Nobelpreis für einen "Genozid-Leugner"

Seite 3: Srebrenica und Kriegsverbrechen

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Die damalige U.S.-Botschafterin bei der UNO, Madelaine Albright, drohte den Serben Ende Juli 1995, man verfüge über Satellitenbilder von Massengräbern bei Nova Kosaba, 19 km von Srebrenica entfernt, und eine Vertuschung ihrer Verbrechen würde genauestens verfolgt werden. Später wurden den Serben Umbettungen vorgeworfen. Die Existenz von Massengräbern mit neuen Massengräbern verheimlichen - das ist der Gipfel der Infamie. Dann hieß es, die Leichen seien einzeln verscharrt worden. Unbemerkt? "Über 7.000"? Bar realer Möglichkeiten für derartige Operationen? Schon Treibstoff war knapp.

Auf Luftbildern lassen sich Erdaufschüttungen noch aus der Römerzeit ausfindig machen. Immer wenn es passt, versagt die Technik. Als in der Ukraine 2014 das Passagierflugzeug MH17 abgeschossen wurde, ließ der damalige US-Außenminister am gleichen Tag wissen, man hätte Material in Händen, das die Schuld Russlands belege. Darauf wartet die Welt noch heute. Sie wird vermutlich auch keine Belege für den "Genozid von Srebrenica" zu sehen bekommen.

Am 27. Juli 1995 erfolgte vor dem ICTY die Anklage gegen die bosnisch-serbische Führung wegen "Völkermord" in Srebrenica, obwohl, so Edward Herman in einem Interview, drei Tage zuvor ihr Chefermittler für Bosnien, Herbert Wieland, mitteilte, dass er bei Vor-Ort-Ermittlungen keine einzige Person gefunden habe, die Exekutionen bezeugen konnte. Der von Cees Wiebes verfaßte Anhang einer von der holländischen Regierung 2002 herausgegebenen Studie zeige, dass westlichen Nachrichtendiensten keinerlei Informationen über die Vorbereitung und Planung eines gezielten Massakers vorlagen und es keine Satellitenaufnahmen oder andere Zeugnisse von Massakern, Exekutionen oder Aushebung von Gräbern gebe.11

Bei Novo Kosaba fand man 33 Leichen, ohne ihre Todesursache zu klären. Bei den serbischen Toten des Massakers in Gornja Jošanica wurde sie geklärt: 56 Zivilisten, darunter 21 Frauen und drei Kinder von zehn, sieben und zwei Jahren wurden mehrfach erstochen, wiesen durchgeschnittene Kehlen und Verstümmelungen am Körper auf, einige waren mit Drähten gefesselt, wobei Hände, Füße und Schädel mit stumpfen Gegenständen zertrümmert waren.

Die auf Initiative von Clinton 1996 gegründete International Commission on Missing Persons hingegen hat sich laut eigenen Angaben auf DNA-Analysen von Leichen aus verstreuten Gräbern beschränkt, was exakt der den Serben zugeschriebenen Taktik entspricht, die Ermordeten fortlaufend umzubetten. Die Todesursachen wurden nicht näher spezifiziert: Das erübrigte sich, denn jeder Tote, bei dem eine Verbindung zu Angehörigen in Srebrenica aufgezeigt werden konnte, wurde per se zu einem Genozid-Opfer. Soweit in Srebrenica forensische Untersuchungen stattgefunden hatten, deutete für Yossef Bodansky, Leiter der "International Strategic Studies Association", alles darauf hin, daß die Zahl der toten Muslime sich im Rahmen von Hunderten bewegte. Weitaus höhere Zahlen sollten auch die Morde der Muslime an serbischen Bewohnern der Stadt verdecken.12

In Srebrenica selber kam es im Juli 1995 zu Gefechten, bei denen etwa 100 Menschen starben. Bei ihrer Absatzbewegung gerieten die bosnisch-muslimischen Truppen mehrmals in serbische Hinterhalte, was etwa 2.000 Soldaten das Leben kostete. Herman hält serbische Racheakte an männlichen Muslimen im Soldatenalter mit 500 bis 1.000 Exekutionen für möglich. Das wäre schrecklich genug, wäre aber nichts, womit man in einem Bürgerkrieg nicht rechnen müsste. Mit einem "Genozid" hätte es nicht zu tun. Herman bezeichnet den ganzen Rummel um das "Srebrenica-Massaker" als einen gigantischen politischen Betrug.13 Es wäre ein Betrug, von dem die Gerüchte den damaligen CIA-Mann Baer im Voraus erreichten.

Unter den muslimischen Opfern in Srebrenica befand sich, interessant für einen "Völkermord", keine einzige Frau und kein Kind. Auch nicht Ibran Mustafić. Er war Mitglied der Izetbegović-Partei und Bürgermeister von Srebrenica. Er wurde unversehrt aus serbischer Gefangenschaft entlassen. Überreste von "mehr als 7.000" Toten oder exakt "8.372" in der Gegend von Srebrenica zu finden, stellt keine Schwierigkeit dar: Es war ein Schlachtfeld. Für Phillip Corwin, von Frühjahr bis Sommer 1995 Civil Affairs Coordinator and Delegate of the Special Representative for the UN Secretary General for Bosnia and Herzegovina, gab es nicht in Srebrenica ein singuläres Massaker an Muslimen durch Serben. Stattgefunden habe eine Serie blutiger Angriffe und Gegenangriffe, die sich über drei Jahre hinzogen.

Der französische General Philippe Morillon, seinerzeit Kommandeur der UNO-Streitkräfte in Bosnien, sagte vor dem ISGH, Orićs Greueltaten seien ein Grund für die Reaktion der Serben im Juli 1995 gewesen, die in der Einnahme von Srebrenica gipfelte. In diese Ereignisse sei, so Herman, der seinerzeitige Präsident Serbiens, Slobodan Milošević, nicht involviert gewesen. Das ICTY war anderer Ansicht und ließ ihn, bevor der Prozeß vollends zur Farce geworden wäre, in seiner Zelle sterben. Er war Schuldiger an einem "Völkermord". Zweifel an dem einen wie dem anderen durfte und darf es nicht geben: Milošević war der neue Hitler, wie vor ihm Mohammad Mossadegh und nach ihm Saddam Hussein oder Muammar Gaddafi. Sie standen an der Spitze von Ländern, die unter Kontrolle zu bringen waren - egal mit welchen Auswirkungen auf ihre Bewohner.

Davon abzulenken dient auch eine allein von den U.S.A. mit einer Million USD gesponserte Gedenkanlage in Srebrenica. Eindrucksvoll war die Anwesenheit der einzigen Vertreter von NATO-Staaten 2015 beim 20jährigen Jahrestag des "Völkermords in Srebrenica", Clinton und Albright. Zwei Kriegsverbrecher bezeugten ihr tiefes Anliegen. Der von ihnen zu verantwortende Einsatz von Uran-Munition auch in Jugoslawien verursachte und verursacht unsägliches Leid. Es wird noch Generationen beschäftigen, aber nicht den ISGH (so schnell jedenfalls nicht). Das maßgeblich von den beiden in Gang gesetzte, von 1991 bis 2003 andauernde Embargo gegen den Irak hat Millionen Menschen das Leben gekostet. Albright tat der Tod von einer halben Million Kinder leid, aber sie versicherte, es sei den Preis wert gewesen.

Die seinerzeitig Verantwortlichen für das UN-Hilfsprogramm, Dennis Halliday und Hans von Sponeck, glaubten es nicht und traten von ihren Posten zurück. Sie bezeichneten das Embargo als Genozid. Das entspricht nicht dem dominanten Bild in der veröffentlichten Meinung. Ihr gilt der Massenmord, den die USA seit 1991 von Pakistan über Afghanistan, Irak, Syrien bis Libyen veranstalteten mit bis zu sieben Millionen Toten (und noch mehr Verletzten, Traumatisierten und Vertriebenen), nicht einmal als Verbrechen. Gelegentlich wird er als "verfehlte Politik" oder "Abenteuer" bezeichnet. Damit ist der Rahmen für Diskussionen ausgeschöpft. Der Krieg gegen Jugoslawien war die Blaupause für das Muster, nach dem die Begründungen für die Kriege der NATO in die Köpfe der Bevölkerung der angreifenden Staaten einzuhämmern waren. Das ist der Grund, weshalb der Mythos des "Genozids von Srebrenica" mit Zehen und Klauen verteidigt werden muss.

Der Lärm um Handke ist Bestandteil von PR-Aktionen, mit denen geopolitische Strategien in den Mantel reaktiver Schutzmaßnahmen gehüllt werden. Diese Apologien weltweiten Terrors bauen auf das Versagen natürlicher Instinkte der Skepsis gegenüber den Worthülsen der Macht. Das war so im Golf von Tongking oder bei den irakischen "Massenvernichtungswaffen". Früher oder später fliegt zwar alles auf, und von dem Spiegelkabinett mit seinen sich gegenseitig reflektierenden Ansichten bleibt ein Scherbenhaufen. Aber das spielt meistens keine Rolle mehr, solange sich der nächste Betrug einfädeln lässt. Entscheidend wäre die Überwindung des korrupten, kriminellen Systems, das dahinter steht.

An den Überfall auf den Sender Gleiwitz glaubt kein Mensch mehr. Von den faschistischen Ideen totalitärer Macht, ökonomischer Knebelung und kolonialistischer Brutalität wird man das nicht behaupten - zumindest nicht, wenn man Augen im Kopf hat und Verstand zu sehen. Es käme auf uns an, die praktische Ohnmacht zu durchbrechen. Sie besteht im Mangel des gesellschaftlichen Zusammenhangs, in dem Kritik eine gegenständliche Kraft entfalten würde.

Srebrenica war eine entscheidende Etappe in der Propaganda für den Krieg gegen Jugoslawien, der wiederum die Büchse der Pandora öffnete für die desaströsen Feldzüge des Westens unter Leitung der USA in strategisch wichtigen, ressourcenreichen Gegenden. Diese Katastrophenpolitik in Frage zu stellen, hieße, ihre Vorwände in Frage zu stellen. Damit hier nichts aus dem Ruder läuft, muss in Srebrenica ein Genozid stattgefunden haben. Es kann nicht anders sein, weil es anders nicht sein darf. Eine Welt würde einstürzen. Es ist eine Welt, die sich nur die Profiteure großer Konzerne und der Waffenindustrie leisten können: eine Welt der Ausbeutung, autoritärer Strukturen und todbringender Herrschaft. Zwischen ihren Riesenbeinen, um Shakespeare zu paraphrasieren, wandeln die Heerscharen hingebungsvoller Hilfsarbeiter "und schau’n umher nach einem schnöden Grab". Die Beigaben sind die Brosamen Karriere und Anerkennung, was für die meisten Überleben bedeutet - und sei es das vage Gefühl von Akzeptanz. Wie als zweites Naturell haben sie das Leitmotiv verinnerlicht: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht - man muss immer lügen, damit man es selber glaubt. Dem hat sich Handke entgegengestemmt, was ihm nicht nachgesehen wird. Das ist verständlich.