Öffentlich-Rechtliche: "Ein tendenziell zu einseitiges Programm"
Thorolf Lipp, Filmemacher und Vorstandsmitglied der AG DOK, zum schwierigen Stand von Dokumentationen bei ARD und Co.
Ein Fußballspiel übertragen oder einen gut gemachten abendfüllenden Dokumentarfilm zeigen? Die Öffentlich-Rechtlichen setzen da klare Prioritäten - und zwar in Richtung des Sports. Dieser Auffassung ist der Dokumentarfilmer Thorolf Lipp, der in einem zweiteiligen Interview mit Telepolis auf Schieflagen im öffentlich-rechtlichen System eingeht.
Der Filmproduzent, der auch Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK), schildert im Interview, dass alleine für die Übertragungskosten eines Fußballspiels in der Nations-League 40 "lange Dokumentarfilme finanziert" werden könnten, "die mit Sicherheit einen im Sine des Rundfunkstaatsvertrages weit höheren, weil demokratiebefördernden Mehrwert hätten und zur Vielfalt" beitragen würden. Umstrukturierungen in Programm und Budget, so Lipp, sind hier unabdingbar um den Rundfunkauftrag angemessen zu erfüllen.
Herr Lipp, das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist mit viel Geld ausgestattet. Gut gemachte Dokumentationen in das Programm einzuspeisen, sollte eigentlich kein Problem sein, oder?
Thorolf Lipp: Lassen Sie mich auf die Frage vielleicht in einem etwas größeren Bogen antworten: Wo setzen die öffentlich-rechtlichen Sender Prioritäten? Wofür wird verhältnismäßig viel, wofür verhältnismäßig wenig Geld ausgegeben? Und zwar sowohl was absolute Zahlen im Hinblick auf die Kosten pro Sendeminute, als auch die Kosten pro erreichtem Zuschauer anbelangt.
Innerhalb des ERSTEN der ARD verschlingt der Sport circa 25 Prozent der Programmbeschaffungskosten, füllt damit aber nur circa acht Prozent der Sendezeit. Auf der anderen Seite erhält der Programmbereich Wissen und Bildung, hier Zahlen des Bayerischen Fernsehens innerhalb des ARD Verbundes, nur einen Anteil von circa sechs Prozent des Programmetats, muss damit aber circa 15 Prozent der Sendezeit füllen. Das ist offenkundig ein eklatantes Ungleichgewicht zugunsten eines Programmbereiches, der auch anders finanziert werden könnte.
Können Sie das an einem Beispiel festmachen?
Thorolf Lipp: Bisher kosteten die Rechte an den Spielen der Fußballnationalmannschaft bei EM oder WM bei circa 4 Millionen Euro pro Spiel. Bei der jetzt von den findigen Vermarktungsstrategen der Fußballlobby UEFA neu eingeführten Nations League liegen sie bei circa 10 Millionen Euro pro Spiel . Ein Sportereignis, das bislang offenbar niemand brauchte, und das selbst namhafte deutsche Fußballmanager eher skeptisch sehen können sich die öffentlich-rechtlichen Sender also offenbar von jetzt auf gleich leisten, während im Bereich Wissen und Bildung tendenziell immer weiter eingespart wird.
Statt also bei der Programmgestaltung dem in verschiedenen Rundfunkgutachten geforderten Subsidiaritätsprinzip zu entsprechen, ist nach wie vor das Gegenteil der Fall. Mit anderen Worten: Beim Fußball gibt es ja, wie etwa auch bei anderen Sport-Großereignissen, kein Marktversagen, das können und wollen private Anbieter sich leisten. Da könnten sich die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender viel stärker zurückhalten und die freiwerdenden Gelder für andere Programmbereiche umschichten. Dies umso mehr, weil ARD und ZDF im europaweiten Vergleich mit anderen öffentlich-rechtlichen Sendern Spitzenreiter bei der Übertragung dieser Sport-Großereignisse.
Das Gegenteil ist aber der Fall. Der im Verhältnis ausgegebener Euro pro Sendeminute vergleichsweise mager ausgestattete Programmbereich "Wissen & Bildung" subventioniert, so gesehen, vielmehr den exorbitant teuren Programmbereich Sport. Für 10 Mio. Euro kann man also lediglich ein einzelnes Nations-League Fußballspiel übertragen.
Dazu kommen aber noch die Produktionskosten?
Thorolf Lipp: Ja, natürlich. Die Kosten für die Übertragung, Organisation, Moderation usw. kommen noch hinzu. Dieses Spiel füllt dann mit der umgebenden Berichterstattung vielleicht drei Stunden Programmfläche. Es ist allerdings nicht repertoirefähig, kann also nicht wiederholt werden, denn wer will schon ein Fußballspiel erneut sehen, dessen Ausgang ja dann schon feststeht.
Für das gleiche Geld könnte man etwa 40 abendfüllende Dokumentarfilme finanzieren, die mit Sicherheit einen im Sine des Rundfunkstaatsvertrages weit höheren, weil demokratiebefördernden Mehrwert hätten und zur Vielfalt beitragen. Überdies wären diese Filme repertoirefähig. Sie könnten also, wenn vom Sender voll finanziert, dutzendfach wiederholt bzw. in den Mediatheken abgerufen werden. Unter dem Strich stünden dann bei 40 Filmen und geschätzten 10 Wiederholungen pro Film 600 Stunden Sendezeit, die mit politisch, sozial und kulturell relevanten Themen mehr zur im Rundfunkstaatsvertrag geforderten kulturellen Vielfalt beitragen als ein einziges Fußballspiel, das dann eben künftig von RTL oder Sky übertragen wird.
Kumulative Quote würde ein anderes Bild ergeben
Ein Argument lautet doch, dass der Fußball wegen der Marktanteile gezeigt wird. Hinzu kommt die Akzeptanz der Zuschauer zu dem Fernsehkanal, weil dieser sein beliebtes Fußballspiel zeigt.
Thorolf Lipp: Einerseits stimmt das und vermutlich wird es in der heutigen Medienwelt kein einzelner Dokumentarfilm mehr schaffen, auf einmal mehr Zuschauer zu generieren als ein Fußball-Länderspiel, das im besten Fall einen Marktanteil von circa 60 Prozent erreicht, was etwa gleichbedeutend mit 22 Millionen Zuschauern ist .
Andererseits: Blickt man genauer hin, so stellt man fest, dass der einmalige Marktanteil nicht alles ist. Selbst wenn jeweils nur 200.000 Zuschauer einen Dokumentarfilm sehen (was sehr niedrig angesetzt ist, denn wenn die öffentlich-rechtliche Sender diese Filme brauchbar platzieren und bewerben würden, was sie ja nicht tun, könnten die Zahlen viel besser aussehen!) erreicht man mit den Wiederholungen rein rechnerisch gesehen mindestens 80 Millionen Zuschauer.
Würde man diese "kumulative Quote" ermitteln, ergäbe sich also ein ganz anderes Bild ab, denn sowohl die absolute Reichweite ist weit höher, als auch der Zuschauerertrag pro eingesetztem Euro Rundfunkgebühr. Legte man also diese Mittel für ein einziges Fußball-Länderspiel auf das innerhalb der ARD derzeit vorhandene Budget für den langen Dokumentarfilm drauf, könnte ein wöchentlicher Sendeplatz in der ARD hinreichend gut ausgestattet werden. Derzeit werden in der ARD etwa 14 lange Dokumentarfilme im Jahr gezeigt, im ZDF weniger als 10. Einen festen wöchentlichen Sendeplatz für diese Filme gibt es aber weder in der ARD noch im ZDF. Das muss sich definitiv ändern!
Betrachten wir uns diese Zahl nochmal aus einem anderen Winkel: 10 Millionen Euro entsprechen ungefähr 0,1 Prozent des Gesamtetats des öffentlich-rechtliche Rundfunks. Wenn das filmische Genre des langen Dokumentarfilms zur DNA des öffentlich-rechtliche Rundfunk gehören würde, wie immer gerne behauptet wird, müsste es wohl eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, mindestens 0,5 Prozent des Budgets der öffentlich-rechtlichen Anstalten für die Produktion von langen Dokumentarfilm zu reservieren. Um einen gut ausgestatteten Sendeplatz in ARD und ZDF und den Dritten zu ermöglichen. Ist es aber nicht.
Sie sind selbst Dokumentarfilmer. Erklären Sie uns doch bitte: Wo genau liegen die weiteren Probleme?
Thorolf Lipp: Die meisten Dokumentaristen, die ich persönlich kenne, verstehen ihren Beruf als Berufung. Das setzt einerseits ungeahnte intellektuelle und kreative Kräfte frei, macht aber andererseits auch erpressbar, denn sie arbeiten meistens eher aus Enthusiasmus und Freude am eigenen Werk, als aus kühl kalkuliertem Gewinnstreben.
Viele dieser Filmemacher sind zu Recht stolz darauf, sich immer wieder bestimmte Themen vorzunehmen und formal einen besonderen filmischen Ansatz zu verfolgen. Beides betrachten sie als notwendige Bereicherung für unser Gemeinwesen. Dabei wird ihre hochqualifizierte Arbeit von unserem finanziell reichlich ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem im Vergleich zu den anderen Sparten der Filmproduktion mit Abstand am schlechtesten bezahlt.
Was dabei besonders fragwürdig ist: Mittel für Projektentwicklung oder Recherche werden häufig kaum noch oder gar nicht mehr bewilligt. Dabei liegt doch gerade in einer intensiven Auseinandersetzung mit der Welt, vor allem auch in ausführlichen Recherchen und ausreichend langen Drehzeiten, die größte Stärke des Genres. Und damit meine ich jetzt sowohl den langen Dokumentarfilm als auch die vielen kürzeren Formen, etwa Dokumentationen oder Reportagen.
Aber auch die Budgets für Dreharbeiten und Postproduktion sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Jüngst haben sowohl ARD und ZDF hier angefangen nachzubessern. Das ist ein erster Schritt, weil Gagen und Honorare für bestimmte Bereiche jetzt um etwa 5% gestiegen sind. Aber erstens haben viele Gewerke davon nicht profitiert. Und außerdem sind TV-Produktionen heute ja häufig Co-Produktionen und die sind von den neuen Regelungen vielfach noch ausgenommen. Außerdem ist es immer leicht zu sagen: Gut, wir legen hier 5 Prozent drauf, kürzen dafür aber dort zwei Dreh- und zwei Schnitttage und schon ist wieder alles beim Alten.
Häufig hört man von den Sendeverantwortlichen, dass die Angebote der Filmemacher thematisch zu speziell oder intellektuell zu anspruchsvoll seien.
Thorolf Lipp: Unsere demokratische Gesellschaftsordnung kann nur funktionieren, wenn wir dem Souverän, also den Bürgerinnen und Bürgern, Vertrauen schenken. Wenn die Programmentscheider des öffentlich-rechtliche Fernsehens aber nicht mehr daran glauben, dass wir Bürger dazu in der Lage sind, uns ein qualifiziertes Urteil über Politik und Gesellschaft zu bilden, uns mit komplexen kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Inhalten differenziert auseinanderzusetzen, dann ergibt sich ein ernstzunehmendes Problem für unser Gemeinwesen.
Man kann darauf mit dem verachtenden Zynismus des Privatfernsehens reagieren, das alles zeigt, was Grenzen überschreitet und den Zuschauer irgendwie aufgeilt. Soll er doch wegbleiben, wenn es ihm zu niveaulos ist, sagt man hier.
Zuschauerinteresse und Allgemeinwohl - werden gegeneinander ausgespielt
Aber zumindest einem Teil des Publikums scheint doch von dem Mobbing im Dschungel Camp und dem immer gleichen Promi-Talk angetan zu sein.
Thorolf Lipp: Das war es und ist es vielleicht noch immer. Aber zum Gelingen des Projektes einer demokratisch verfassten Gesellschaft hat das nicht viel beigetragen, weil Medien hier, von einigen vom Gesetzgeber eingebauten Hürden einmal abgesehen, als eine Ware betrachtet wurden, die ausschließlich dem User Value verpflichtet waren. Nach dem Motto: Was für Aufmerksamkeit sorgt, ist gut!
Seit dem Siegeszug der digitalen Medien, beobachten wir einen weiteren Auflösungsprozess der Öffentlichkeit. Inzwischen konkurrieren nicht mehr nur die privaten Rundfunkanbieter, sondern auch global agierende Medienunternehmen wie Amazon oder Netflix, Google oder Facebook um das Medienbudget - und die Daten - der Kunden.
Mit Playern wie Amazon oder Netflix hat fraglos eine andere Qualität Einzug gehalten, aber der Begründungszusammenhang ist hier unter dem Strich trotzdem immer der ökonomische Erfolg. Wer am Markt bestehen will, muss bieten, was der Kunde sehen will. Etwas anders ist das bei international agierenden, staatlich finanzierten Propagandasendern, die zum Zwecke der politischen Einflussnahme gezielt alternative Perspektiven bereithalten, um es mal so neutral wie möglich zu formulieren. Nicht alles daran muss immer qualitativ fragwürdig sein, aber das Ziel ist klar.
Sie spielen auf den russischen Sender RT an?
Thorolf Lipp: Das wäre ein Beispiel. Solche Player tragen letztlich dazu bei, dass es immer schwieriger wird, sich auf die Gültigkeit von Interpretation zu einigen, ja es geht ihnen gerade darum, die Vorstellung von Gültigkeit zu torpedieren. Langfristig aber, so meine Überzeugung, benötigt man dieses Vertrauen in die Gültigkeit, damit Gesellschaft gelingen kann. Und dieses Vertrauen, das muss den öffentlich-rechtlichen Sendern klar sein, ist nicht zum Billigtarif zu haben. Es kostet Zeit und Geld, sich ein genaues Bild von einer immer komplexeren und nicht selten zutiefst widersprüchlichen Wirklichkeit zu verschaffen.
In der Ansprache des Publikums geben die gerade genannten Akteure inzwischen aber nicht selten Inhalte, Ton und Tempo vor, indem sie diese Wirklichkeit vereinfachen, zuspitzen und teilweise sogar bewusst verfälschen. Als Folge daraus wird der öffentliche Diskurs zunehmend von einer affektgesteuerten Atmosphäre bestimmt, in der sich Fiktionen und Fakten undurchschaubar mischen. Gefühlsräume dehnen sich aus, deren Spektrum von Empörungsgemeinschaften bis zu Wohlfühl-Bubbles reicht.
Was all diese privaten Medienproduzenten hingegen weder im Blick haben wollen oder müssen, ist der Public Value, also das Allgemeinwohl. Sie sind oft eben gerade nicht daran interessiert, eine komplexe und vielschichtige Wirklichkeit differenziert abzubilden, was manchmal schwierig ist und vom Zuschauer Mitarbeit erfordert, sondern wollen im Gegenteil durch Polarisierung schockieren und durch Emotionalisierung faszinieren. Und so zeichnet sich vielfach eine fatale Dynamik ab.
User Value und Public Value - Zuschauerinteresse und Allgemeinwohl - werden gegeneinander ausgespielt. Weil eindimensionale Geschichten und einfache Wahrheiten, Unterhaltung und Emotionalisierung beim Zuschauer oft besser anzukommen scheinen, laufen die öffentlich-rechtlichen Sender Gefahr zu glauben, ihrem Publikum eine differenzierte und anspruchsvolle Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit nicht zumuten zu dürfen.
Dabei wäre gerade das der Auftrag, oder nicht?
Thorolf Lipp: Das ist er in der Tat. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben die Aufgabe, das soziale, politische und ästhetische Urteil zu fördern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist sogar qua Gesetz verpflichtet, den mündigen Bürger zu wollen und eine möglichst ernsthafte und insofern qualitätsvolle Interpretation der Welt bereitzuhalten. Betrachtet man aber das Fernsehprogramm, dann drängt sich der Verdacht auf, dass man dem Bürger diese Mündigkeit tendenziell nicht mehr in dem Masse zutraut, wie es notwendig wäre.
Das ist hochproblematisch, denn wenn die Prämisse des kanadischen Medientheoretikers Marschall McLuhan stimmt, dass wir zu dem werden, was wir sehen, dann sind medial erzeugte Deutungen von Welt, so stereotyp sie im Zweifelsfall erscheinen mögen, nicht etwa Zerrbilder einer objektiven Wirklichkeit, sondern sie stehen mit dieser in einem wechselseitigen Verhältnis und sind insofern selbst wirkungsmächtig. Umso bedenklicher ist es, wenn die Bilder, die uns das Fernsehen vorsetzt, inhaltlich und formal so normiert sind, wie wir es derzeit beobachten können.
Übrigens ist das Fernsehen immer noch Leitmedium. Und wenn es das eines Tages nicht mehr sein sollte, weil die lineare Nutzung weiter zurückgeht, dann werden sich deswegen aber die Begründungszusammenhänge der dahinterstehenden Produzenten nicht geändert haben. Anders gesagt: Der öffentlich-rechtliche Blick auf die Welt konkurriert auch künftig sowohl mit privatwirtschaftlichem Gewinnstreben als auch mit staatlichen oder halbstaatlichen Propagandisten. Alle diese Player haben jetzt, und wohl auch in Zukunft, sehr unterschiedliche Gründe für Ihr Tun.
Aber es gibt doch auch in den öffentlich-rechtlichen Sendern Filmemacher, die eine ausgezeichnete Arbeit abliefern, also ihr Handwerk verstehen?
Thorolf Lipp: Die gibt es gewiss. Aber: Warum ist trotzdem so wenig Offenheit gegenüber der großen Bandbreite an Themen und narrativen Formen des non-fiktionalen Films zu verzeichnen? Warum kommt es zu Vereinheitlichung, Formatierung, Kürzung und Abwicklung von ganzen Programmsparten, unter denen die verantwortlichen Redakteure übrigens oft genauso so zu leiden haben wie die freiberuflichen Dokumentaristen?
Ein Grund dafür ist sicher, dass die Programmverantwortlichen, also Intendanten und Fernsehdirektoren, selbst meist nur wenig oder gar keine Erfahrung damit haben, wie schwierig und langwierig es ist, ernsthaft dokumentarisch zu arbeiten. Und damit meine ich hier ausgesprochen nicht den Fernsehjournalismus. Der ist gut und notwendig, aber eine journalistische Herangehensweise ist vielfach anders als die Herangehensweisen von Dokumentaristen!
Mit einiger Wahrscheinlichkeit liegt das Unverständnis gegenüber den Herausforderungen, die dokumentarisches Arbeiten mit sich bringt also auch daran, dass es in aller Regel Journalisten oder Juristen sind, die in den Sendern das Sagen haben. Festangestellte Dokumentaristen, die eine Karriere innerhalb der Sender bis in wirkliche Entscheiderpositionen machen würden, gibt es hingegen gar keine. Insofern haben sie bedauerlicherweise auch keine Chance, ihren Blick auf die Welt in den institutionellen Begründungszusammenhang innerhalb der Sender einzuspeisen.
Aus all diesen Gründen scheint mir das Verständnis für die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte der Dokumentarfilmregisseure und Produzenten zu wenig ausgeprägt zu sein. Es gibt zwar seit 2016 die unter Beteiligung der AG DOK initiierte und durchgeführte Programmwerkstatt innerhalb der ARD, aber hier reden in erste Linie Produzenten mit den Redakteuren und da gibt es oft mehr Überschneidungen als Dissens. Was hier noch fehlt sind die Hierarchen, die Fernsehdirektoren und Intendanten, die über die Verteilung von Mitteln im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrages auf Augenhöhe mit uns Produzenten und Regisseuren reden können und wollen.