Pakistan: Imran Khan in der Zwickmühle

Seite 2: Imran Khan und die USA

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Selbst in einem Sozialstaat wie in Deutschland ist offensichtlich etwas passiert, wenn es 40 Prozent der Bevölkerung finanziell schlechter geht als vor 20 Jahren und wenn diese 40 Prozent auch noch die Sparmaßnahmen des Staates am meisten zu spüren bekommen. In Pakistan ist es der überwiegende Teil der Bevölkerung, der sich mit einfachen Jobs über Wasser halten muss und der täglich höhere Preise für Wasser, Strom, Gas, Nahrungsmittel und Medikamente zahlt.

Menschen. die zusammen gepfercht auf engsten Raum leben müssen, während sich die Elite und Intellektuellen des Landes in den Kaffeehäusern der Nobelviertel Islamabads vergnügen. Wie eine Dame aus der oberen Mittelklasse in Islamabad sagte: "Wenn ich die Nachrichten aus Pakistan sehe, glaube ich, die sind aus einem anderen Land."

Selbst die Mittelklasse des Landes sucht Zuflucht in sogenannten Smart Citys mit eigener Stromversorgung und eigenen Brunnen, wodurch das Wasser für die Masse der Bevölkerung noch mehr zur Mangelware wird.

Imran Khan ist kein Engel - die meisten seiner Ideale musste er schon über Bord werfen, um Premierminister zu werden. Aber er ist ein Premierminister in Pakistan, der weder sich und seine Familie bereichern möchte noch die Armee - und damit allein schon mal eine Ausnahme.

Dass die Regierung der USA aktuell 300 Millionen Dollar Militärhilfe einfrieren, ist nicht dem mangelnden Einsatz Pakistans im "Kampf gegen den Terror" geschuldet: Schon seit Mitte 2003 ist bekannt, dass die pakistanische Armee und die Geheimdienste die afghanischen Taliban in Pakistan versteckt und aufgepäppelt haben. Gestört hat es die US-Regierung nie wirklich, denn ihnen war die Jagd auf al-Qaida wichtig.

Nebenbei hatten die USA in den pakistanischen Grenzgebieten zu Afghanistan jahrzehntelang ein erstklassiges Testgebiet für ihre Drohnen. Der Hauptgrund für das Einfrieren der Hilfe ist, dass die US-Regierung Pakistan dafür bestrafen möchte, dass es sich China zugewandt hat.

Dabei haben die Vereinigten Staaten scheinbar nicht erkannt, dass es nicht darum geht, ob sie oder Peking die Richtung in Pakistan bestimmen, sondern nur, ob sie neben China auch ein Stück in Pakistan mitreden können.

China und Pakistan

Mit Krediten im Wert von 60 Milliarden US-Dollar hat Peking Pakistan fest in der Schuldenfalle: Pakistan muss Kredite aufnehmen, um die Zinsen für die alten Kredite zu bezahlen, denn auch die des IWFs sind noch lange nicht abgezahlt. Doch anstatt der akut benötigten 12 Milliarden, hat Peking nur zwei Milliarden nachgelegt, denn der chinesischen Regierung wird klar, dass Pakistan ein Fass ohne Boden ist.

Ein einziger großer Anschlag auf ein paar der tausenden chinesischen Arbeiter in Pakistan, die an der Neuen Seidenstraße arbeiten, würden Pekings Ziele in Pakistan weiter gefährden - egal wer für den Anschlag verantwortlich sein wird (vgl. Tote Chinesen in Pakistan).

Ein Blick auf die Neue Seidenstrasse im Norden Pakistans. Pekings Projekt ist kein Selbstläufer. Foto: Gilbert Kolonko

Doch ohne ein stabiles Pakistan wird die Neue Seidenstraße in dieser Region am Kunjerab Pass enden. Ohne ein stabiles Pakistan wird Peking kein vernünftiges Verhältnis zu Indien bekommen, dessen "1,3 Milliarden Markt" die Chinesen für die Wachstumsfalle benötigen, in die auch sie getreten sind.

Ohne Pakistan wird es auch keinen Frieden in Afghanistan geben. Auch die Militärführung der Vereinigten Staaten spricht davon, dass ein Frieden in Afghanistan nur möglich ist, wenn mit den Taliban verhandelt wird. Damit geben die Vereinigten Staaten zu, dass die pakistanische Armee ihr für alle Interessierten durchschaubares Spiel um Afghanistan gewonnen hat.