Neue Daten zum Astrazeneca-Vakzin: Weniger Übertragungen, mildere Verläufe
Seite 2: Keine sterile Immunität, aber Halbierung der Transmissionsrate möglich
- Neue Daten zum Astrazeneca-Vakzin: Weniger Übertragungen, mildere Verläufe
- Keine sterile Immunität, aber Halbierung der Transmissionsrate möglich
- Schwerwiegende Gerinnungsstörungen durch Impfungen?
- Fehlaktivierung der Thrombozyten "ganz selten"
- Fazit:
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Ein Schutz vor asymptomatischen Infektionen besteht nach einer einmaligen Impfung nicht und ist nach zwei Impfungen gering (22 Prozent). Dies geht aus Analysen einer Studie hervor, bei der ein Teil der Probanden wöchentlich auf SARS-CoV-2 abgestrichen wurde. Rechnet man die symptomatischen und asymptomatischen Infektionen zusammen (alle positiven PCR-Tests), dann beträgt dieser Schutz nach zwei Impfungen 54,1 Prozent. Dies könnte eine Halbierung der Transmissionsrate bedeuten und einen bedeutsamen Einfluss auf die Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung haben.
Der wichtigste Effekt der Impfung ist jedoch, dass potenziell schwere Covid-19-Erkrankungen milder verlaufen und potenziell milde Verläufe asymptomatisch bleiben, urteilt der Arzneimittelbrief.
Begleitende Untersuchungen zur Immunogenität bei Probanden unter 55 Jahren unterstützen die Beobachtung, dass eine Verlängerung des Impfintervalls wirksamer sein könnte: Zweimal Geimpfte entwickeln mehr als doppelt so hohe Antikörper-Titer gegen das SARS-CoV-2-Spike-Glykoprotein, wenn die zweite Dosis erst nach mehr als zwölf Wochen verabreicht wird, als bei einer zweiten Impfung innerhalb von sechs Wochen. Die Antikörpermessungen sprechen auch für das Konzept der Auffrischungsimpfung: Nach einmaliger Impfung nimmt die Menge der Antikörper über einen Zeitraum von sechs Monaten um 64 Prozent ab. Die zweite Impfung dürfte also wichtig für die Dauer der Immunität sein.
Hinweise zur Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs bei älteren Geimpften kommen aus Schottland. In einer derzeit nur als Preprint vorliegenden Analyse wurde die Wirksamkeit der ersten Dosis in einer prospektiven Impfkohorte untersucht. Zwischen dem 8. Dezember 2020 und 15. Februar 2021 wurden mehr als 1,13 Millionen Personen in Schottland geimpft, darunter 535.607 im Alter 65 bis 79 Jahren und 206.729 im Alter von 80 Jahren und älter (Impfquote 70,6 bzw. 77,7 Prozent für die Erstimpfung).
Anders als in Deutschland und Österreich ist der in Schottland am meisten verwendete Impfstoff in der Altersgruppe von 75 Jahren aufwärts die Astrazeneca-Vakzine, weil dieser in Großbritannien als erster zugelassen wurde. Weniger als 20 Prozent der älteren Schotten haben den Biontech-Pfizer-Impfstoff erhalten.
Die Wirksamkeit dieser beiden Vakzine wurde anhand der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung wegen Covid-19 errechnet, im Vergleich zu Ungeimpften der gleichen Altersgruppe. Sie betrug nach der ersten Dosis der Vakzine von Biontech-Pfizer 85 Prozent und nach der von Astrazeneca 94 Prozent. Diese Registerdaten haben die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland dazu bewogen, am 4. März die Astrazeneca-Vakzine für alle Altersgruppen zu empfehlen, also jetzt auch für Personen von 65 Jahren aufwärts.
Daten zur Sicherheit
Als Mediziner erinnert man sich an dieser Stelle zunächst an eine grundlegende Erkenntnis der Pharmakologie, die Professor Dr. Gustav Kuschinsky so formuliert hat:
"Wenn behauptet wird, dass eine Substanz keine Nebenwirkung zeigt, so besteht der dringende Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat." Gustav Kuschinsky (1904-1992)
Deshalb sind die unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) ein zentrales Thema bei der Arzneimittelbehandlung im Allgemeinen und beim präventiven Einsatz von Impfstoffen im Besonderen, da diese in der Regel Gesunden verabreicht werden. Ein derartiger Einsatz ist nur vertretbar, wenn das Risiko der Erkrankung, die verhindert werden soll, um ein Vielfaches höher ist als das Risiko der Vakzine.
Hinsichtlich der UAW ergeben sich aus der zweiten Zwischenanalyse laut Arzneimittelbrief keine neuen Aspekte. Nach Impfung mit der Astrazeneca-Vakzine erleiden 2,1 Prozent eine UAW der (Häufigkeits)-Kategorie 3 oder 4, das heißt gelegentlich bis selten, im Vergleich zu 1,7 Prozent der Konotrollgruppe.
Eine als schwerwiegend klassifizierte UAW wurden bei 108 von 12.282 Personen (0,9 Prozent) nach Injektion des Astrazeneca-Impfstoffs gemeldet - gegenüber 127 der Kontrollgruppe (1,1 Prozent von 11.962). Dabei handelte es sich häufig um Infektionen, gastrointestinale UAW und neurologische Störungen. Insgesamt gab es in beiden Gruppen sieben Todesfälle, die alle als nicht mit der Impfung im Zusammenhang stehend bewertet wurden - darunter einer durch Covid-19 in der Kontrollgruppe.
Das Paul Ehrlich-Institut (PEI) hat am 4. März einen Sicherheitsbericht zu Covid-19-Impfstoffen veröffentlicht. Demnach wurden in Deutschland bis zum 26. Februar insgesamt 5,9 Millionen Impfdosen verabreicht, davon 363.645 mit dem Astrazeneca-Impfstoff (6,1 Prozent).
Die Verdachtsfall-Melderate für UAW betrug für alle drei bisher zugelassenen Impfstoffe 2,0 pro 1.000 Dosen und für schwerwiegende UAW 0,3 pro 1.000 Dosen. Die Astrazeneca-Vakzine lagen mit 7,6 Fällen pro 1.000 Dosen insgesamt über dem Schnitt, mit 0,2 schweren UAW pro 1.000 Impfungen aber darunter. Dabei dominieren grippeähnliche Symptome, Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Daher wird vielerorts die begleitende Einnahme von Paracetamol empfohlen, wie dies auch von einem Teil der Probanden in den Studien praktiziert wurde.