Papa, mir ist langweilig!

Seite 2: Angeödete künstliche Intelligenzen

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Sogar in theoretischen Berechnungen findet die Langeweile ihren Ort als Kreativitätsdünger. Sie kann nämlich ein Problem mit der Verhaltenssteuerung durch künstliche Intelligenzen lösen helfen.

Das Problem besteht darin, dass viele, gerade biologisch plausible Lernalgorithmen nach der Idee des predictive coding funktionieren: Das System sagt voraus, welche Folge ein bestimmtes Verhalten haben wird, und verändert seine Verschaltung dann anhand des Fehlers, den es dabei macht. Das funktioniert sehr gut für Optimierungen, hat aber den Nachteil, dass es das System in den sprichwörtlichen "dunklen Raum" führen kann: Ein dunkler Raum ist völlig vorhersagbar, also ist die Vorhersage perfekt, also ändert sich nichts am System, und es bleibt im dunklen Raum. Das ist offensichtlich nicht biologisch plausibel.

Ein möglicher Weg aus dem Keller besteht darin, dem System Neugier mitzugeben, kodiert als Belohnung für einen möglichst großen Vorhersagefehler. Mittels eines solchen Moduls hat eine Arbeitsgruppe aus Berkeley kürzlich ein Programm geschrieben, das sich selbst die Regeln von SuperMario beigebracht hat. Im Prinzip ähnlich funktioniert es, wenn man Langeweile in das Programm einbringt. Das System maximiert die Differenz zwischen Vorhersagefehler und Langeweile, wobei Langeweile und Freude an der Vorhersagbarkeit die beiden entgegengesetzten Konstanten sind, die das Verhalten des Systems bestimmen. Die Autoren werden sogar philosophisch, indem sie hier die grundsätzlichen Antriebe von Freude und Schmerz am Werke sehen - und betonen, dass auf diese Weise Langeweile Kreativität zeugt.

Du siehst also, mein Kind, dass Du eigentlich ganz froh sein kannst, dass Du Dich gerade langweilst."

"Papa, mir ist immer noch langweilig."