Petro Poroschenko lässt Chance verstreichen

Seite 3: Es wird weniger geschossen

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Doch es gibt eine gute Nachricht. Der Krieg um die "Volksrepubliken" hat seit dem Waffenstillstand vom 1. September nachgelassen. Nach dem Tagesbericht der OSZE-Beobachtermission vom 8. September sind aber weiter Explosionen zu hören. "Die Spezielle Beobachtermission hat in der Donezk-Region 231 Explosionen und in der Lugansk-Region 16 Explosionen verzeichnet." Außerdem sei weiterhin Militärtechnik in der Region unterwegs.

Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitierte den Leiter der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug, mit den Worten, die Kampftätigkeit habe in der letzten Woche stark nachgelassen, "die Situation bleibt an vielen Orten angespannt und wechselhaft. Ein großer Teil der Waffen, eingeschlossen schwere Waffen, befindet sich noch an Orten, die zur Sicherheitszone gehören."

Bereits im Februar war in Minsk vereinbart worden, dass beide Seite ihre Artillerie 50 Kilometer, Raketenwerfer sogar 140 Kilometer hinter die Demarkationslinie zurückziehen, wodurch eine Sicherheitszone entstehen würde.

Dass die Waffenruhe von Mittwoch auf Donnerstag vier Mal gebrochen wurde, war nach einer Meldung der Donezker Nachrichtenagentur DNA Schuld der ukrainischen Freiwilligenverbände, "die nicht unter Kontrolle von Kiew stehen". Die Angriffe seien von Einheiten des Rechten Sektors sowie der Bataillone "Dnepr-1" und "Sitsch" "zusammen mit ausländischen Söldnern" durchgeführt worden. Wie ein Vertreter des DNR-Verteidigungsministeriums mitteilte, wurde das bei Donezk gelegene Dorf Spartak sowie der Autobus-Bahnhof von Donezk mit Gewehren und Granatwerfern beschossen worden. Abgesehen von diesen Zwischenfällen sei die Lage an der Front aber "relativ stabil".

Eine "einzige grobe" Verletzung des Waffenstillstands gab es nach den Worten eines Vertreters des Verteidigungsministeriums der "Donezk-Republik" in der Nacht vom 4. auf den 5. September. Ukrainische Soldaten hätten das Dorf Aleksandrowka bei Donezk beschossen. Ein Zivilist sei getötet und zwei Bürger seien verletzt worden.

Das zivile Leben in den "Volksrepubliken" scheint trotz des Krieges in etwas normaleren Bahnen zu verlaufen. Im Vergleich zum September 2014 sei die Zahl der Schüler an den Schulen in der nicht anerkannten "Lugansk-Republik" um 10.000 auf 81.000 gestiegen, erklärte LNR-Erziehungsministerin Walentina Tkatschenko.

Weiche Hand gegen Ultranationalisten

Dass Petro Poroschenko in der Ost-Ukraine faktisch nicht weiter kommt, wird durch eine geschickte Politik der ukrainischen Medien vernebelt. Die Ukraine sei das Opfer russischer Expansionspolitik. Wohnhäuser in den Donezk und Lugansk würden von den "Terroristen" zerbombt.

Die mangelnden Erfolge an der Ost-Front und die desolate soziale Lage im Land versuchen die Ultranationalisten zu nutzen, indem sie immer gewalttätiger auftreten "Maidan-Helden" wittern Verrat). Die Regierung in Kiew fürchtet entschiedene Schritte gegen die Ultranationalisten und Faschisten. Am 8. August wurden in Odessa drei bekannte Vertreter des radikalen Maidan-Flügels festgenommen, der Leiter des örtlichen Rechten Sektors (RS), Sergej Stepnenko, RS-Aktivist Ruslan Demtschuk sowie der Leiter des "Euromaidan-Odessa", Jewgenija Reswuschkina. Allen dreien werden gewalttätige Angriffe gegen Abgeordnete, Richter und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft vorgeworfen.

Doch nachdem der Leiter des Rechten Sektors, Dmitri Jarosch, wortgewaltig mit einem "bewaffneten Angriff" gegen "das Regime" gedroht hatte, wurden die beiden RS-Aktivisten gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Bei der dritten Person wurde die Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt .