Noch sitzt der Präsident in der Heimat fest im Sattel

Doch langsam und stetig nimmt die Popularität von Bush in den USA ab.

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Noch immer ist die Popularität von Präsident Bush in der amerikanischen Bevölkerung ungewöhnlich hoch. Noch scheint auch der Umgang der Bush-Regierung mit Warnungen vor neuen Anschlägen vor dem 11.9. die Position von Bush nicht entscheidend zu schmälern, doch nach einer aktuellen Umfrage lassen sich die Zeichen der "Normalisierung" doch erkennen. Vor der Reise von Bush nach Europa hat nun auch die frühere Außenministerin Madeleine Albright scharfe Kritik an der "schizophrenen" Politik der US-Regierung geübt.

Die von der Washington Post und ABC durchgeführte Umfrage zeigt, dass die nach dem 11.9. außergewöhnlich hohe Popularität von George W. Bush keinen Bruch erlitten hat, dennoch aber allmählich abnimmt. Noch immer stimmen 76 Prozent der US-Bürger der Politik ihres Präsidenten zu. Am höchsten fiel die Zustimmung mit 92 Prozent im letzten Oktober nach Beginn des Angriffs auf Afghanistan aus. Immerhin 79 Prozent stehen auch noch hinter dem von Bush begonnenen Kampf gegen den Terrorismus.

Ebenso langsam wie die Popularität von Bush und die Zustimmung zum Vorgehen gegen den Terrorismus abnimmt, wächst die Besorgnis, dass die US-Regierung nicht in der Lage ist, künftige Angriffe abzuwehren. Mehr als die Hälfte befürchtet dies bereits - und ist auch der Meinung, dass die US-Regierung vor dem 11.9. mehr hätte tun können. 46 Prozent sind der Meinung, dass die US-Regierung nicht genug auf die Warnungen vor den Anschlägen reagiert hat, auch wenn über die Hälfte glauben, dass die Berichte zu vage gewesen seien, um diese voraussehen zu können. Während ebenso viele Menschen dafür wie dagegen sind, die Meldungen der Geheimdienste zu veröffentlichen, so unterstützen 56 Prozent eine Untersuchung des Kongresses darüber, wie die US-Regierung mit den Geheimdienstberichten vor dem 11.9. umgegangen ist. Eine solche Untersuchung wurde von der US-Regierung bislang abgelehnt. Dafür wird der Regierung aber zugestanden, jetzt besser auf Geheimdienstinformationen zu reagieren.

Inzwischen hat Vizepräsident Dick Cheney vor drohenden Angriffen gewarnt, während FBI-Chef Mueller Selbstmordanschläge ankündigt. Die Bewältigung der Warnungen vor dem 11.9. geht unterdessen weiter. Justizminister John Ashcroft und Mueller suchen Präsident Bush zu decken und sagen, sie hätten zwar kurz nach dem 11.9. Kenntnis vom sogenannten Phoenix-Memo erhalten, aber die Informationen nicht an Präsident Bush weiter gegeben. Noch immer ist - ebenso wie der Geheimdienstbericht vom August für Präsident Bush - der genaue Inhalt des Memos unbekannt, das darauf hingewiesen hat, dass an einer Flugschule in Phoenix Personen, die aus arabischen Ländern stammen, das Fliegen lernen und dass Bin Ladin oder andere Terrorgruppen sich so auf Anaschläge vorbereiten könnten. Unter anderem ging das Memo auch an John O'Neill, der damals noch im New Yorker FBI-Büro Leiter der Antiterror-Abteilung war, im August unter Kritik aber gekündigt und als Sicherheitschef beim WTC zu arbeiten begonnen hatte. Hier wurde er auch bei den Anschlägen vom11.9. getötet.

Wer nun wirklich - und vor allem wann - Kenntnis von dem Memo gehabt hatte, wird sich vermutlich ebenso wie der genaue Inhalt in der nächsten Zeit herausstellen. Noch hüllen sich FBI und CIA ebenso wie die Umgebung von Präsident Bush weitgehend in Unwissen. Erst kürzlich habe etwa die Sicherheitsberaterin Rice davon erfahren, der Justizminister Ashcroft sei bis vor einem Monat nicht genauer darüber informiert worden, Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses, betonte, dass man "keine Hinweise darauf habe, dass der Präsident bis vor einigen Wochen das Memo gesehen oder von ihm gehört" habe. Eine Erklärung, warum auch zu dieser Zeit die Öffentlichkeit nicht informiert wurde, kam gleichwohl bislang nicht von offizieller Seite. Misstrauisch macht natürlich auch, dass auch jetzt der Inhalt des Memos vom Juli und des Geheimdienstberichts vom August noch geheim gehalten wird.

Beim Besuch des US-Präsidenten wird es, so gab seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice gegenüber dem ZDF bekannt, auch um die weitere Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus und vor allem gegen den Irak gehen. Nach Rice erwarte die US-Regierung Mithilfe bei der Überwachung der Sanktionen, aber auch bei der Vorbereitung der Öffentlichkeit auf einen Angriff. Deutschland soll das unterstützen, "was wir sagen über diesen schrecklichen Mann, der sein Leben lang versucht, diese schrecklichen Waffen zu bekommen", meinte Rice, die durchaus klar machte, dass die Kriegspläne gegen den Irak nicht begraben wurden: "Natürlich müssen wir darüber mit unseren Freunden und Verbündeten noch beraten, aber früher oder später muss die freie Welt diese schreckliche Gefahr bekämpfen."

Vor der Abfahrt von Bush nach Europa hat die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright in einer Rede die Regierungspolitik scharf angegriffen. So halte man die Gesetze hoch, "aber scheint man allergisch gegen Abkommen zu sein, die die Herrschaft des Gesetzes in Bereichen wie der Geldwäsche, biologischen Waffen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Umwelt stärken sollen". Auch die Außenpolitik kritisierte sie: "Sie befürworten ein offeneres System des Welthandels, während sie Schutzmaßnahmen für Stahl einführen .... Sie warnen vor den Gefahren von ballistischen Raketen, aber ziehen unnötig Verhandlungen mit Nordkorea über die Reduzierung dieser Bedrohung hinaus. Sie kritisieren Kubas Mängel in der Demokratie, während sie die Autokraten in Malaysia und anderen Ländern rühmen."