Neue Daten zum Astrazeneca-Vakzin: Weniger Übertragungen, mildere Verläufe

Seite 5: Fazit:

1. Auch die am 6. März vorgelegte zweite Zwischenanalyse von Astrazeneca hat günstige Ergebnisse für Wirksamkeit und Sicherheit dieses Impfstoffs erbracht.

2. In den letzten Wochen ist jedoch über eine Reihe von möglichen Nebenwirkungen in Form von Gerinnselbildungen in venösen Blutgefäßen, vor allem Sinusvenenthrombosen des Gehirns, berichtet worden, die zunächst nicht kausal mit der vorherigen Impfung mit Astrazeneca-Vakzinen in Zusammenhang gebracht wurden.

3. Inzwischen sind europaweit etwa 40 bis 50 derartige Fälle bekannt geworden. Wissenschaftler haben einen möglichen Pathomechanismus für diese schwerwiegenden Störungen aufgezeigt. Deshalb muss man davon ausgehen, dass ein möglicher kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und diesem Geschehen besteht.

4. Von dieser möglichen schwerwiegenden UAW ist aber nur eine sehr geringe Anzahl von Personen im Vergleich zu den vielen Millionen bisher mit der Astrazeneca-Vakzine Geimpften betroffen. Bei den Betroffenen handelt es sich überwiegend um Frauen im mittleren Alter. Die sehr geringe Häufigkeit dieser UAW erklärt, warum derartige Störungen in den Phase-III-Studien bisher nicht festgestellt worden sind.

5. Das Auftreten dieser möglichen schwerwiegenden UAW beim Astrazeneca-Impfstoff ist ein herber Rückschlag bei den Bemühungen um eine schnelle Durchimpfung der Bevölkerung, weil dadurch vermutlich viele Menschen verunsichert werden.

6. Angesichts der herrschenden Impfstoffknappheit wäre es sehr wünschenswert, wenn weitere Impfstoffe, die sich bewährt haben, in der EU und bei uns in Deutschland verfügbar wären. Dazu gehört auch der russische Impfstoff Sputnik V. Deshalb ist es verhängnisvoll, wenn der EU-Binnenkommissar "absolut keinen Bedarf" an Sputnik V sieht und das damit begründet, dass mit den bereits bestellten Impfstoffen bis Mitte Juli eine Herdenimmunität erreicht werden könne. Die schnelle Verfügbarkeit von mehr wirksamem und sicherem Impfstoff wäre von großer Bedeutung, um die Sterblichkeit an Covid-19 weiter zu senken.

7. Aber auch, wenn genügend Impfstoff in Deutschland zur Verfügung stände, werden in den kommenden sechs Monaten vermutlich nicht genug Menschen geimpft werden können, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Für Kinder und Jugendliche sowie für Schwangere sind die Impfstoffe nicht zugelassen. Außerdem gibt es eine größere Gruppe von Menschen, die sich voraussichtlich nicht impfen lassen wird. Diese Gruppe könnte durch das Bekanntwerden der schwerwiegenden möglichen Nebenwirkungen der Astrazeneca-Vakzine gewachsen sein.

8. Deshalb ist eine weitere gründliche Aufklärung über diese und andere mögliche Nebenwirkungen sehr wichtig, weil nur dadurch das Vertrauen in den Nutzen der Impfung erhalten werden kann.

9. Um eine Beendigung der Pandemie und schrittweise wieder "Normalität" zu erreichen, sind neben einer umfassenden Impfung aus meiner Sicht für einige Wochen möglichst konsequente nicht-pharmazeutische Maßnahmen notwendig, um eine Niedrig-Inzidenz zu erreichen, wie hier bereits am 17. März dargestellt.

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin- Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin- Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit.

E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de