Petersburger Dialog: Auf Eis verstorben
- Petersburger Dialog: Auf Eis verstorben
- Der Dialog überlebt nur die erste Krise
- Reaktionen von Bedauern bis Häme
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Der Petersburger Dialog ist das wichtigste deutsch-russische Gesprächsforum. Nun soll das Gremium im ersten Quartal 2023 aufgelöst werden. Was bedeutet das langfristig?
Als der Petersburger Dialog im Jahr 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aus der Taufe gehoben wurde, war die Welt zwischen Deutschland und Russland eine komplett andere. Man hatte das Gefühl einer Aufbruchstimmung. Der damals neue russische Präsident wirkte bei seinen ersten öffentlichen Auftritten Deutschland gegenüber aufgeschlossen.
Kurz danach brachen die USA den Irak-Krieg vom Zaun und die gemeinsame Gegnerschaft zu diesem Feldzug einigte zumindest oberflächlich deutsche und russische Regierungsvertreter.
Goldene Zeit des Dialogs ging in den 2010er-Jahren zu Ende
Der Dialog traf sich als Expertenforum danach jährlich abwechselnd in Deutschland und Russland. In acht auch eigenständig tagenden Fachgruppen fanden zahlreiche Diskussionen und Vorträge statt. Diplomaten, Journalisten, Wissenschaftler, Künstler oder Wirtschaftsvertreter aus der ersten Reihe beider Staaten nahmen sowohl am jährlichen Großevent als auch an den kleineren Treffen teil.
Begleitet und aufgewertet wurden die Dialogveranstaltungen von bilateralen Regierungsgipfeln beider Staaten, seine Aufgabe war vor allem der Austausch der Zivilgesellschaften in beiden Ländern.
Mit Michail Gorbatschow und dem CDU-Politiker Lothar de Maizière hatte der Dialog in den Nullerjahren engagierte Vorsitzende, die die deutsch-russische Verständigung ehrlich voranbringen wollten.
Dennoch blieb der Dialog auch immer ein Spiegelbild des deutsch-russischen Verhältnisses im Großen. Vor allem, als sich dieses in den 2010er-Jahren massiv verschlechterte. Diskussionen gab es zunächst auf deutscher Seite über eine zu geringe Beteiligung der außerparlamentarischen Opposition aus Russland, die im eigenen Land zunehmend unter repressiven Druck geriet.
Kritik gab es hinter vorgehaltener Hand jedoch auch an der Besetzung deutscher Leitungsposten, bei der man das Gefühl hatte, weniger erfolgreiche Politiker, die sich beim Thema Russland zuvor nicht sichtbar hervorgetan hatten, sollen im Forum eine Versorgung bekommen. Diese Personalpolitik stellte die Bedeutung des Dialogs bereits in Frage.
Wunderlicher Personalwechsel
So übernahm 2015 das Amt des deutschen Vorsitzenden des Dialogs der frühere Bundesminister Ronald Pofalla, den das Nachrichtenmagazin Der Spiegel zuvor als "Merkels Problemfall" bezeichnet hatte und der vor allem für übertriebene Gefühlsausbrüche bekannt war.
Der Wechsel in den Vorstand, den er von deutscher Seite bis zum Schluss leitete, erfolgte nahezu parallel zu seinem heftig kritisierten, fliegenden Wechsel von der Politik zur Deutschen Bahn. Dort schied er 2022 – ebenfalls gescheitert – aus.
Auch das Amt der Russland-Beauftragten der deutschen Bundesregierung wurde in dieser Zeit, anders als zuvor, nicht mehr mit Politikern besetzt, die über ein gutes Netzwerk in Russland selbst verfügten. Die Beauftragten nahmen stets am Petersburger Dialog teil und spielten allgemein eine wichtige Rolle beim gegenseitigen Kontakt.
Dem sehr russlandkundigen Sozialdemokraten Gernot Erler folgte 2018 Dirk Wiese als weitgehend unbekannter Akteur der Ostpolitik. Wiese war nie in Russland gewesen und erklärte einer russischen Gesprächspartnerin nach seinem Amtsantritt, er habe derzeit nicht vor, es für sich privat zu entdecken. 2020 folgte ihm der ebenfalls völlig unerfahrene Johann Saathof nach.
Auf der russischen Seite wurde als Vorsitzender des Petersburger Dialogs Gorbatschow 2009 durch Wiktor Subkow ersetzt, der Deutschland vor allem durch den Energiehandel als Aufsichtsratsvorsitzender von Gazprom kannte, aber ebenfalls keine im anderen Land breit anerkannte Persönlichkeit war.
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