröffentlicht. Es hieß, es sei der erste Teil einer ganzen Reihe. Ein zweiter Teil wurde aber nie veröffentlicht.

Die New York Times hat aber keine unserer Antworten, Briefe, Artikel veröffentlicht, wir hatten kein Recht, auf die Anschuldigungen zu antworten. Unglaublich.

Sie wurden nicht gehört, wie es sich im Journalismus in solchen Fällen gehört, beide Seiten zu hören?

Josep Lluis Alay: Nein. Nur 24 Stunden, bevor der Artikel publiziert wurde, hatten die mir ein paar Fragen geschickt die auf Geheiminformationen beruhten, die ich nicht kannte. Sie fragten: Können Sie sich erinnern, sich mit dem Vize-Außenminister getroffen zu haben, also mit jemandem aus der russischen Regierung?

Ich verneinte, weil ich mich nicht mit ihm getroffen habe. Ich weiß nicht einmal, wer das ist, ich kannte ihn nicht. Tatsächlich ist das, in dem Ganzen von der New York Times veröffentlichten Komplott, der einzige Name von einem Mitglied der russischen Regierung. Ich habe später erst nach dem Namen gesucht habe, kenne ihn deshalb jetzt natürlich auch.

Sie gingen so weit, darüber einen diplomatischen Vorfall zwischen Russland und Spanien und indirekt auch mit den USA zu provozieren. Russland verlangte auch, dass die New York Times diese Unwahrheiten korrigiert. Ich habe ja nie bestritten, nach Moskau gereist zu sein und das stets öffentlich getan.

Ich war in Moskau, wie ich auch in Washington, London oder Berlin war. Wenn ich als Büroleiter von Präsident Puigdemont nach Moskau oder nach Washington fahre, fragen sie mich natürlich nicht nach dem Fußball. Sie fragen mich gewöhnlich nach dem politischen Konflikt. Als Katalane erkläre ich ihnen, wie ich den Konflikt sehe und wie ihn Präsident Puigdemont sieht.

Es ist unsere Pflicht, zu informieren, wenigstens zu informieren. Wir werden niemals um Hilfe oder ausländische Unterstützung bitten. Ich bin davon überzeugt, dass es die Katalanen sind, die die nötigen Schritte gehen müssen. Wir brauchen keine 10.000 russischen oder amerikanischen Soldaten. Das ist barbarisch.

Die Unabhängigkeit setzt das Volk um. Wenn dann die internationale Anerkennung kommt, ist sie willkommen. Aber es ist mir nie in den Sinn gekommen, mich um internationale Anerkennung durch andere Länder wie Russland oder die USA zu bemühen, damit wir unabhängig werden. Zuerst müssen wir Katalanen die Arbeit machen und die Ausrufung der Republik Katalonien auch selbst verteidigen.

Ich habe mich auch mit amerikanischen Kongressabgeordneten und Senatoren getroffen. Auch das ist öffentlich, zum Beispiel mit John Lewis, der vor ein paar Monaten verstorben ist. Der ging noch mit Martin Luther King auf die Demonstrationen für gleiche Rechte für Schwarze, ein Bürgerrechtler. Ich erinnere mich noch sehr gut an das Büro des Kongressabgeordneten erinnern.

Er war empört über das, was in Katalonien passierte, über die Unterdrückung, die wir erleiden. Natürlich habe ich ihm erklärt, was hier läuft. Aber die New York Times hat nicht angeprangert, dass ich mich mit Herrn Lewis getroffen habe. Aber wenn ich nach Moskau fahre…

Russland ist aber immer noch eine Weltmacht. Auch dort gibt es Journalisten, die Präsident Puigdemont interviewen wollen, um herauszufinden, was hier vor sich geht. Vor der Covid-Pandemie gab es auch viele Beziehungen, auch auf touristischer Ebene. Katalonien ist in Russland ein bekanntes Land. Eine Region nennt man Katalonien dort, aber es ist nicht unbekannt. Ich bin dorthin gefahren, zum Beispiel um Interviews zwischen russischen Medien mit Präsident Puigdemont zu arrangieren, die dann veröffentlicht wurden.

Das ist kein Geheimnis, auch das Interview mit der South China Morning Post in Hongkong nicht oder Dutzende anderer Interviews in der ganzen Welt. Hat Spanien etwa keine Botschaft in Moskau und unterhält Deutschland keine diplomatischen Beziehungen? Ich denke, jeder spricht mit Russland.

Aber wir schließen keine Pakte mit Moskau, wir verlangen nichts. Wir wollen allein unsere Sicht der Dinge direkt erklären können, ohne Vermittler oder Einmischungen, denn darin sind die spanischen Botschaften versiert. España Global wurde extra geschaffen, um in der gesamten Welt gegen uns vorzugehen.

Auch Moskau für mich ein Teil einer großen Welt- und Europahauptstadt, in der ich den Konflikt mit Katalonien erkläre. Das können sie nicht ertragen. Deshalb begannen sie, eine falsche Geschichte von Spionen, Geheimdiensten und ähnlichen zu verfassen, die auch meine akademische Arbeit beeinträchtigt.

Denn ich bin auch Historiker, und als solcher arbeite ich auch an Dingen, die ich nicht preisgeben werde. Aber zum Beispiel arbeite ich daran, dass nach dem Bürgerkrieg viele katalanische Frauen ins Exil in die Sowjetunion gingen. Einige von ihnen arbeiteten später auf internationaler Ebene mit Moskau zusammen und einige von ihnen waren Teil des KGB in Amerika, in Europa, an verschiedenen Orten.

Sie taten dies aufgrund politischer Überzeugungen, mit denen ich nicht einverstanden sein muss. Aber das ist ein historischer Fakt. Viele von ihnen wurden ignoriert, sind hier in Katalonien unbekannt, aber sie haben katalanische Vor- und Nachnamen.

Aber ich habe einige Archive eingesehen, denn als Historiker fasziniert mich, dass es diese Frauen gab, die an eine kommunistische Revolution glaubten. Aber die sagten dem KGB in Moskau auch: Ich komme zwar aus Spanien, aber ich bin Katalanin und spreche Katalanisch. Eine von ihnen war eine der ersten Sprecherinnen auf Katalanisch im Moskauer Radio, als Katalanisch in Europa noch nicht zu hören war, weil kein Radiosender nach 1939 auf Katalanisch sendete. In Europa sprach man Katalanische in dieser Zeit nur aus Moskau.

Aber die New York Times hat behauptet: "In Moskau traf sich Josep Lluís Alay, ein Abgesandter des im Exil lebenden ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont, mit russischen Beamten, ehemaligen Geheimdienstagenten und dem Enkel eines gut vernetzten KGB-Spions. Das Ziel war es, russische Hilfe für die Abspaltung Kataloniens von Spaniens zu erhalten." Was ist da dran?

Josep Lluis Alay: Das mit dem Enkel eines KGB-Spions ist kurios. Jewgeni Primakow war russischer Ministerpräsident im Russland unter Präsident Boris Jelzin, er stand daher sogar dem Westen näher. Tatsächlich habe ich mit dessen Enkel einen Tee getrunken. Zu diesem Zeitpunkt war der Duma-Abgeordneter, gehörte aber nicht einmal der Regierung an.

Über was wurde gesprochen?

Josep Lluis Alay: Natürlich haben wir über die Welt, über Europa, Katalonien und Russland gesprochen. Ich habe ihn aber nicht getroffen, weil er Abgeordneter war, sondern weil er die beliebteste Fernsehsendung zu internationalen Themen im ersten russischen Kanal leitete.

Er war früher Kriegsberichterstatter und ist in Russland ein angesehener Journalist. In Russland hatten bereits die Komsomolskaja Prawda, die größte russische Zeitung, Präsident Puigdemont interviewt. Wir dachten, es wäre für die Leute dort interessant, den Präsidenten auch im russischen Fernsehen zu hören und zu sehen, wie er auch in vielen anderen Fernsehsendern zu sehen war. Deshalb traf ich mich mit Primakow.

Vier Monate danach kam ein russisches Fernsehteam nach Waterloo in Belgien, um ein Interview mit dem Präsidenten zu führen, das am 19. Oktober 2019 ausgestrahlt wurde. Da war nichts geheim, alle können sich das ansehen. Herr Primakow hat das Programm eingeleitet und über die Situation in Katalonien gesprochen. Die ganze Welt hat damals, nach den Urteilen gegen die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung, nach Katalonien geschaut, auch die Russen.

Denn es gab ernste Zusammenstöße auf den Straßen, die von Richtern mit völlig ungerechten Urteilen provoziert worden waren. Deshalb waren auch die Russen daran interessiert, mit Präsident Puigdemont zu sprechen, damit der erklärt, was in diesem demokratischen, freien usw. usw. Europa vor sich geht, dass Brüssel Moskau immer zu verkaufen versucht.

Bei einer akademischen Tagung in Moskau kam auch die Idee auf, ein Buch zu übersetzen, einen Roman über ein russisches Spionagepaar, das 20 Jahre lang in den USA lebte und sich als amerikanische Staatsbürger ausgab. Die Geschichte ist so bekannt, dass sechs Staffeln einer Fernsehserie darüber liefen.

Es war in den letzten zehn Jahren eine der beliebtesten Serie in den USA.Es handelt sich um eine Fiktion, die Elena Vavilova verfasst hat. Ich habe das Buch vom Russischen zunächst ins Katalanische und danach ins Spanische übersetzt.

Vor zwei Monaten gab es dann einen weiteren Bericht in einem dieser rechten Medien in Madrid. Demnach habe die Guardia Civil ein von mir verfasstes Dokument gefunden, das meine Beziehungen zu russischen Geheimdiensten wie dem SFB, dem Äquivalent der CIA, und meine direkten Kenntnisse über diese Geheimdienste belegen soll.

Wissen Sie, was das für ein Dokument ist?

Josep Lluis Alay: Es ist die erste Seite meiner Übersetzung! Das ist der Beweis, dass ich ein SFB-Agent bin, ein Agent Putins also. Weil ich so gut die russischen Geheimdienste beschreibe. Meine Güte. Es ist die erste Seite eines Romans. Das ist alles so absolut lächerlich!

Das übersetzte Buch und die erste Seite, die Spanien für ein Geheimdokument hält. Foto: Ralf Streck

Wie bewerten Sie die jüngsten Entwicklungen, dass der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gesagt hat, ein Bericht des europäischen Geheimdienstes (EU INTCEN), auf das sich die New York Times auch bezogen hat, existiere nicht?

Josep Lluis Alay: Dies ist ein weiterer Beweis für die fehlende Wahrheit des Artikels von Schwirtz und Bautista. Sie sagen, dass sie ihren Artikel auf Informationen stützen, die ihnen jemand aus dem Umfeld der spanischen Polizei zugespielt hat. Und ich behaupte, dass der Bericht vermutlich illegal erstellt wurde.

Es sind aus dem Zusammenhang gerissene Kommentare, die einfach meist völlig falsch sind. Das zweite Standbein des Artikels sei "ein europäischer Geheimdienstbericht." Europaabgeordneten haben die EU-Kommission befragt, ob es Bericht gibt. Der Nachrichtendienst (EU INTCEN) sagt, dass es keinen Bericht von ihm zu diesem Fall gibt und gegeben hat. Sie distanzieren sich ausdrücklich von der Geschichte.

Wohin führt uns das? Könnte es sein, dass die Autoren dieses Berichts wieder einmal die spanischen Geheimdienste sind? Sie sagen, ihre Informationen seien belegt. Unsere Antwort darauf ist sehr einfach: Zeigen Sie uns den Bericht und sagen Sie uns, von welcher Agentur er stammen soll. Das würden ihre Quellen nicht gefährden, aber wir könnten den Wahrheitsgrad abschätzen.

Ich kann Ihnen versichern, dass der null sein wird. Sie müssen im Zusammenhang des Times-Artikel berücksichtigen, der auf diesem angeblichen Bericht basiert, dass der nicht allein mich kompromittiert.

Er kompromittiert auch Präsident Puigdemont und unseren Anwalt Gonzalo Boye, der übrigens auch zu den am meisten verfolgten Personen der spanischen Repression gehört. Die erfolgreiche Verteidigungsstrategie der katalanischen Exilanten wurde von Boye entworfen. Das ist der Grund, warum sie ihn beseitigen wollen und ihn verfolgen.

Doch trotz der Vorgänge lässt der Richter und die Guardia-Civil die Russland-Geschichte nicht fallen. Aber es ist auch wahr, dass sie keinen Staatsanwalt finden, der daraus eine Anklage machen will. Die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft hat wiederholt das Provinzgericht in Barcelona gewarnt, dass es sich um eine Untersuchung handelt, die völlig außerhalb der Rechtsstaatlichkeit liegt.

Denn es handelt sich um eine vorausschauende Ermittlung. Sie haben mir mein Handy abgenommen, um zu schauen, ob sie etwas finden, das sie mir vorwerfen können. Dies steht absolut im Widerspruch zur Rechtsstaatlichkeit. Stellen Sie sich vor, sie würden auf der Straße angehalten, man nimmt Ihnen das Handy ab und schaut nach, ob Sie etwas getan haben.

Das ist fast wie in den schlimmsten Diktaturen. Sogenannte prospektive Ermittlungen sind in einem Rechtsstaat verboten. Doch das macht die Staatsanwältin bei mir. Ich muss auch hinzufügen, dass ich in einigen Fällen offen verfolgt worden bin. In Genf zum Beispiel. Ich weiß nicht, ob das Spanier waren. Ich weiß nicht, welcher Einheit sie angehörten oder ob sie überhaupt einer Polizeieinheit angehörten oder ob wir es sogar mit etwas noch Gefährlicherem zu tun haben, das einen bedrohen soll.

Sie wollen klarstellen, dass sie dich jederzeit kriegen können, wissen, wo man sich aufhält, was man tut. Ich kann Ihnen sagen, das bis vor kurzem ein Peilsender an meinem Auto befestigt war. Ich weiß nicht, ob das legal oder illegal gemacht wurde.

Also ebenfalls ein Peilsender wie am Auto von Puigdemont, als er in Deutschland verhaftet wurde?

Josep Lluis Alay: Ja. Wie auch an dessen Auto, nun auch einer an meinem. Sie hatten viel Pech, dass sich der Sender im Auspuffrohr auflöste und wir die Überreste finden konnten. So muss ich leben.