Offshore-Fiasko: Können die Ausbauziele der Windkraft noch eingehalten werden

Steigende Kosten und Abschreibungen in Milliardenhöhe. Umsetzung von Offshore-Projekten auf der Kippe. Warum auch ökologische Probleme den Ausbau beeinträchtigen können.

Windkraftanlagen auf dem Meer gelten als große Hoffnungsträger. Schon in wenigen Jahren soll die Offshore-Windenergie zur wichtigsten Energiequelle werden. Denn auf dem Meer ist die Energieausbeute deutlich höher als an Land. Über dem Meer weht der Wind stärker und beständiger.

Doch der Ausbau der Offshore-Windenergie stockt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen sie zu einem Verlustgeschäft. Lieferverzögerungen, Inflation und steigende Zinsen treiben die Kosten in die Höhe.

Das dänische Unternehmen Orsted gab jetzt bekannt, dass es allein auf sein US-Geschäft voraussichtlich rund 2,3 Milliarden Euro abschreiben muss. Nach der Ankündigung brach die Aktie um fast 25 Prozent ein, schreibt das Handelsblatt.

Ähnlich unter Druck steht das norwegische Unternehmen Equinor. Gemeinsam mit dem Energiekonzern BP plant es drei Offshore-Windparks in den USA. Zusammen haben sie eine Kapazität von 3.300 Megawatt und könnten Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

Doch unter den Bedingungen, die der Bundesstaat New York vorgibt, lassen sich die Windparks nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Equinor und BP haben deshalb einen neuen Strompreis beantragt, der um 54 Prozent höher liegt als bisher genehmigt. In einem der drei Windparks würde der Strompreis von 118 Dollar pro Megawattstunde (MWh) auf 190,82 Dollar steigen, berichtet Reuters.

Dagegen protestieren die größten Energieverbraucher New Yorks. Sie argumentieren mit den erheblichen Mehrkosten, die ihnen durch die Preiserhöhung entstehen würden. Bei einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren würden sich diese auf 14,8 Milliarden Dollar belaufen.

Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch bei Projekten am Golf von Mexiko ab – nur dass die Auktionen in Texas und Louisiana mit keinem fixen Abnahmevertrag verbunden sind. Aber unter den aktuellen Marktbedingungen lässt sich der Strom nicht gewinnbringend verkaufen.

Wie das Handelsblatt weiter berichtet, sind die Ausbauziele für die Offshore-Windenergie generell gefährdet. Europa sei nach China der zweitgrößte Windenergiemarkt. Jährlich würden Offshore-Windturbinen mit einer Leistung von sieben Gigawatt produziert. Die Nachfrage liege aber bei 20 Gigawatt.

Um diese zu decken, müssten die Hersteller massiv investieren und ihre Produktion deutlich ausweiten. Doch sie stecken selbst in der Krise und schreiben rote Zahlen. "Das Milliardendebakel von Siemens Gamesa ist nur ein Beispiel von vielen", schreibt das Handelsblatt.

Weil viele Turbinenhersteller begonnen hätten, ihre Preise zu erhöhen, würden auch die Kosten für europäische Windparks in die Höhe getrieben. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall plane einen Windpark vor der englischen Küste, doch dort seien die Kosten in den vergangenen zwei Jahren um 30 bis 40 Prozent gestiegen.

Vor diesem Hintergrund glaubt in der Windbranche niemand mehr daran, dass die europäischen Ausbauziele erreicht werden. Bis 2030 wollen die EU-Länder eigentlich Anlagen mit einer Leistung von 60 Gigawatt installieren.

Künftig könnten sich zu den wirtschaftlichen Problemen auch noch ökologische hinzugesellen. Meereswissenschaftler erwarten in den nächsten 25 Jahren gravierende Veränderungen in Nord- und Ostsee, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Nicht nur der Klimawandel werde die Regionen weiter belasten, sagte demnach Corinna Schrum vom Helmholtz-Zentrum Hereon. "Auch die verstärkte Nutzung durch Industrie, Schifffahrt, Militär und für die Energieerzeugung wird sich massiv auf die Ökosysteme auswirken." Das Wasser von Nord- und Ostsee werde sich voraussichtlich weiter erwärmen und versauern.

Die Offshore-Windkraft sei ein treibender Faktor. Durch sie verändern sich die physikalischen Bedingungen in den Gewässern. "Die Zirkulation wird sich verändern, das Windfeld wird sich verändern – und das hat Auswirkungen auf die Biogeochemie, auf die Biologie, auf das Artenspektrum", so Schrum.

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