Philippinen: Krieg gegen die Drogen wird zu einer "Ökonomie des Mordens"
Präsident Duterte machte aus dem extralegalen Töten von angeblichen Drogenkriminellen ein Geschäft, das außer Kontrolle geraten ist
Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte ist im Juni 2016 als gewählter Präsident an die Macht gekommen, u.a. mit dem Versprechen, 100.000 Kriminelle zu töten und die Todesstrafe einzuführen. Er ist ein herausragendes Exempel für die derzeit offenbar überall gedeihenden Autokraten. Sie entziehen sich der demokratischen und rechtsstaatlichen Kontrolle, vor allem handeln sie offenbar aus der narzisstischer Überzeugung heraus, selbst jenseits aller Beratung und auch größerer Oberlegungen, die richtigen Entscheidungen zu treffen - natürlich im direkten Kontakt mit dem Volk, dessen direkter Vertreter sie sind, weswegen sie letztlich auch über Institutionen, Gesetze, Menschenrechte und Experten erhaben sind.
Duterte ist bekannt und berüchtigt geworden über sein Programm - Order ohne Law müsste man sagen -, die Gesellschaft vom Verbrechen, vor allem von der Drogenkriminalität zu befreien und sauber zu machen. Da wird nicht darüber nachgedacht, wie möglicherweise Drogenabhängige von ihrem Laster befreit werden oder Kleinkriminellen Rehabilitations- und Arbeitsmöglichkeiten angeboten werden können, auch gesellschaftliche Ursachen sind viel zu komplex. Duterte präferiert das Vorgehen mit der Verbreitung von Angst und Schrecken jenseits des Rechtssystems. Wenn genügend Drogenhändler und -konsumenten exekutiert werden, dann löst sich für ihn das Problem von selbst und wird die Gesellschaft befreit vom Laster. Der Krieg gegen die Drogen richtet sich allerdings nur gegen Rauschgift, nicht gegen Alkohol, dessen Folgen nicht minder schlimm wären. Aber so weit geht dann die Sauberkeit auch nicht, zumal die Philippiner durchaus gerne trinken sollen.
Schon als Bürgermeister von Davao City soll der Katholik Duterte, auch "The Punisher" genannt, mit Todesschwadronen für Verbrechensbekämpfung und "Sicherheit" gesorgt haben. Ansonsten verfolgte er die Durchsetzung einer strengen Ordnung, Rauchverbot, Ausgangssperre für Minderjährige oder Tempolimits. Gleich nach Amtsantritt als Präsident setzte eine Welle von Exekutionen durch Polizisten, Soldaten und Angehörige von Todesschwadronen ein. Tausende sollen seitdem getötet worden sein (Kriminalitätsbekämpfung).
Nach einem Bericht von amnesty international hat das Programm zur Säuberung der Gesellschaft von Kriminellen selbst zur Etablierung einer neuen Kriminalität und einer "Ökonomie des Mordens" geführt. Das ist wenig verwunderlich, wenn Kriminalität, darunter auch Drogenkonsum und Kleinkriminalität, mit extralegaler, also willkürlicher Exekution ausgerottet werden soll. Wie amnesty von einem Polizeioffizier erfahren haben will, sollen Polizisten zwischen 160 und 300 US-Dollar erhalten, wenn sie einen angeblichen Drogenkriminellen töten, für Festnahmen würden sie jedoch nichts bekommen. Andere Quellen sprechen von 500 US-Dollar. Die Bezahlung soll heimlich auf den Polizeistationen erfolgen. Zusätzlich würden Polizisten noch durch Geschäfte mit Bestattungsunternehmen verdienen, denen sie die Leichen zukommen lassen. Aus Gesprächen mit Zeugen und anderen Informanten will amnesty erfahren haben, dass die Polizei zur Legitimierung von extralegalen Exekutionen auch Beweismittel unterschiebt oder Berichte fälscht.
Aber im Geschäft seien nicht nur die staatlichen Sicherheitskräfte, sondern auch professionelle Mörder, die seit Dutertes Präsidentschaft ihr Geschäft florieren sehen. Sie würden für jeden getöteten Drogenkonsumenten 100 US-Dollar von der Polizei erhalten und 200-300 US-Dollar für einen Drogenhändler. Das ist ein gutes Geschäft, zumal man dabei auch eigene Ziele verfolgen kann. Und nachgeprüft wird das extralegale Gewerbe, dem Polizisten wie Kriminelle nachgehen, auch nicht. Die Angst gehe um, von Polizisten auf solche Todeslisten gesetzt zu werden. In der Regel würden nicht die großen Fische angegriffen werden, sondern diejenigen, die arm sind und sich nicht verteidigen können.
Im Gegensatz zu Barack Obama hat Donald Trump den Krieg gegen die Drogen von Duterte gepriesen. Duterte fand wohl auch Trump gut und beglückwünschte telefonisch ihn zu seinem Wahlsieg, woraufhin ihn Trump, der persönlich auch nichts gegen Folter hat, Erfolg für seinen Kampf gegen die Drogen wünschte. Der hatte sich auch wegen der Kritik von Washington abgewandt und mit China geliebäugelt. Mag sein, dass das mit Trump wieder anders wird.
Allerdings hat Duterte gerade und wohl erst einmal kurzzeitig den Krieg gegen die Drogen eingestellt, nachdem ein südkoreanischer Geschäftsmann im Polizeihauptquartier von Manila auf brutale Weise getötet wurde. Es gebe Korruption in den Sicherheitskräften, räumte sein Polizeichef ein: "Wir werden unsere Ränge säubern", versprach er in Fortsetzung des Ansatzes. Die Drogen-Sondereinheiten sollen aufgelöst werden. "Danach können wir den Krieg gegen die Drogen wieder aufnehmen."
Duterte hatte eigentlich versprochen, bereits im Dezember 2016 das Drogenproblem auf den Philippinen gelöst, d.h. ausgelöscht zu haben. Dann hatte er den Termin auf März 2017 verlängert, sieht aber wohl ein, dass das auch nichts wird, weswegen er nun bis Ende der Präsidentschaft 2022 gegen die Drogen kämpfen werde. Das Drogenproblem sei doch ein wenig komplexer, als er gedacht habe.
Die Armee wandte sich an Duterte mit der Bitte, doch offiziell beim Kampf gegen korrupte Polizisten mithelfen zu dürfen. Dann würden also Soldaten gegen Polizisten und beide gegen Drogenhändler und -konsumenten kämpfen. Duterte scheint den "Vorschlag" aufgreifen zu wollen und kündigte ein entsprechendes Dekret an.
Korrektur: Das seit Oktober des letzten Jahres geplante Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen, ist noch immer nicht in Kraft getreten. Gesundheitsministerin Paulyn Ubial erklärte kürzlich, sie wisse auch nicht, warum Duterte das im vorliegende Dekret nicht bereits unterschrieben habe. Das Dekret würde das Rauchverbot, das Duterte als Bürgermeister in Davao umsetzte, auf das gesamte Land erweitern.