Pipelineträume in Rabat

Seite 2: Gescheitert: Trans-Sahara-Gas-Projekt

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Beobachter sehen eine Umsetzung des Projekts unter Berücksichtigung der gegenwärtigen, auf dem Kontinent herrschenden Bedingungen unumwunden als utopisch an.

Bestes Beispiel: das ähnliche Trans-Sahara-Gas-Projekt (TSGP), das 2002 von Algerien vorgeschlagen wurde. Algerien und Nigeria hatten den Bau einer Gaspipeline im Wert von 30 Milliarden Dollar beschlossen, die die Sahelzone von Nigeria über Niger und Algerien durchqueren würde - bis letztlich an die Gestade des Mittelmeers, kurz vor die Tore Europas, auf einer Strecke von 4.300 km.

Mittlerweile abgeblasen: Trans-Sahara-Erdgaspipeline (rot). Eine Ursache des Scheiterns: Korruption im algerischen staatlichen Öl- und Gasunternehmen Sonatrach. Ebenfalls ungünstig für die Verwirklichung des Projekts: die unübersichtliche Sicherheitslage in der Sahelzone. Bild: Sémhur/CC-BY-SA-3.0

Das Projekt ist gescheitert. Es gab Spekulationen, dass der Bau der Pipeline aufgrund von Engpässen bei der Finanzierung abgesagt wurde, aber Beobachter halten das für einen vorgeschobenen Grund.

Russland und die Europäische Union konkurrierten um die Finanzierung des Projekts, am Ende sind beide Parteien ausgestiegen. Im Jahr 2009 versprach die russische Gazprom in einer Absichtserklärung, mindestens 2.5 Milliarden US-Dollar in ein Joint Venture mit der Nigerian National Petroleum Corporation (NNPC) zu investieren. Die Europäische Union war ihrerseits durch ihre Europäische Investitionsbank an der Finanzierung des Projekts interessiert.

Von Beginn an gab es Sicherheitsbedenken. Die nigerianische Gasproduktion hat im Laufe der Jahre einen massiven Rückgang aufgrund der schier unaufhörlichen Angriffe durch Militante auf die Pipelines im Niger-Delta-Gebiet erlebt. Der resultierende Gasmangel führte unter anderem auch zu einer Reduzierung der Stromerzeugung im Land. Der Mangel hat mittlerweile auch dazu geführt, dass einige vor Ort agierende multinationale Unternehmen alternative Quellen zur Stromerzeugung ins Auge gefasst haben - etwa Kohle.

Der Aufstieg islamistischer Gruppierungen wie Boko Haram oder des Islamischen Staats, die in der Lage sind, unter Ausnutzung durchlässiger Grenzen Angriffe auf Pipelines oder Verdichterstationen zu führen, vermehrte die Befürchtungen, dass Gasleitungen in dieser Region in absehbarer Zukunft nicht sicher sein würden.

Afrika-Atlantik-Pipeline soll an die westafrikanische Gaspipeline anknüpfen

Und eine weitere Zutat trug nicht zum Gelingen bei: die Glaubwürdigkeit der nigerianischen Regierung, die bei der Durchführung eines anderen regionalen Pipeline-Projekts erschüttert wurde. Die westafrikanische Gaspipeline (WAGP), die Nigerias Gasreserven mit Benin, Togo und Ghana verbindet, wurde ursprünglich 1982 in die Wege geleitet, als die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) die Entwicklung einer Erdgaspipeline für ganz Westafrika vorschlug. Sie ging erst 25 Jahre später in Betrieb. Die Versorgung der Kunden verläuft seitdem wechselhaft.

Die westafrikanische Gaspipeline besteht aus drei Abschnitten mit einer Gesamtlänge von 678 Kilometern. Die 569 Kilometer lange Offshore-Strecke beginnt in Nigeria und führt durch die Gewässer von Benin, Togo und Ghana, in schwankenden Entfernungen von sechs bis zu 32 Kilometern parallel zur Küste, in mittleren Wassertiefen von 35 Metern. Der nigerianische Onshore-Bereich der Pipeline verbindet die Offshore-Kompressorstation am Strand von Lagos mit der Chevron-eigenen Escravos-Lagos Pipeline (ELP), die seit 1989 in Betrieb ist. Die Pipeline befindet sich im Besitz der West African Gas Pipeline Company (WAGPCo), einem Konsortium, in dem der Betreiber Chevron die Mehrheit hält.

Die westafrikanische Gaspipeline. Bild: Ventures Africa

Die westafrikanische Pipeline transportiert gereinigtes Erdgas, das größtenteils frei von schweren Kohlenwasserstoffen und Wasser ist, geeignet als Brennstoff für Kraftwerke und industrielle Anwendungen. 85% des Gases sind für die Stromerzeugung bestimmt, und die verbleibenden 15% gehen in industrielle Anwendungen. Die Afrika-Atlantik-Pipeline soll die westafrikanische Pipeline in ihrer Ausdehnung nun bis Marokko erweitern.