Pentagon meldet Erfolg gegen ominöse Khorasan-Gruppe in Syrien
Die mysteriöse al-Qaida-Gruppe in Syrien diente bereits als Legitimation der Intervention in Syrien, jetzt soll sie belegen, dass die USA auch in Syrien al-Qaida angreifen
Offenbar steht das Pentagon unter Druck, angesichts der russischen Luftangriffe, der massiven Propaganda der russischen Medien über die angeblichen Erfolge und der Kritik seitens der russischen Regierung an den USA, mit der Kriegsführung gescheitert zu sein. Ein Vorwurf ist auch, dass die USA nicht alle islamistische Terroristen bekämpfen, sondern nur den IS, während andere Gruppen, darunter die al-Qaida-Gruppe al Nusra, geschont oder gar unterstützt würden.
Gestern berichtete der Pentagon-Sprecher Peter Cook nun, ein Luftangriff habe im Nordwesten Syriens Abdul Mohsen Adballah Ibrahim al Charekh bzw. Sanafi al-Nasr, den Führer einer Gruppe namens Khorasan, getötet. Die ominöse Gruppe musste schon einmal herhalten, um den völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Islamischen Staat in Syrien ohne formelle Genehmigung der syrischen Regierung auch nach der rechtlichen Lage in den USA selbst zu legalisieren.
Dabei griff US-Präsident Obama, ohne den Kongress einzubeziehen, auf die Kriegsbewilligungen (AUMF) für den Afghanistan- und den Irak-Krieg zurück (US-Regierung braucht für den neuen Krieg gegen den Terror wieder al-Qaida). Danach ist er aber nur ermächtigt, gegen al-Qaida und Alliierte vorzugehen, nicht aber gegen den Islamischen Staat, der sich von al-Qaida losgesagt hat. Khorasan soll eine kleine al-Qaida-Gruppe aus Afghanistan sein, die direkt und unmittelbar Anschläge auf die USA planen würde, aber dies offenbar auch seit Beginn des Luftkriegs in Syrien gemacht hat.
Jetzt also soll der Saudi Sanafi al-Nasr, der 2014 schon einmal nicht wirklich getötet wurde und laut Pentagon der höchste Führer von gerade einmal zwei Dutzend al-Qaida-Veteranen ist, am 15. Oktober - vermutlich mittels einer Drohne, so die NYT - getötet worden sein. Damit sei er der fünfte der Gruppe, der in den letzten vier Monaten von der Gruppe getötet worden ist, die dann schon ziemlich klein wäre, um für eine unmittelbare Drohung der USA aus Syrien heraus zu sorgen.
Al-Nasr, angeblich ein entfernter Verwandter von Bin Laden, ist 2013 nach Syrien gekommen und soll lange Zeit für das Auftreiben von Geld, u.a. von Geldgebern aus der Golfregion, und die Anwerbung von Rekruten für al-Qaida verantwortlich gewesen sein. 2007 soll er nach Afghanistan bzw. Pakistan gezogen sein und das "Vanguards of Khorasan-Magazine" herausgegeben haben, das ab 2009 erschienen ist. Er soll lange Zeit der Leiter des "Siegerkomitees" (Shura al Nasr) gewesen sein, das die al-Qaida-Strategie ausarbeitete. So soll er auch al-Qaida-Kämpfer von Pakistan über die Türkei nach Syrien gebracht und eine Zeitlang für al-Qaida im Iran gearbeitet haben, so Cook. Eine Verbindung von al-Qaida mit Iran ist immer wieder behauptet worden, dürfte allerdings sehr unwahrscheinlich sein und ähnlich wie im Fall von Saddam Hussein als Möglichkeit der Verdächtigung gedient haben.
US-Verteidigungsminister Carter versicherte auch mit Blick auf Russland, dass die USA nicht nachlassen würden, "al-Qaida und ihre Überbleibsel" zu schwächen und zu zerstören, um dann im wahrsten Sinne Propaganda zu machen: "Diese Operation stellt einen bedeutsamen Schlag gegen die Pläne der Khorasan-Gruppe dar, die USA und unsere Alliierten anzugreifen und beweist wieder einmal, dass diejenigen, die uns Schaden zufügen sollen, uns nicht entgehen werden."
Al-Nasr soll wie Khorasan mit der al-Qaida-Gruppe al-Nusra verbunden sein, man hat aber eher den Eindruck, dass Khorasan als Beleg dazu dienen soll, dass die US-geführte Koalition auch gegen al-Nusra vorgeht, die aber offenbar als Gegner von Assad und als Verbündete der von den USA unterstützten "gemäßigten" Oppositionsgruppen weitgehend verschont bleiben und erst durch die russischen Interventionen ins Visier genommen werden. Al-Nasr war zusammen mit der al-Nusra-Front und Ahrar al-Sham ein entschiedener Gegner des Islamischen Staats.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Khorasan ein Konstrukt, das Washington dazu diente, den Krieg in Syrien zu legitimieren und jetzt das Vorgehen nicht nur gegen den IS, sondern auch gegen al-Qaida in Syrien zu demonstrieren. Es wäre fatal, wenn der alte große Feind der USA nun zum Freund im Kampf gegen die neuen Feinde - Islamischer Staat und Assad - geworden wäre, man also wie einst in Afghanistan mit den Islamisten paktiert. Bezeichnenderweise ist kaum etwas bekannt über die derart gefährliche, wenn auch auch nur aus ein paar alten al-Qaida-Kämpfern bestehende Khorosan-Gruppe in Syrien. Sie soll vom al-Qaida-Chef al-Sawahiri nach Syrien geschickt worden sein und irgendwie mit al-Nusra verwoben sein. Das Ziel der Gruppe soll aber nicht in Syrien liegen, sondern darin bestehen, Europäer und Amerikaner in die USA zu schicken, um dort Anschläge auszuführen, weswegen Khorasan für die USA eine direktere Bedrohung darstellen soll als der Islamische Staat.