Nordirland zwischen Frieden und Brexit
Seite 4: Die irisch-nordirische Grenze: nicht nur Zollunion
- Nordirland zwischen Frieden und Brexit
- Die wirtschaftspolitische Bedeutung des Brexits im UK
- Die Architektur des Friedens in Nordirland ist europäisch
- Die irisch-nordirische Grenze: nicht nur Zollunion
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Der Konflikt um nationale Souveränität konzentrierte sich nach dem Brexit-Referendum rasch auf die Sichtbarkeit und die Rolle der Grenze auf der irischen Insel. Im Friedensvertrag wurden umfängliche politische und finanzielle Investitionen für den Ausbau grenzübergreifender Beziehungen vereinbart und in der Folge, wenn auch mit ständigen finanziellen Engpässen operierend, etabliert.
Gemeinsame Handlungsfelder sind Tourismus, Transport, Landwirtschaft, Bildung, Umwelt und Gesundheit. In den Grenzregionen, die unter einer mangelhaften sozioökonomischen Infrastruktur leiden, kooperieren etwa die Gesundheitssysteme und die Krankenhäuser: So ist die Perinatalstation in der Republik Irland in Dublin und die Radiologie im nordirischen Londonderry.
Es gibt gemeinsame Notfallversorgungspläne sowie Kooperationen in der Krebsforschung und Gesundheitsförderung. Die Polizeibehörden beider Länder, der nordirische PSNI und die irische An Garda Siochana, kooperieren in der heimischen Terrorismusbekämpfung, in Ermittlungen, Training, Straßenverkehrssicherheit und bei Auslieferungen Tatverdächtiger.
Die Kooperationen erstrecken sich in vielfältige Bereiche wie Infrastruktur mit Straßen- und Schienennetz, Transportdienstleistungen und Sicherheit auf den Straßen. Es gibt gemeinsame Richtlinien für die Landwirtschaft, Gesundheits- und Qualitätskontrollen in Tierhaltung und Anbau, und Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes.
Länderübergreifend organisiert werden auch Bildung für Kinder mit Behinderungen und Lernschwierigkeiten, Aus- und Fortbildungsprogramme und Austausche zwischen Schulen, Jugendlichen und Lehrkräften. Auch Themen wie Umweltschutz und Umweltverschmutzung, Wasser, Energie und Entsorgung werden vom North South Ministerial Council für Nordirland und die Republik Irland vereinheitlicht gesteuert.
Kritik an der DUP in Belfast
Die Entscheidung der DUP, die Regierung aufzulösen, fand Anklang beim Vorsitzenden der Traditional Unionist Voice, Jim Allister:
Es kann niemals eine Einigung in dieser Frage geben. Das Nordirland-Protokoll ist schlimmer als eine Pandemie für unsere Verfassungsposition, das Protokoll macht die Union (des Vereinigten Königreichs) zunichte.
Der Kamikaze-Kurs der DUP wurde hingegen von den Oppositionsparteien und den moderateren Parteien heftig kritisiert. Der Finanzminister der Sinn Féin, Conor Murphy, bezeichnete sie als "rücksichtslos und eigennützig", während Doug Beattie, Vorsitzender der moderateren Ulster Unionist Party, sagte, sie brächte nichts als mehr Destabilisierung und mehr Not für die Menschen in Nordirland.
Es handele sich um einen Wahlkampfgag, nichts weiter. Auch der Abgeordnete der Alliance-Partei, Stephen Farry, verurteilte den Rücktritt des Premierministers als "einen Akt von großem Schaden" für Nordirland.
Sowohl der Vorsitzende der DUP, Sir Jeffrey Donaldson, als auch die Präsidentin der Sinn Féin, Mary Lou McDonald, forderten vorgezogene Neuwahlen in Stormont. Die politischen Erzfeinde sind sich in dem Punkt einig, dass die Menschen in Nordirland ein Mitspracherecht haben.
Donaldson erklärte, er habe die britische Regierung gewarnt, dass die DUP aus der Exekutive austreten werde, wenn nicht eine radikale Änderung des Brexit-Protokolls einträte, die alle Warenkontrollen bei der Überfahrt über die Irische See abschaffe.
Mit einem Seitenhieb auf Sinn Féin fügte er hinzu: "Es ist seit langem bekannt, dass Vereinbarungen und Abkommen [in Nordirland] nur gedeihen können, wenn sie von Unionisten und Nationalisten unterstützt werden. Eines der beunruhigendsten Merkmale dieser Periode ist die völlige Missachtung dieses Prinzips durch Brüssel, Dublin und die Cheerleader des Protokolls hier in Nordirland."
Der Vorsitzende der Social Democratic Labour Party (SDLP), Colum Eastwood, spottete über Donaldsons Verweis auf den von allen Konfliktparteien hoch geachteten Friedenspolitiker John Hume (SDLP, 2020 verstorben): "John Hume zu zitieren und gleichzeitig die Institutionen des Karfreitagsabkommens zu bedrohen, ist einfach zu niedrig. Er könnte nicht einmal Johns Stiefel schnüren."
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