Neues von der britischen Beeinflussungskampagne des ominösen Institute of Statecraft

Seite 2: Warten auf die Katastrophe oder erzwingen von Veränderungen jenseits der Politik

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Und dann kommt einmal wieder Christoph Donelly, der Mitgründer des Institute of Statecraft und Leiter der Integrity Initiative ins Spiel. Er hat nach einem Protokoll am 12. Oktober 2016 mit Ex-General Richard Barrons gesprochen, der im April in den Ruhestand getreten war, nachdem er drei Jahre als Kommandeur des Joint Forces Command fungiert hatte. Es ist also kein kleiner Fisch, sondern ein Mann, der auch im Ruhestand noch Fäden ziehen kann.

Nach dem Protokoll haben die beiden den katastrophalen Zustand der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Großbritannien und der Nato besprochen. Russland gilt ihnen neben China als der große Feind, die USA könne UK nicht mehr schützen. Für Großbritannien, so das Fazit, bestehe ein "wirkliches Risiko", es bestehe kein "militärischer Vorteil gegenüber Russland" mehr. Das Militär hat zu wenig Geld, das Material ist nicht gut, das Personal ist nicht kampfbereit, sowieso sind die Streitkräfte nur noch "minimal" eingesetzt, es fehle an strategischem Denken, nach Irak und Afghanistan gebe es keine Lust mehr auf Interventionen: Alles ist schlecht.

Es gebe nur ein paar Bereiche, in denen "wir" gut sind: Die Armee verstehe die Bedeutung des Infokriegs und die 77. Brigade, die soziale Medien nutzt, würden ebenso wie ein Team des Außenministeriums (wahrscheinlich meint er das Institute of Statecraft und die Initiative) gute Arbeit leisten, etwa im Bereich der hybriden Kriegsführung. Was kann man tun, fragen sich die beiden, zumal das Militär nicht sprechen darf und die Regierung die Einsicht in die Probleme verweigert?

Es folgen verschwörerische Ansätze: "Wenn sich keine Katastrophe ereignet, um die Menschen aufzuwecken und eine Antwort zu verlangen, müssen wir eine Möglichkeit finden, damit der Kern der Regierung das Problem erkennt und das aus dem politischen Raum nimmt. Wir müssen über die Köpfe von eigennützigen Interessen hinweg Veränderungen erzwingen. PS: Wir machten dies in den 1930er Jahren." Man müsse, so Donelly, "entweder die Debatte erzeugen oder darauf warten, dass etwas Schlimmes geschieht, das uns schockhaft zum Handeln zwingt". Wichtig sei, dass eine Debatte außerhalb der Regierung entsteht.

Operation Iris

Daraus lässt sich natürlich nicht ableiten, dass das Institute oder die Initiative mit dem Skripal-Anschlag am 4. März etwas zu tun haben, aber aus den Dokumenten geht hervor, dass man ihn für eine Beeinflussungskampagne ausschlachten wollte, in der unterstellt wurde, dass Russland der Täter war und eine Desinformationskampagne führt. Eingeleitet wurde offenbar die "Operation Iris". Das muss schnell gegangen sein, denn die beauftragte Firma Harods Associates lieferte bereits am 11. April den ersten "persönlichen und vertraulichen" Bericht an Greg Rowett vom Institute of Statecraft. Darin wurde analysiert wie Medien über den Fall berichten und wo "Mängel" in der antirussischen Berichterstattung, Desinformation in sozialen Medien oder überhaupt pro-russische Tendenzen festzustellen sind. Besondere Beachtung fanden russische oder Kreml-Trolls.

Auch weiterhin gab es Versuche, den Skripal-Fall mit dem weiterhin unbewiesenen Giftgasangriff in Duma zusammenzubringen. Darüber gab es ein "Disinformation update" von Andy Pryce, dem Leiter des Programms für Anti-Desinformation und Medienentwicklung (HMG Russia Unit, Eastern Europe and Central Asia Directorate) des britischen Außenministeriums. Interessant auch, welche angeblichen verlässlischen Quellen empfohlen werden: European External Ac4on Service East StratComm Task Forces Disinformation Review, the Atlanic Council DFRLab, Bellingcat und Stopfake.