Netzfragen zur Bundestagswahl: Vorratsdatenspeicherung ist "einfach von Grund auf abzulehnen"

Seite 3: Datenschutz und Privatsphäre

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Die Linke lehnt die Vorratsdatenspeicherung strikt ab. Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Linke, kommentiert das Vorhaben mit "Speichern auf Teufel komm raus". Gäbe es für Ihre Partei denn eine Alternative, welcher Sie sofort zustimmen würden?

Petra Sitte: Wir müssen nicht für jeden Unfug eine Alternative vorlegen: Manche Dinge sind nun mal einfach von Grund auf abzulehnen. Wer Ermittlungsbehörden in ihrer Arbeit unterstützen will, sollte sich eher Gedanken über personelle Ausstattung machen als über immer neue Eingriffsbefugnisse.

Obwohl die CDU vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert ist, soll die Vorratsdatenspeicherung nochmal enorm aufgestockt werden. Wie stehen Sie dem gegenüber?

Petra Sitte: Wir finden das absurd und gefährlich. Irgendwann muss auch mal Schluss sein: Wer klare Urteile immer und immer wieder durch neue Vorlagen ignoriert, untergräbt auch das Vertrauen in die Politik insgesamt.

Würde die Vorratsdatenspeicherung Ihrer Meinung nach einen Mehrwert bei der Bekämpfung von Terrorismus bieten?

Petra Sitte: Die Vorratsdatenspeicherung ist ja keine abstrakte Zukunftsvision, wir hatten das in Deutschland schon mehrere Jahre lang. Und weder hier noch anderswo hat es nachweisbar dazu geführt, dass die Strafverfolgung besser funktioniert hat.

Wollen Sie Verschlüsselungsverfahren, die nach derzeitigem Sachstand nicht oder nur mit extremem technischen Aufwand überwunden werden können, in ihrer Anwendung beschränken?

Petra Sitte: Auf keinen Fall. Das ist es ja, was bei Verschlüsselung der Qualitätsstandard sein sollte. Eher würde ich die Anwendung weniger sicherer Verfahren beschränken, wenn damit Leute in falscher Sicherheit gewiegt werden.

Beschreiben Sie Ihre Position zur Forderung nach staatlichen Hintertüren in den Verschlüsselungen von Messengern und anderen Kommunikationsdiensten.

Petra Sitte: Strikt dagegen. Schon allein, weil es sich gar nicht verhindern lässt, dass eine solche Hintertür auch von anderen ausgenutzt wird, seien es irgendwelche autoritären Regime oder auch bloß Kriminelle.

Hilft eine staatlich verordnete Schwächung von Verschlüsselungsverfahren dabei, den (inter)nationalen Terrorismus zu bekämpfen? Beschreiben Sie Ihre Einschätzung.

Petra Sitte: Im Gegenteil. Wenn der Staat Hintertüren und schwache Kryptographie verordnet, schadet er der IT-Sicherheit insgesamt und erhöht damit auch die Anfälligkeit für Angriffe. Wer es hingegen wirklich darauf anlegt, wird auch immer Wege finden, ein staatliches Verbot zu umgehen. Im Zweifel programmiert sich eine Gruppe dann eben ihren eigenen Kryptomessenger, was im Bereich der organisierten Kriminalität schon vorgekommen ist.

Befürchtet Die Linke, dass nach der Aufkündigung der Pariser Verträge nun das EU-US-Privacy Shield seitens Donald Trump aufgekündigt werden könnte?

Petra Sitte: In Bezug auf Donald Trump befürchten wir eigentlich alles. Es ist allerdings jetzt schon fragwürdig, ob das Privacy Shield eine hinreichende Garantie ist, und das Verhalten der Regierung Trump stellt das nur noch weiter in Frage.

Sollte es doch zu einem Horror Szenario im Hinblick auf das Privacy-Shield kommen: was wäre ein möglicher Plan B Ihrer Partei?

Petra Sitte: Wenn dieser Ansatz scheitern sollte - sei es, weil die Vereinigten Staaten das Abkommen kündigen, sei es, weil der EuGH es aus ähnlichen Gründen wie bereits das Safe-Harbour-Abkommen verwirft -, bleiben nicht viele andere übrig. Entweder gelingt es, ein neues Abkommen zu verhandeln, oder Datenübermittlung in die Vereinigten Staaten muss sich in Zukunft auf andere Grundlagen stützen oder unterbleiben. Es muss dann allerdings größtmögliche Klarheit hergestellt werden, unter welchen Bedingungen eine Übermittlung noch zulässig ist.

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