Nordirak: Jesiden befürchten erneut Vertreibungen

Seite 4: Spielball der Gebietsansprüche der KDP

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Letztendlich geht es der Barzani-Regierung bei all diesen Aktionen darum, ihre Gebietsansprüche im Shengal durchzusetzen. Mithilfe der sunnitischen Araber will die KDP den Einfluss der irakischen (schiitisch geführten) Zentralregierung im Shengal schwächen und eine Abspaltung der Shengal-Region vom Irak erreichen. Dabei agiert Barzani ähnlich wie Erdogan in der Türkei mit selbstherrlichen Beschlüssen, ohne die zuständigen Ministerien zu informieren.

So wurde z.B. das Peshmerga-Ministerium nicht über die Gründung dieser arabischen Miliz informiert. Dies berichtete der Vertreter des kurdischen Parlaments und des Peshmerga-Ausschusses, Qadir Rizgayi (PUK). Die Türkei ihrerseits unterstützt eine eigene sunnitisch-irakische Miliz, die Hasd Al-Watani, die den Einfluss der Schiiten auf Mosul und die Ninewa-Region (incl.Shengal) bekämpfen soll.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die kurdische Autonomieregierung und die Türkei gemeinsame Ziele verfolgen:

1. Die Zurückdrängung der irakischen Zentralregierung mit dem Ziel, den Shengal in das kurdische Autonomiegebiet einzuverleiben.

2. Die Vertreibung der PKK aus dem Irak, um der PKK ihre Rückzugsorte zu entziehen.

3. Die Etablierung eines Präsidialregimes, denn auch Barzani plant die Unabhängigkeit der kurdischen Autonomieregion unter seiner autoritären Führung.

Die Einverleibung und Instrumentalisierung der Eziden kann nur dann auf friedlichem Wege durchbrochen werden, wenn die internationalen Akteure den Eziden größtmögliche Handlungsspielräume einräumen, sich auf demokratische Weise zu reorganisieren. Die Ansätze dazu sind vorhanden. Dies setzt aber voraus, dass Barzani seine Annektionspläne aufgibt und das Embargo gegen die Shengal-Region aufhebt.

Nur so können die über mehrere Länder verstreuten ezidischen Familien in ihr Heimatgebiet zurückkehren und mit dem Wiederaufbau beginnen. Gerade die ezidischen Flüchtlinge in der Türkei wünschen eine baldige Rückkehr, da ihre Lebensbedingungen in einem islamistischen Umfeld unmenschlich und auch gefährlich sind.