Polen: Der "Gute Wandel" der PiS im Wandel

Seite 6: Neue alte Töne nach Außen

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Eine symbolträchtige Änderung in der neuen Regierung betrifft den Außenministerposten. Witold Waszczykowski, der durch verbale Ausfälle gegen Deutschland und die EU auffiel, wurde durch Jacek Czaputowicz, einen gemäßigten PiS-Politiker ersetzt. Ironie des Schicksals: Der ehemalige Oppositionelle mit jahrelanger Hafterfahrung wirkte in den Achtzigerjahren in der unabhängigen Studentenbewegung und war Mitbegründer des "Komitees zur Verteidigung der Rechtstaatlichkeit". "Das Komitee zur Verteidigung der Demokratie" kämpft im heutigen Polen gegen die Politik der PiS. Ehemalige Kollegen reiben sich die Augen, dass ausgerechnet ihr Mitstreiter die PiS-Politik nach außen vertreten wird. Bogdan Klich, Verteidigungsminister unter Donald Tusk, urteilt, die Nominierung seines ehemaligen Mitkämpfers zum Außenminister sei ein Versuch, in die Fußstapfen Viktor Orbáns zu treten. Das Ziel bleibt, die Methoden ändern sich.

Der Neue im Amt eilte sofort nach Berlin, wo er Sigmar Gabriel gegenüber beteuerte, die Reparationen für den Zweiten Weltkrieg dürfen kein Ballast für polnisch-deutsche Beziehungen sein. Czaputowicz sieht die Beziehungen zur EU als prioritär an und bemüht sich um ein besseres Auskommen mit dem Europaratsvorsitzenden Tusk.

Nebelgranate oder Abweichen von der harten Anti-EU-Linie seines Vorgängers? Die rechten Kommentatoren bezeichneten diese neue Politik jedenfalls als "schädlich". Kaczyński andererseits fiel zuletzt, allerdings noch vor der Diskussion über das Holocaust-Gesetz", durch ausgesprochen Israel-freundliche Töne auf. Sogar Vater Rydzyk pilgerte zur israelischen Botschafterin nach Warschau, in seinen Sendern lobt er seitdem in höchsten Tönen das multikulturelle Israel. Antisemitische Meinungen und Hetze wurden aus seinen Medien verbannt. Beide dürften erkannt haben, dass in der heutigen Zeit mit Antiislamismus mehr zu gewinnen ist.

Es ist kaum zu erwarten, dass die umstrittenen Justizreformen und die Aushebelung des Verfassungsgerichts, wie von der EU und vielen Bürgern gefordert, wieder rückgängig gemacht werden. Die grundsätzliche PiS-Linie wird, trotz freundlicher Gesten, ihre Fortsetzung erfahren und in der Region möglicherweise sogar Nachahmer finden. Das zeigt das Festhalten am jüngsten umstrittenen "Holocaust-Gesetz", unter dem Präsident Duda ohne Zögern seine Unterschrift gesetzt hat.

Man wird sich vorerst mit symbolischen Gesten begnügen müssen. Die Aufhebung der Rekordstrafe von 350.000 Euro für den privaten TV-Sender TVN, die wegen angeblich nicht objektiver Berichterstattung über Proteste gegen die Regierung verhängt wurde und für Kritik sogar aus dem US-Außenministerium sorgte, wird als ein Entgegenkommen der neuen Regierungsmannschaft gesehen.